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Kurier

Kurier

Titel: Kurier
Autoren: J Berndorf
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vornehme
Umschreibung für äußerste Gesichtslosigkeit ist.

    White, liebe Leserinnen und lieber Leser, bekam einen
grandiosen Abgang. Bei der Aufgabe, die schnell wachsenden Mohnfelder in
Kolumbien zu untersuchen und genaue Karten darüber anzulegen, stolperte er
ahnungslos in ein geheimes Kokainlager der Mafia.

    Viele seiner Kolleginnen und Kollegen behaupteten, dass
seine Vorgesetzten ihm beim Stolpern geholfen hätten, aber ich will niemanden
verdächtigen. Fakt ist: White verschwand spurlos mitsamt seinem indianischen
Führer – und niemand hat je nach ihm gesucht. Ich vermute also, seine Gebeine
modern irgendwo in Südamerika.

    Sundern? Der hockt immer noch jede Nacht in seinem geliebten Memphis und versucht herauszufinden,
welches Haus in Berlin das schönste für Meike und Grau wäre. Manchmal hat er
einen Anfall von Telefonitis und ruft die beiden mitten in der Nacht an.

    Meike und Grau haben mich übrigens gestern besucht. Es
war ein eigenartiges Gefühl für mich. Meike sieht fantastisch aus und sie ist
schwanger, wie sich das gehört. Beim Gehen legt sie eine Hand auf ihren Bauch,
wenngleich der noch vollkommen flach ist und nichts verrät. Wenn ich es nicht wüsste,
hätte ich ihre Prothese gar nicht bemerkt.

    Grau macht einen sehr gelassenen, etwas spöttischen Eindruck.
Er hat diesen Bericht gelesen, mir zugenickt und gesagt: »Gut. Sie haben nichts
vergessen.« Ich wurde rot, ich kriege so selten Komplimente von Profis.

    Grinsend sagte er dann: »Ich habe mich zum Schweigen
verpflichtet.«

    Sie werden wissen wollen, wer ihn zum Schweigen verpflichten
konnte. Nun, er bekam in seinem Hotel in Nizza, wo sie sich erholen, einen
Besucher, einen Abgesandten des Bundeskriminalamtes. Der machte einen
interessanten Vorschlag: Grau solle schweigen und erhalte dafür dreihunderttausend
Mark, exakt so viel, wie ihm ein Verlag für ein Buch angeboten hatte. Soweit
Grau weiß, sind das Auswärtige Amt und das Innenministerium je zur Hälfte an
dieser Summe beteiligt.

    Ich selbst bekomme von einem Verlag, dessen Namen ich
nicht nennen möchte, zweihunderttausend Mark. Dieses Geld habe ich Meike
geschenkt. So wird Graus Baby am Tag seiner Geburt ein wohlhabendes Kind sein.

    Meine Frau ruft mich zum Mittagessen.

    Es hat mich gefreut, Ihnen Auskunft geben zu dürfen.

     
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