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Kurs Sol-System

Kurs Sol-System

Titel: Kurs Sol-System
Autoren: Jo Zybell
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Das werden wir nicht tun. Wir überspringen die Zone einfach. Sobald wir am Rande des Sonnensystems aus dem Hyperuniversum auftauchen, starten wir mit der JOHANN SEBASTIAN BACH 01.« Er wandte sich an Rasmuth, den Ersten Navigator. »Wenn wir die Koordinaten exakt berechnen, dürfte das kein Problem sein.« Rasmuth schien nicht überzeugt.
    »Sie sind ja wahnsinnig!« Nigeryan stand kurz vor einem seiner gefürchteten Wutanfälle.
    »Keine Sorge, Primoberst!« Bergen klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. »Sie setzen einfach einen Notruf ab, sagen, Sie hätten Raumpiraten an Bord. Gleichzeitig starten wir einundzwanzig Sparklancer Richtung Terra Prima. Einer davon wird meiner sein.«
    »Zwanzig meiner Beiboote wollen Sie starten?« Nigeryan schnappte nach Luft. »Kommt überhaupt nicht in Frage! Davon war nie die Rede! Was wollen Sie denn mit zwanzig zusätzlichen Beibooten, verdammt noch mal?«
    »Unsere Chancen steigern, Terra Prima lebend zu erreichen.«
     
    *
     
    An Bord der WYOMING, 20. März 2554 nGG
     
    Es ist dunkel. Ich schreibe mein Testament. Ich schreibe es bei Kerzenlicht. Es ist kalt. Ich schreibe es eingehüllt in zwei Pelzmäntel.
    Nicht nur dunkel und kalt ist es, auch der Bordfunk ist tot. Nicht nur der Bordfunk ist tot, auch die Schotts funktionieren nicht mehr. So sitze ich hier in meiner Suite allein mit Donna und meinen Eidmännern Alban und Urban – und schreibe bei Kerzenlicht.
    Donna sagt, falls auch die Sauerstoffversorgung zusammenbricht, würden wir es daran merken, daß die Kerze erlischt. Wie praktisch. Die Kerzen brennen aber kontinuierlich, seit die Beleuchtung und der Bordfunk versagt haben. Seit zwei Tagen schon. Gut, daß wir so viele eingepackt haben!
    Niemand von uns weiß, was geschehen ist. Alban und Urban haben versucht, das Schott meiner Suite manuell zu öffnen. Doch das Kurbelrad klemmt. Allerdings: Auch von außen klopft niemand gegen das Schott. Klemmen denn die Kurbelräder der anderen Schotts auch?
    Vor zwei Tagen, gleich nach dem letzten Para-Sprung in das Sol-System, passierte es. Kein Licht, kein Funkkontakt, keine Schottfunktion mehr. Wir müßten die Neptunbahn längst hinter uns haben. Ein Schiff von Terra Prima wollte uns doch entgegenkommen. Wo bleibt es? Was geht an Bord vor? Was geht außerhalb der WYOMING im All vor? Was geht in der Zentrale vor? Diese Ungewißheit ist so furchtbar.
    Ehrlich gesagt: Ich rechne mit dem Schlimmsten. Ein Überfall von Außergalaktischen, ein schwerer Para-Sprungunfall oder etwas in der Art. Darum also schreibe ich mein Testament. Und jetzt …
     … ich mußte unterbrechen. Ein gewaltiger Schlag hat das Schiff erschüttert! Sämtliche Bücher sind aus den Regalen gefallen! Topfpflanzen, Kerzenständer und Blumenvasen sind umgestürzt! Donna stieß sich den Kopf an der Wand des Baderaums und war für kurze Zeit bewußtlos! Ein Knirschen und Stöhnen ging durch den Schiffsrumpf!
    Was ist bloß geschehen?
    Eine Kollision, sagt Alban. Eine harte Landung, sagt Urban. Seiner Meinung ist auch Donna Kyrilla.
    Eine Landung? Auf Terra Prima? So früh schon?
    Aus Dr. Gender DuBonheurs Reisetagebuch
     
    *
     
    RHEINGOLD 54-03-30, 12.14.21 TPZ
     
    Wer nicht an anderen Stellen der RHEINGOLD dringend gebraucht wurde, wartete vor dem Kommandostand und beobachtete das VQ-Feld unter der Frontkuppel. Zwei Sekunden nach dem letzten Para-Sprung.
    Die milchigen Schlieren verloren sich, im nächsten Moment glitzerten Sterne hinter der Frontkuppel, und im Sichtfeld stand eine gelbe Sonne.
    »Geschafft!« rief Merican Bergen. »Das ist sie!« Er deutete ins Sichtfeld. »Das ist die Sonne, unter deren Licht unsere Vorfahren einst von den Bäumen stiegen, den aufrechten Gang und die Beherrschung des Feuers lernten! Das ist Sol!«
    Für seine Verhältnisse war Bergen geradezu euphorisch. Normalerweise verstand er es perfekt, seine Gefühle hinter der formvollendeten Maske des Aristokraten zu verbergen. Jetzt aber klopfte er Yaku und Plutejo ständig auf die Schultern und legte den Arm um Venus, die neben ihm stand und nicht wußte, wie ihr geschah.
    Der Anblick der gelben Sonne wühlte jeden auf. Selbst Rasmuth hatte sein ständiges Grinsen vergessen und stierte mit offenem Mund in das Sichtfeld. Die Sem, Homer Goltz und Dr. Costner hielten einander an den Händen fest, Plutejo und dem schwarzen Kommandanten liefen die Tränen über die Wangen, und Yaku redete plötzlich wie in Trance. »Lobe den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, du bist sehr
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