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Kurier

Kurier

Titel: Kurier
Autoren: J Berndorf
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eine Adresse unter
zwanzigtausend.«

    »Okay, okay, Sie sind misstrauisch. Sie fragen sich: Was
will der?« White lächelte schmal.

    »Und, was will er?«

    White starrte auf irgendeinen Punkt über Graus rechter
Schulter. »Sie sind Journalist. Ich treffe Sie nicht, ohne vorher meine Leute
gefragt zu haben. Die sagten: Grau ist unauffällig, gibt nie auf, ein Berufsfrager.
Also können Sie mir vielleicht helfen.«

    »Ich? Der DEA helfen? Ich habe nicht die geringste Ahnung
von der Szene, das müssen Ihre Leute Ihnen doch gesagt haben.«

    »Das haben sie auch. Aber dieser Fall ist nicht so
einfach. Mir gefällt es hier nicht. Lassen Sie uns gehen.« Grau war erstaunt,
aber er widersprach nicht, legte Geld auf den Tisch und ging hinter White her.
Auf der Straße blieb der Amerikaner stehen. »Gehen wir spazieren. Zum Rhein
runter?«

    »Hören Sie, White, was soll das?«, fragte Grau ganz
ruhig. »Ich habe null Ahnung vom Drogengeschäft, ich kenne nicht einmal einen
Kleindealer, ich kenne bestenfalls ein Dutzend Leute, die leuchtenden Auges
berichten, um 1968 herum mal Haschisch gequalmt zu haben. Und AN 1 und Rosimon-Neu
haben sie gefressen. Als der Scheißdrogenpapst Leary behauptete: ›Jesus kommt
zu dir mit LSD‹, haben sie alle LSD geschmissen. Das war deren wilde Zeit, und
jetzt sind sie LBS-Sparer und asthmatisch.«

    »Sie haben genug begriffen, um den Dealer Ihrer Tochter
halb totzuschlagen.«

    »Dass Sie mich daran erinnern, ist nicht fair«, wandte
Grau ein.

    »Zu mir ist auch kein Mensch fair«, stellte White ruhig
fest. »Ich weiß, dass Sie Ihr Geld als fest angestellter Redakteur verdienen.
Ich weiß auch von dieser Frau, die Angie heißt. Ich weiß auch, dass Sie morgen
früh mit der TUI nach Teneriffa fliegen wollen. Geben Sie mir einfach die
Chance, Ihnen etwas zu verklickern, okay?«

    »Okay.« Grau lächelte vage. »Aber schlagen Sie keinen
großen Bogen, machen Sie schnell. Sie sind eigens meinetwegen hier. Richtig?«

    »Richtig.«

    »Sie machen auch keine Inspektion der DEA-Außenposten.
Richtig? Wenn Sie mich also anheuern wollen, müssen Sie ungefähr knietief in
einem Schlamassel waten.«

    »Etwa bis zum Kinn.« White machte ein paar Trippelschritte,
weil sie in einen Trupp Schulkinder geraten waren, die lärmend heimwärts zogen.

    »Wieso ausgerechnet ich?«, fragte Grau und blieb stehen.

    »Wir haben Sie im Computer.«

    »Das kann nicht der Grund sein«, widersprach Grau
schnell. »Sie haben Tausende von Deutschen im Computer, die möglicherweise viel
besser geeignet sind.«

    White schüttelte den Kopf. »Die wirklich Wichtigen stehen
in meinem Notizbuch. Es gibt Lichtgestalten in meinem Beruf, Sie waren so eine
Lichtgestalt.«

    »Ich bin vorbestraft deswegen.«

    »Ja, ja, ich weiß.«

    »Also los, sagen Sie, was Sie sagen wollten.« Grau setzte
sich auf eine Bank.

    White sah sich aufmerksam um und sagte dann durch die
Zähne: »Ich möchte lieber weitergehen.«

    »Was ist denn los?« Grau wurde langsam auch unruhig.

    »Die Geschichte macht mich meschugge.«

    Widerwillig erhob sich Grau und sie gingen weiter.

    »Ich bin 1985 nach Washington zurückversetzt worden. Ganz
normal. Ich kam ins Computerzentrum der DEA. Von Zeit zu Zeit koordiniert man
als ehemaliger Außenmann eine Operation. Man plant sie, man holt sich die
geeigneten Leute, man zieht sie durch. Meine letzte Operation ging in die Hose.
Das ist der Stand der Dinge.«

    »Und ich bin jetzt der Schlüsseldienst?«

    White lächelte. »Ein paar Kollegen fordern meinen Kopf.
Wenn sie sich durchsetzen, hocke ich den Rest meines Lebens im Archiv, und das
packe ich nicht. Ich bin erst achtundvierzig. Wollen Sie die Geschichte hören?«

    Grau war plötzlich unruhig. »Ich kann nichts für Sie tun,
ich fliege morgen.«

    »Vielleicht fliegen Sie ja nicht«, sagte White ernst.

    »Kann ich die Sache journalistisch auswerten? Und wer
weiß, dass Sie mich um Hilfe bitten?«

    »Niemand. Fast niemand.«

    »Wie lange kann die Sache dauern?«

    »Ich weiß es nicht. Vielleicht einen Monat, vielleicht
drei Monate, vielleicht klappt es nie.«

    »Sie schicken mich doch nicht etwa Heroin oder Koks suchen?«

    »Sie sollen einen Mann finden.«
    »Was ist das Besondere an ihm?«

    »Er hat zehn Millionen US-Dollar in bar bei sich und etwa
fünfzig Pfund reines Kokain. Wahrscheinlich ist er längst eine Leiche.«

    »Ich kenne die Szene nicht«, gab Grau zu bedenken.

    Sie erreichten die erste Quergasse, die zum Rhein
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