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Kurs Sol-System

Kurs Sol-System

Titel: Kurs Sol-System
Autoren: Jo Zybell
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Anwesenden stießen mit Bergen an und tranken. Punkt Mitternacht Bordzeit hatte Heinrich die Gläser mit dem Cognac und der Milch in Nigeryans Suite gebracht. Sie hatten auf Merican Bergens neununddreißigsten Geburtstag angestoßen. Venus und Plutejo tranken Milch.
    Mehr als siebentausend Lichtjahre trennten sie bereits vom Tarkus-System und dem Planeten Aqualung.
    »Ja, wirklich nicht nett von Ihnen, in einem ungesetzlichen Akt von Piraterie unser Schiff zu beschlagnahmen.« Dragurowka Sem grinste. Sie hatten schon vor zwölf gefeiert, ganz nüchtern war niemand mehr.
    »Und meinen Cognac dazu.« Der schwarze Primoberst setzte eine halb wehmütige, halb verschmitzte Miene auf. »Ein Glück, daß wir in ein paar Tagen das Sol-System erreichen. Noch eine Woche länger, und meine Vorräte wären aufgebraucht.«
    »Ich bin ziemlich sicher, daß Sie noch irgendwo Schnaps horten, Primoberst«, sagte Yaku. Der Rabe hockte auf seiner Schulter und döste. »Jedenfalls hoffe ich es für Sie, denn Ihren Cognac nehmen wir selbstverständlich mit!«
    »Das wäre gegen die Abmachung!« protestierte Nigeryan.
    »Ich glaube, wir sollten Venus als Geisel nehmen, bis wir sicher sein können, daß Ihrem Cognac nichts zustößt, Kommandant.« Rasmuth lächelte Venus an. Die fand ihn nicht besonders witzig an diesem Abend. Halb unbewußt schob sie sich näher an Bergen heran.
    »Labor an Kommandant«, tönte plötzlich eine Frauenstimme aus dem Bordfunk.
    »Nanu, Sie arbeiten noch, Dr. Costner? Kommen Sie doch auf einen Sprung in meine Suite. Wir feiern hier den Geburtstag des Piraten Merican Bergen.«
    Die Stimme räusperte sich. »Tut mir leid«, sagte Rabula Costner knapp. »Ich habe zu tun. Bitte kommen Sie zu mir ins Labor, Primoberst Nigeryan. Ich muß Ihnen etwas zeigen.« Sachlich und distanziert klang die Frau auf einmal.
    »Worum geht's denn, Dr. Costner?«
    »Ich habe Primoberst Brauns Leiche aufgetaut und obduziert. Ich will, daß Sie sich mit eigenen Augen ansehen, was ich Ihnen schriftlich berichten werde.«
    Das klang nicht nur frostig, das klang ernst. Nigeryan zog die Brauen hoch und blickte in die Runde. »Na gut, wenn's unbedingt sein muß.« Er stellte sein Glas ab. »Begleiten Sie mich bitte, Subgeneral Bergen. Das wird Sie interessieren.« Gemeinsam gingen die Männer und Heinrich zur Luke. Ohne zu fragen, schloß Venus sich ihnen an. Wollte sie der Nähe des aufdringlichen Rasmuth ausweichen, oder suchte sie die Nähe des Rothaarigen?
    Dr. Costner erwartete sie im Gang vor dem offenen Hauptschott des Labors. Sie trug einen grünen Schutzmantel. Ein Mundschutz hing unter ihrem Kinn. Handschuhe trug sie keine. Ein paar Falten zeigten sich auf ihrer Stirn, als sie die Anwesenheit Bergens und Venus' zur Kenntnis nehmen mußte. Die Medizinerin gehörte zu den wenigen aus Nigeryans Mannschaft, die kein Geheimnis daraus machte, was sie von Leuten hielt, die das Gesetz der Republik gebrochen hatten.
    Sie folgten ihr ins Hauptlabor und von dort in ein Foyer, von dem aus man in die Klinikabteilung und in die Leichenhalle gelangte. Sie betraten den Vorraum. Der Anblick dessen, was auf dem Seziertisch lag, traf Bergen wie ein Faustschlag: ein kleiner, humanoider Körper aus blauem, kristallartigem Glas. Ein Körper wie Heinrichs, nur kleiner.
    Costner stand schon am Kopfende des Tisches. Mit einer großen Pinzette klopfte sie gegen den Kunstkörper. Das verursachte ein Geräusch, als würde man gegen Marmor schlagen oder gegen dickes Glas. »Titanglas«, sagte sie. »Er hatte keine Prothese, er war eine einzige Prothese.«
    Venus und die beiden Männer traten an den Seziertisch. Heinrich blieb hinter ihnen stehen. Der blaue Titanglaskörper lag auf einer feuchten, rosigen Unterlage. Erst auf den zweiten Blick erkannte Venus die dicke Hautschicht und die muskelartigen Stränge darauf. »Ein halbsynthetisches Gewebe.« Die Ärztin faßte mit der Pinzette nach einem handschuhartigen Lappen, in dem einmal die blaue Titanglashand gesteckt hatte. »Fragen Sie mich nicht, was für ein Material das ist. Irgendein Serum pulsierte darin. Außer Wasser, den gängigen Mineralien und ein paar Proteinen kann ich leider keine in der Republik bekannte Substanz darin identifizieren.«
    Sie schlug auf Brust und Schädel des Titanglaskörpers. »Ich schätze, wir brauchen einen Spezialisten, um die Geheimnisse hier drin zu lüften. Im Schädel dürfte nicht mehr viel zu finden sein. Was immer es gewesen ist – der Laserstrahl fuhr durch das
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