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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Individuum nicht der Freiheit seines inneren Lebens beraubt wird. Stell dir vor, was los wäre, wenn diese Milliarden ständig miteinander verkehrten!«
    »Das ist zu fein ausgetüftelt, um wahr zu sein. Ich glaube nicht an diese Milliarden, und auch nicht an diese unsichtbaren Kontakte.«
    »Muß ein Kontakt eine für jeden wahrnehmbare Form haben?« antwortete sie mit einer Gegenfrage. »Ich bin der Meinung, daß Helia schon mit ihnen Kontakt angeknüpft hat.«
    »Helia?!« unterbrach er sie heftig. »Danke für einen solchen Kontakt. Gerade deswegen können wir nicht hierbleiben.«
    »Glaubst du, daß die Welt, die du bauen möchtest, die Welt unserer Vergangenheit sein wird?« Sie fragte ihn das leise. »Die Vergangenheit kehrt sicher nicht mehr zurück. Und du hast kein Recht zu der Behauptung, daß die Welt, die wir auf der Erde angetroffen haben, schlechter ist als die vor dreihundertachtzig Jahrhunderten.«
    »Ich behaupte nicht, daß sie schlechter ist. Sie ist anders, uns fremd! Man muß sie kennenlernen, verstehen …«
    »Auf wessen Kosten? Ich will ich selbst sein!«
    Sie blickte ihn mitleidig an.
    »Es scheint«, sagte sie nach einer Weile, »daß hierin das Kernproblem steckt. Und doch muß sich nicht die Welt an uns, sondern wir müssen uns an die Welt anpassen! Das ist der Weg der Erkenntnis und – des Verständnisses. Und deswegen fliege ich nicht mit dir.«
    »Wozu bist du also hierher gekommen?« schleuderte er ihr gereizt entgegen.
    »Ich will dich überzeugen.«
    »Das ist Zeitverschwendung. Wenn ich kann … das heißt, wenn der Antrieb unbeschädigt ist oder sie uns nicht auf andere Art stören, starte ich in zehn Minuten!«
    »Warte, ich nehme noch die wissenschaftlichen Unterlagen an mich. Sie sind Eigentum der Erde.«
    »Mach, was du willst!«
    Er blieb allein im Steuerraum zurück. Er setzte sich an das Pult und stützte den Kopf auf die Hände.
    Also auch sie. Mußte er sie nicht retten? Auch gegen ihren Willen? Durfte er sie hier zurücklassen? War das nicht so, als hätte er einen psychisch kranken Gefährten im Stich gelassen? War der Verlust Helias eine Warnung?
    Es wurde ihm klar, daß es in einem Augenblick zu spät sein würde. Wenn Mia das Schiff verließ, würde er auf ewig das letzte ihm nahestehende Wesen verlieren.
    Er hob den Kopf und blickte auf das Steuerpult. In der linken Ecke befand sich ein plombierter Hebel. Ein roter Ring auf dem Pult unterstrich seine besondere Bedeutung. Rost streckte die Hand aus. Er berührte den Hebel vorsichtig mit den Fingern, schwankend. Dann riß er mit einer plötzlichen Bewegung am Metallgriff. Ein gedämpftes Geräusch durchdrang das Schiff.
    Havarieeinrichtungen blockierten alle Eingänge. Nun liefen seine Finger über die Tasten. Ein gelbes Lämpchen glühte auf. Die Reaktoren liefen an. In sechs Minuten konnte er starten. Wenn er es schaffte, das Programm auszuarbeiten.
    Er trat an das Pult des zentralen Rechensystems. Hastig, mit vor Nervosität zitternder Hand tippte er die Rahmenaufgabe ein. Eigentlich hatte er keine Daten. Er wußte nicht, wo sich das Kosmodrom befand, noch wie die Stelle der Planeten zueinander war. Aber es genügte, um aufzusteigen, die Lufthülle zu durchstoßen und das Schiff auf eine Umlaufbahn um die Erde zu bringen. Dann blieb ihm genügend Zeit, um die nötigen Messungen und Berechnungen durchzuführen.
    Der Automat druckte bereits die Kontrollresultate aus, als das Telephon klingelte.
    Der erste Reflex Rosts war es, den Lautsprecher einzuschalten. Der Umschalter befand sich knapp neben dem Steuerpult. Es genügte, die Hand auszustrecken. Doch das bedeutete auch, den Dialog aufzunehmen. Hatte er Angst vor den Argumenten Mias? Oder vor einer einfachen, gewöhnlichen Frage: »Was willst du tun? Hast du dir das überlegt?«
    Das Läuten hörte nicht auf. Es erlaubte keine Gedankenkonzentration. Aufdringlich, stur, verlangte es nach Antwort. Rost kam es vor, als klingele das Telephon immer lauter, immer nervöser, verzweifelter. Er wußte, daß es eine Illusion war, doch entgegen aller Vernunft verstärkte sich der Eindruck.
    Starten! Schnellstens die Erde verlassen!
    Er blickte auf die Ziffern, die sich auf den Anzeigen der Kontrollapparatur langsam verschoben. Er wollte seine Aufmerksamkeit auf die Tätigkeit der Startautomaten richten. Aber das Läuten der Klingel erlaubte ihm nicht, den Gedanken davon loszureißen, was in einer der Kabinen los war, die mit Schotten in hermetisch verschlossene Käfige
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