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Kunterbunte Tiergeschichten

Kunterbunte Tiergeschichten

Titel: Kunterbunte Tiergeschichten
Autoren: Christa Zimmermann
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äußersten Ecke
des Geheges. Die anderen Zicklein sprangen munter hin und her, die
älteren Tiere, darunter die Mutter und der Vater des Kleinen, fraßen
genüsslich von einem Heuballen.
Der Vater, der alte Bock, bewachte die Mutter des Kleinen, seine
Favoritin, aufmerksam. Kein anderes männliches Tier durfte ihr zu
nahe kommen, dann verjagte er es sogleich, stoßend und knurrend.
Auf diesen kleinen, zerzausten Kerl hinten in der Ecke hatte er es besonders abgesehen. Sobald der Kleine sich rührte und zu seiner Mut
    ter wollte, war der Alte da und stieß ihn so lange vor sich her, bis er
fortlief und sich ängstlich in die entfernteste Ecke drückte. Mit großen Augen beobachtete das zitternde Böcklein das Geschehen rund
um den Heuballen, um sogleich auszureißen, wenn der alte Bock ihn
wieder einmal wütend verjagen wollte.
Als ich das sah, zog sich mein Herz vor Mitleid zusammen. ,,Er hat
den Kleinen doch schon verletzt. Warum trennen sie den Alten denn
nicht von der ganzen Herde?“, fragte ich die ältere Frau, die mich zu
dem Ziegengehege geführt hatte. „Nein, das geht nicht, er soll doch
für Nachwuchs sorgen. Er ist ja nicht immer so böse. Darum will ich
den Kleinen ja auch verkaufen.“
Die Verletzung am Hinterbein des kleinen Böckchens, die ihm der
Vater zugefügt hatte, war zwar schon wieder verheilt, aber er humpelte immer noch auf drei Beinen umher. Trotz dieser Behinderung
konnte er eine enorme Geschwindigkeit entwickeln und durch das
Gehege sausen.
Für mich gab es kein langes Überlegen mehr, dieser kleine Ziegenbock wurde gekauft. Ich hatte ihn auf den ersten Blick gleich in mein
Herz geschlossen.
Als ich mit ihm zu Hause ankam, dachte ich nur: ,,Hoffentlich meckert er gleich nicht los.“ Ich meinte natürlich den Ziegenbock, nicht
meinen Mann.,,Es soll doch eine Überraschung werden.“
Die Kinder und mein Mann wurden gerufen und schmunzelnd sagte
ich: ,,Udo, ich habe dir einen neuen Rasenmäher mitgebracht. Freust
du dich? Hebe ihn doch bitte aus dem Kofferraum.“
Erfreut öffnete mein Mann den Kofferraum, sprang aber sogleich erschreckt zurück. Mit einem Riesensatz und laut meckernd kam ihm
das Böckchen wie ein schwarzes Teufelchen entgegengesprungen.
Seit diesem Tag wurde er wegen seines lauten Meckerns Mecki gerufen.
Udo war zuerst stumm vor Überraschung, aber dann, als wir uns alle
den Bauch vor Lachen hielten, lachte auch er.
„Diese Überraschung ist dir wirklich gelungen,“ meinte er nun.
Mecki raste inzwischen auf seinen drei Beinen auf dem Hof umher
und freute sich über seine wiedergewonnene Freiheit.
Die Kinder liebten ihn vom ersten Augenblick an. Wenn sie aus
Schule oder Kindergarten zurückkamen, wurden sie von Mecki immer freudig empfangen und begrüßt. Er fühlte sich bei uns wohl und
vermisste seine Mutter und Geschwister überhaupt nicht. Wir und die
Hunde waren jetzt seine neue Herde.
Im Sommer war Mecki den ganzen Tag draußen, konnte sich überall
frei bewegen, begleitete uns bei unseren Spaziergängen und war für
uns wie ein dritter Hund. Setzten wir uns in den Garten, stand er so
lange vor einem Gartenstuhl, bis ihn endlich jemand hochhob und
darauf legte. Sobald sich aber eine dunkle Wolke am Himmel zeigte,
war er wie der Blitz im Stall verschwunden. Ab und zu lugte er aus
der Stalltür, um nachzusehen, ob sich die dunklen Wolken wieder
verzogen hatten, denn Regen mochte er überhaupt nicht.
    Manchmal, wenn wir mit unseren Hunden einen weiten Spaziergang
machen wollten, sperrten wir ihn in den Stall. Vergaßen wir aber, die
hintere Stalltür zu schließen, lief er natürlich hinten heraus, um das
Haus herum auf den Hof und richtete, aus lauter Wut darüber, dass
wir ihn nicht mitgenommen hatten, nur Schaden an. Einmal fraß er
meine schönen Geranien ab, wütete im Garten herum und riss die
Kissen von den Gartenstühlen. Es war wirklich ein Wunder, dass die
Sitzkissen heil blieben.
Als wir zurückkamen, begrüßte er uns freudig, als wenn nichts passiert wäre. Ich sah aber sofort, was er angestellt hatte, und schimpfte
ihn gehörig aus. Und was machte er? Er bückte sich, lief auf mich
zu, und ruck-zuck steckten seine kleinen, spitzen Hörner in meinem
Hosenbein und rissen es von unten bis zum Knie auf. Vor Schreck
konnte ich mich zuerst nicht rühren, aber dann fingen die Kinder über
mein langes Gesicht zu lachen an, und meine Standpauke für Mecki
war vergessen. Nun wurde er richtig wild. Laut knurrend und
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