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Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Titel: Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
Autoren: S. L. Grey
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vielleicht zum Wagen zurückgelaufen? Wusste er überhaupt noch, wo wir ihn abgestellt hatten? Ich ging zurück und hielt nach dem Zugang zum Parkdeck Ausschau. Ich wusste nicht mehr genau, wo wir herausgekommen waren. Irgendwo neben einem Laden, der imitierte persische Teppiche und Wasserpfeifen verkaufte, oder?
    Ich rannte wieder die Rolltreppe hinunter, und als meine feuchten Sohlen auf die Fliesen trafen, rutschte ich aus. Ich schlug hart auf, neben einem marmornen Blumenkübel, und handelte mir neben Gelbauges Griff einen großen Haufen Ärger ein.
    Fingerling bewegt die Maus mit seiner unversehrten Hand, und der Bildschirm erwacht zitternd zum Leben. Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich kapiere, dass die abgemagerte, kapuzenbewehrte Gestalt, die achtlos durch die glänzenden, anonymen Passagen rennt, die Rolltreppe hinaufhastet und sich an zwei Teenagern im Minirock vorbeizwängt, niemand anders ist als ich. Meine wilde Jagd durch das Einkaufszentrum blieb nicht unbemerkt – Passanten starren mir nach, schütteln die Köpfe, runzeln missbilligend die Stirn.
    »Es war vorher! Sehen Sie im Buchladen nach. Ungefähr eine Stunde früher.«
    Fingerling hebt den Blick und zuckt die Schultern. »Geht nicht. Stromausfall. Die meisten Aufnahmen sind weg.«
    »Das kann nicht sein.«
    Das hätte ich doch mitbekommen, oder? Aber ich kann mich nicht erinnern, dass das Licht geflackert hat oder schwächer und dann wieder heller geworden ist, wie es normalerweise vorkommt, wenn Notstromgeneratoren anspringen. Zu dem Zeitpunkt muss ich im Vida e Caffè auf der Fressmeile gewesen sein, wo ich mit einem flauen Gefühl im Magen auf Jacob gewartet habe und an meinem Latte herumspielte. Jedes Mal, wenn ich einen großen, schlaksigen Mann sah, bin ich aufgesprungen. Was ich dafür gäbe, jetzt wieder dort zu sein.
    »Versuchen Sie es! Bitte! Gibt es denn keine Back-ups?«
    Ein schmächtiger Kerl mit kalten Augen, verwilderten Augenbrauen und einem Namensschild mit der Aufschrift ›Simon‹ betritt von hinten den Raum. Unsere Blicke begegnen sich und er schüttelt den Kopf. Ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
    Der Monitor flimmert und stabilisiert sich wieder. Sofort erkenne ich den Typen auf dem Bildschirm. Er steht hinter der Kasse der Buchhandlung und bedient einen Kunden, der einen Stapel dicker Romane mit bunten Covern kauft. Er hat mich unverhohlen angegafft, als ich mit dem Jungen in den Buchladen gekommen bin. Dreister als die meisten anderen: Sein Blick zuckte von meiner linken Wange zu meiner Brust, und er konnte gar nicht aufhören, mich anzustarren. Ich hab ihm den Finger gezeigt. Was glotzt der auch so? Schwarz gefärbtes Haar und ein T-Shirt von My Chemical Romance . Fehlt nur noch die Tätowierung ›Emo‹ auf der Stirn. Mir fällt nachträglich auf, dass er nicht mehr da gewesen ist, als ich zurückgekommen bin und nach dem Jungen gesucht habe.
    Simon kommt zu mir, steht zu nahe, dringt absichtlich in meinen persönlichen Bereich ein. Ich schnuppere billiges Deo und den Hauch eines Pfefferminzbonbons, das den Alkohol in seinem Atem aber nicht überdeckt.
    »Ma’am, ich glaube, wir haben hier ein Problem.«
    »Natürlich haben wir ein Scheißproblem, Mann!«
    »Es gibt keinen Grund für eine solche Ausdrucksweise!«, bellt Gelbauge. »Was meinst du damit, Simon?«
    »Ma’am, wir haben mit den Angestellten der Buchhandlung gesprochen. Sie sagen, sie erinnern sich an keinen Jungen.«
    Mein Magen sackt nach unten. »Was zum Henker soll das heißen?«
    »Niemand kann sich daran erinnern, Sie mit einem Kind gesehen zu haben. Aber an Sie erinnern die Leute sich. Sehr gut sogar.«
    »Sie müssen mit diesem Typen da reden!«, rufe ich, und mir gefällt gar nicht, wie meine Stimme klingt. Ich zeige auf den Monitor, auf das Schwarz-Weiß-Bild dieses Emo-Spinners. »Dieser Schwarzhaarige! Er hat uns gesehen! Er hat uns definitiv gesehen!«
    »Er sagt, er hat nichts gesehen«, widerspricht Simon.
    Fingerling schüttelt seine zottelige Mähne, lässt das Video auf dem Monitor anhalten und greift zum Telefon.
    Ich atme erleichtert auf. »Ja, genau«, nicke ich ihm ermutigend zu. »Rufen Sie ihn noch mal an. Er redet Scheiße.«
    »Ich rufe die Polizei an, Ma’am.«
    »Nein!«, protestiere ich ein wenig zu schnell. »Der Junge wird wieder auftauchen. Ganz bestimmt.«
    »Madam«, sagt Fingerling argwöhnisch, »wir haben keine andere Wahl.«
    Ich taxiere die Entfernung zur Tür. Fünf Meter. Wenn ich nicht zu viel
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