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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus
Autoren: Lindsey Davis
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Fleischwunden, die aber bekanntlich gern eitern. Meine Mutter schickte mir zur Kräftigung warme Mahlzeiten ins Gefängnis, aber der Wärter fischte sich, ehe er sie ablieferte, immer zuerst die Fleischstücke aus der Schüssel. Bisher hatten zwei Personen versucht, mich freizubekommen; beide vergeblich. Zuerst ein wohlmeinender Senator, der bei Vespasian um Verständnis für meine Misere werben wollte; unter dem Einfluß des heimtückischen Anacrites verwehrte der Kaiser die Audienz. Dann mein Freund Petronius Longus. Petro, ein Hauptmann der Aventinischen Wache, war mit einem Weinkrug unterm Arm ins Gefängnis gekommen und hatte es beim Aufseher mit der alten Masche von Kameradschaft und Zusammenhalt probiert. Man warf ihn, samt seiner Amphore, in hohem Bogen wieder raus: Selbst unsere grundlegendsten Loyalitäten hatte Anacrites vergiftet! Womöglich würde dieser Neidhammel von einem Oberspion verhindern, daß ich je wieder auf freien Fuß kam …
    Die Tür ging auf. Eine Stimme krächzte: »Didius Falco, irgendwo hat doch einer ein Herz für dich! Stemm deinen Hintern hoch und scher dich raus hier!«
    Als ich mich taumelnd hochrappelte, huschte die Ratte über meinen Fuß.
II
    Mein Elend war ausgestanden – zum Teil jedenfalls.
    Als ich in die Rezeption (oder das, was hier dafür herhalten mußte) hinausgestolpert kam, zurrte der Wärter gerade eine schwere Geldkatze zu und feixte dabei, als hätte er Geburtstag. Sogar seine schmutzigen Handlanger schienen von einer Bestechungssumme in dieser Höhe beeindruckt. Ich blinzelte ins ungewohnte Tageslicht und erblickte eine kleine, verhärmte, aber kerzengerade Gestalt, die mir naserümpfend entgegensah.
    Wir hier in Rom sind eine faire Gesellschaft. Es gibt ja jede Menge rückständiger Provinzen, wo der Präfekt seine Verbrecher angekettet als Folteropfer in petto hält, für den Fall, daß anderweitige Zerstreuungen einmal ihren Reiz verlieren. Nicht so in Rom. Hier darf jeder Verdächtige, sofern er nicht etwas ganz Furchtbares angestellt hat – oder so dumm ist und gesteht –, einen Gönner beibringen, der für ihn bürgt.
    »Tag, Mutter!« Es wäre undankbar gewesen, mich in meine Zelle mit der Ratte zurückzuwünschen.
    Ich konnte es ihr am Gesicht ablesen: sie hielt mich für einen ebensolchen Filou wie meinen Vater – obwohl nicht einmal Papa (der mit einer Rothaarigen durchbrannte und die arme Mama mit sieben Kindern sitzenließ) je im Kittchen gelandet war … Zum Glück hatte meine Mutter zu viel Familiensinn, als daß sie diesen Vergleich vor Fremden angestellt hätte. Also begnügte sie sich damit, dem Wärter für die Betreuung ihres Sohnes zu danken.
    »Anacrites hat dich anscheinend vergessen, Falco!« Der Aufseher grinste mich an.
    »Vermutlich mit Absicht.«
    »Er hat übrigens nichts von einer Kaution vor dem Prozeß gesagt …«
    »Er hat auch nichts von einem Prozeß gesagt«, knurrte ich wütend. »Mich ohne richterliche Anhörung in Haft zu behalten verstößt ebenso gegen das Gesetz wie eine Kautionsverweigerung!«
    »Also, wenn er klagen sollte …«
    »Brauchen Sie nur zu pfeifen!« beruhigte ich ihn. »Und so geschwind, wie eine Bacchantin zweimal das Tamburin schlägt, sitze ich wieder ganz harmlos in meiner Zelle.«
    »Kann ich mich darauf verlassen, Falco?«
    »Aber sicher « , log ich vergnügt.
     
    Draußen tankte ich einen tiefen Atemzug Freiheit und bereute es augenblicklich. Es war August. Wir standen am Rand des Forums. Rings ums Rostrum war die Luft fast so stickig wie in den Tiefen der Lautumiae. Der Großteil des Adels hatte sich in seine luftigen Sommervillen zurückgezogen, aber arme Schlucker wie unsereins schleppten sich weiter träge und matt durch den römischen Alltag. Diese Hitze machte jede Bewegung unerträglich.
    Meine Mutter musterte ganz ungerührt ihren Galgenstrick.
    »Bloß ein Mißverständnis, Mama …« Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie unverzeihlich demütigend es für einen Ermittler mit markigem Ruf war, von seiner Mutter gerettet zu werden. »Wer hat denn das hübsche Lösegeldsümmchen aufgebracht? Helena vielleicht?« Meine Frage bezog sich auf die unerhört vornehme Freundin, bei der ich vor einem halben Jahr hatte landen können; ich, der bis dahin nur mit Zirkuskünstlerinnen voller Flohbisse und mit Blumenmädchen gegangen war.
    »Nein, die Kaution habe ich gestellt; Helena hat sich dafür um deine Miete gekümmert …« Angesichts dieser plötzlichen Beistandsorgie der Frauen in
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