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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz
Autoren: H Nygaard
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anderes. Dem wollen wir jetzt eine Wohltat erweisen, sofern wir die
Überweisungsfunktion nutzen können. Lässt du mich mal an die Tastatur?« Lüder
zog ein zweites Blatt Papier hervor und übernahm daraus die Angaben, um den
Geldtransfer in die Wege zu leiten. Horst Schönberg sah ihm über die Schulter.
    »Das ist ja
Deutschland«, staunte er.
    »Woran erkennst du
es?«, fragte Lüder.
    »Ist doch logisch.
Am › DE ‹ im BIC .« Offenbar kannte auch Horst die Gepflogenheiten des
internationalen Zahlungsverkehrs.
    »Dein Konto?«,
fragte er.
    »Ich bin ein armer
Staatsdiener. So viel werde ich nie zur Verfügung haben. Ich bin mir sicher,
dass der Empfänger das Geld gut gebrauchen kann und sich ehrlich darüber freuen
wird.« Lüder überwies einen glatten Betrag von eins Komma eins Millionen. Dann
ergab sich ein Problem. Das System forderte einen Transaction Code.
    »Wenn der
Kontoinhaber so naiv ist und neben den Angaben der Bankverbindung auch das Passwort
notiert, solltest du es versuchen, ob du mit dem gleichen Code auch die
Überweisung veranlassen kannst.«
    Lüder probierte es.
Beide waren erstaunt, wie komplikationslos der Geldtransfer vollzogen wurde.
    »Fünfzig Euro
bekommst du nicht von einem Konto auf das nächste, aber bei Millionen klappt es
ohne Probleme«, staunte Horst Schönberg.
    Lüder führte noch
eine zweite Überweisung aus. Er überwies den Rest des Kontoguthabens bis auf
den letzten Cent auf das Konto der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Goldstein
Latham van Scholven. Er war gespannt, wie man dort auf den unverhofften
Geldsegen reagieren würde.
    »Schade«, murrte
Lüders Freund. »Einen Tausender hättest du mir als Spesen übrig lassen können.«
    »Willst du dich
strafbar machen?«, fragte Lüder.
    Horst Schönberg
zeigte ein breites Grinsen. »Ach nee. Da drüben ist ein Spiegel. Dort solltest du einmal hineinsehen. Was ist? Kaffee?«, wechselte der Freund das Thema und
zog Lüder am Ärmel zu einer Kaffeemaschine, die inmitten des Chaos auf einem
Tisch stand.
    *
    Seit dem Besuch in Horst Schönbergs Werbeagentur waren
drei Wochen vergangen. Lüder hatte seinem Freund verschwiegen, dass er zuvor
bei der Ehefrau des mit über einer Million Dollar Beglückten angerufen und sich
als Mitarbeiter der Buchhaltung einer Versicherung ausgegeben hatte. Es war
nicht schwierig gewesen, von der Hocherfreuten die Bankverbindung genannt zu
bekommen, auf die ein unerwarteter Kleinbetrag zurückgezahlt werden sollte.
Auch in diesem Fall war Lüder erstaunt, dass die Frau nicht gestutzt hatte,
denn natürlich hätte einer vermeintlichen Versicherung die Bankverbindung
bekannt sein müssen. Aber ähnlich unverständlich hatte sich Dr. Dr. Buurhove
verhalten, der die sensiblen Bankdaten in Klarschrift aufbewahrt und sich von
Kwiatkowski hatte entwenden lassen. Und da Lüder davon ausging, dass niemand
seinen Besuch im Hotelzimmer des Privatdetektivs bemerkt hatte, zauberte der
Gedanke daran, dass seitdem hinter den Kulissen ein mächtiger Streit um die
verschwundenen Gelder entbrannt war, ein Lächeln auf Lüders Antlitz.
Kwiatkowski würde im dringenden Verdacht stehen, hätte aber keine
strafrechtlichen Konsequenzen zu befürchten, denn Dr. Dr. Buurhove und seine
Auftraggeber, die dem Anwalt das Geld in die »Kriegskasse« getan hatten, würden
diesen Vorfall kaum zur Anzeige bringen. Lüder ging davon aus, dass aus diesem
Topf auch die Gelder für die Bestechung des Schleswiger Beamten und die
Schmiergelder geflossen waren, die an die Grundbesitzer Rasmussen, Petersen und
Joost hätten gezahlt werden sollen. Der smarte Dr. Dr. Buurhove würde wohl
erhebliche Erklärungsprobleme haben, das Verschwinden der ihm anvertrauten
Gelder zu erläutern. Das traf sicher auch auf seinen Arbeitgeber zu, der
immerhin über zweihunderttausend Dollar vereinnahmt hatte und nicht wusste,
weshalb.
    Mit dem Tod von Boris Kummerow waren alle Verbindungen
zwischen dem Täter und seinem Auftraggeber unterbrochen. Es gab keine Beweise,
die den Mann im Hintergrund hätten belasten können, wobei nicht einmal sicher
war, ob er den direkten Auftrag für das Bombenattentat, die Entführung und die
Ermordung des Kindes erteilt hatte. Lüder ging davon aus, dass der Drahtzieher
zwar die moralische, aber nicht die strafrechtliche Verantwortung trug und
wahrscheinlich auch nicht die schweren Verbrechen in Auftrag gegeben hatte.
    Oberstaatsanwalt Brechmann hatte es erwartungsgemäß
abgelehnt, ein Ermittlungsverfahren
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