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Kuss des Apollo

Titel: Kuss des Apollo
Autoren: U Danella
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ein Drehbuch?«
    »Nein. Nur die Story gibt es.«
    »Und wie geht die weiter?«
    »Tut mir Leid. Aber es gibt kein Happy End. Sie verliebt sich wirklich in ihn. Benimmt sich tadellos, trägt andere Kleidung, sehr ordentlich, sehr zugeknöpft.«
    »Wo hat sie denn die Klamotten her?«
    »Na ja, das muss man noch überlegen. Vielleicht geht sie mal einkaufen, er gibt ihr Geld …«
    »Oder diese Freundin von ihm, die ja eifersüchtig ist, geht mit ihr einkaufen und kauft möglichst doofe Sachen. Aber genau genommen brauchen wir diese Freundin gar nicht mehr, sie hat ihn verlassen, weil es ihr nicht passt, dass diese Person bei ihm im Haus lebt. Es kommt zu einem Krach, sehr viel macht er sich sowieso nicht mehr aus ihr, die Freundin haut ab. Das wäre eine Rolle für die Conradi.«
    Sebastian lachte.
    »Gut, wir werden sie fragen. Dann müsste die Rolle allerdings ausgebaut werden. Nehmen wir an, sie kennt einen Mann beziehungsweise trifft einen Mann wieder, und der weiß, um wen es sich bei Eliza handelt.«
    »Ein verflossener Liebhaber von ihr. Sie ist empört, dass er in ein Bordell gegangen ist. Und nun ist ihr auch klar, was ihr jetziger Freund da treibt. Von wegen Experiment. Psychiater hin oder her, er ist genauso ein Schwein wie alle Männer.«
    Sebastian schüttelte den Kopf.
    »Du hast eine seltsame Art, dich auszudrücken. Übrigens, ich war noch nie in einem Bordell.«
    »Das solltest du schleunigst nachholen, damit du weißt, wie es in deinem Film zugeht. Denn schließlich spielen ja die ersten Szenen in einem Bordell.«
    »Ja, und die letzte auch.«
    »Und wie geht die?«
    »Als das Jahr vorüber ist, bringt er sie zurück. Sie ist außer sich, sie ist verzweifelt. Sie weiß genau, in welcher Schublade ihr Zuhälter seine Pistole liegen hat, sie holt sie heraus und erschießt sich.«
    »Nein!«, rief Geraldine energisch. »Sie erschießt ihn.«
    Tiefes Schweigen folgte.
    »Sie erschießt ihn«, wiederholte Sebastian nachdenklich.
    »Ja, er hat sie an ein neues Leben gewöhnt. Er hat ihr gezeigt, dass es eine andere Welt gibt als die, in der sie zuvor gelebt hat. Und sie will nicht zurück. Stell dir vor, sie hat gute Musik gehört, sie hat Bücher gelesen, die sie beeindruckt haben. Sie ist wirklich ein anderer Mensch geworden, was dieser blöde Psychiater bezweifelt hat. Und darum erschießt sie ihn.«
    »Eine Tat in wirklich verständlichem Affekt«, sagte Sebastian beeindruckt.
    »Und was wird aus ihr?«, fragte Frau Holm. »Sie muss ja ins Gefängnis.«
    »Der Freund von ihm, der Anwalt, der kann sie ja verteidigen. Das wäre eine Rolle für Burckhardt. Und den liebt sie dann, und er sie auch.«
    »Du machst es dir sehr leicht. Wie Frau Holm ganz richtig gesagt hat, muss sie ins Gefängnis. Und ihre Verteidigung wird eine sehr dubiose Angelegenheit. Denn schließlich weiß das Gericht, dass sie eine Hure ist. Und ob die Tatsache, dass sie eine andere geworden ist, ausreicht, um sie freizusprechen beziehungsweise eine kurze Strafe zu erwirken, das bezweifle ich.«
    Eine Weile lang schwiegen sie alle drei.
    »Wenn sie sich umbringt«, sagte Frau Holm dann, »wäre die Geschichte zu Ende. Kein Happy End.«
    »Und auch kein offenes Ende wie bei Shaw. Dass es mit den beiden doch noch etwas wird. Oder ob sie selbst, verändert, wie sie ist, nun die Kraft hat, den Mut, ein neues, anderes Leben zu beginnen«, sagte Geraldine, legte den Kopf in den Nacken und dachte nach.
    Sebastian machte ein zufriedenes Gesicht. Er wusste nicht, wie die Story weitergehen sollte. Wenn Geri jetzt anfing, darüber nachzudenken, war man schon einen großen Schritt weiter. Er schätzte ihre Einfälle.
    Er zündete sich eine Zigarette an, sagte: »Entschuldigung«, und bot den Damen die Packung an.
    Frau Holm nahm eine Zigarette, Geraldine auch.
    Nelson, der an der Tür saß, machte ein unzufriedenes Gesicht. Es war die Rede davon gewesen, dass man noch spazieren ging. Offenbar dachte keiner mehr daran.
    Er seufzte, legte sich lang ausgestreckt vor die Tür.
    Geraldine hatte verstanden.
    »Wir gehen dann gleich, Nelson. Wir müssen nur noch ein bisschen nachdenken.«
    Das taten sie alle drei, diesmal füllte Sebastian die Gläser. Für jeden noch ein Bier, für jeden einen Juvi.
    »Die Pygmalion-Sage hat ja ein richtiges Happy End«, sagte Frau Holm.
    »Das nützt uns gar nichts. Erstens haben wir keine Aphrodite und zweitens keine Gipsfigur. Eliza hat ja aus eigenem Antrieb ihr Leben schon verändert. Die Einstellung zu ihrem
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