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Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Titel: Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
Autoren: S. L. Grey
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hin, wahrscheinlich hofft sie, einen Punkt auf unserer Schreikrampf-Hitliste zu erzielen, die hinten im Büro versteckt an der Wand hängt.
    »Hören Sie mal, Schätzchen«, säuselt die Frau in einem affektierten Tonfall, den sie offenbar für begriffsstutzige Bedienstete reserviert hat. »Rufen Sie doch einfach den Geschäftsführer, okay?«
    Im Endeffekt bleibt Katrien nichts anderes übrig, als Bradley Bescheid zu geben. Mit mürrischem Gesicht findet er das richtige Buch auf dem Tisch mit den Bestsellern und schickt die Frau mit den üblichen Schleimereien ihres Weges. Katrien und der nächste Kunde unterdrücken ein Grinsen, als die Alte aus dem Laden abdampft.
    »Wo bist du gewesen?«, will Bradley von mir wissen und tippt auf seine Armbanduhr.
    »Äh, hab die Poesie aufgeräumt.«
    »Mm«, meint er und hat mich schon vergessen. Er lehnt an seinem gewohnten Platz an der Ladentheke. Ich belade einen Rollwagen mit Büchern für die Regale.
    Einige Minuten später kommt Simon, der Sicherheitschef des Einkaufszentrums, in die Filiale, gefolgt von Sipho, dem Wachmann für diese Etage. Es muss schon was Ernstes sein, wenn Simon sich um diese Uhrzeit außerhalb der kleinen Ordnerzentrale aufhält und seinen Spezialkaffee und seine Pornos alleinlässt.
    Ich sehe zu, wie er mit Katrien und Bradley redet, dann winkt mich Bradley an den Tresen.
    »Geht um ein vermisstes Kind«, sagt Katrien.
    »Was für ein Kind? Haben sie ...«
    Simon steht mir am Tresen gegenüber. Er stinkt nach hochprozentigem, billigem Fusel und Mundgeruch.
    »Wie heißen Sie?«, fragt er mich.
    »Daniel.«
    »Haben Sie einen kleinen Jungen gesehen? Äh, acht oder neun. Schwarz. Da ist eine ... äh ... Dame in unserem Büro, die behauptet, dass Sie sie zusammen mit ihm gesehen haben.«
    »Wann?«
    »Vor einer Stunde, behauptet sie.« Hinter ihm tritt Sipho unbehaglich von einem Bein aufs andere. Er weiß nicht so recht, was er tun soll: mich einschüchtern, Bücher zerfetzen, die Kunden filzen oder was man sonst so auf der Wachmann-Schule lernt. Also spielt er mit den Artikeln auf der Ladentheke herum.
    »Ich weiß nicht. Es kommen viele Leute in den Laden.«
    »An diese ... Dame erinnern Sie sich bestimmt.« Simon senkt seine Stimme ein wenig und wirft Khosi, die noch immer das Schaufenster bestückt, einen Seitenblick zu. »Blerrie boemelaar«, raunt er auf Afrikaans . »Blutiges Gesicht. Kahl geschoren, Narben und alles.«
    »Oh, ja. Ich habe sie gesehen. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ein Kind bei ihr gewesen ist.«
    »Okay«, fasst Simon zusammen, »niemand hat etwas gesehen.« Ich kann deutlich erkennen, dass ihn die Nachforschungen mächtig erschöpfen und er schnell in sein Büro verschwinden und sich einen Drink genehmigen möchte. »Danke, Chief«, sagt er zu Sipho, der in seinem Übereifer, ihn nach draußen zu begleiten, einen Ständer mit Nelson-Mandela-Gedächtnis-Kühlschrankmagneten umstößt.
    Natürlich erinnere ich mich gut an die merkwürdig aussehende Frau. Sie war vor etwa einer Stunde im Laden. Es gibt bestimmte Kunden, bei deren Anblick ich am liebsten sofort die Flucht ergreifen möchte, und das sind genau die, die immer und unweigerlich an meiner Kasse landen. Eine relativ junge Schwarze mit einem wenig überzeugenden britischen Akzent, den sie offensichtlich aufgesetzt hat, um kultivierter zu klingen als sie eigentlich ist. Neben ihrem kahlen Schädel ist mir aufgefallen, dass sie wie ein Penner gekleidet war. Auf der einen Seite ihres Gesichts prangte diese riesige Narbe – die Sorte Narbe, bei der man nicht weiß, wie man sie ansehen soll. Sie strich nervös um den Ladentisch herum und roch nach Zigarettenqualm und Schweiß, aber ich konnte ihr ansehen, dass sie nichts kaufen würde. Ich wollte ihr nicht helfen, ich wollte, dass sie abhaute und nicht mehr direkt vor meinen Augen herumschlich. Die Narbe machte mich nervös.
    Also fragte ich: »Kann ich Ihnen helfen?«
    Sie taxierte mich mit angewiderter Miene gründlich von oben bis unten, als besuche sie gerade eine Monstrositätenschau. Dann zeigte sie mir den Mittelfinger und entfernte sich einige Schritte. Sie zitterte, und ihre Augen zuckten zwischen Tür, Regalen, Fußboden und Ladentisch hin und her.
    Jetzt frage ich mich, ob der vermisste Junge wohl der ist, den ich im Personalkorridor gesehen habe. Aber er kann es nicht gewesen sein – die suchen doch einen schwarzen Jungen, oder? Der, den ich gesehen habe, war weiß, vielleicht griechisch oder
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