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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz
Autoren: H Nygaard
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einen
bescheidenen weiteren Service. So verkaufte er Briefmarken und nahm Sendungen
entgegen.
    »Nix, was du
erfüllen kannst.«
    Bärbel Rasmussen sah
flüchtig den Stapel durch.
    »Das meiste davon
hätt’st behalten könn’n, Jens. Sind doch nur Rechnungen.« Ihr Blick blieb bei
einem etwas dickeren wattierten Umschlag haften.
    »Was ‘n das? An
Holger.« Sie drehte den Umschlag hin und her. »Den Absender kenn ich nich. Wird
wieder so ‘ne Werbesendung sein.«
    Fischediek winkte
ihr noch einmal zu, bevor er in seinen gelben Renault stieg.
    »Tschüss, Bärbel.
Bis morgen.«
    »Mach’s gut, Jens«,
antwortete die Frau über die Schulter und ging langsam in Richtung der
gemütlichen Gartenbank.
    Der Postzusteller
startete den Motor und ließ sein Fahrzeug Richtung Landstraße rollen. Er hatte
die Seitenscheibe seines Wagens heruntergekurbelt und genoss den herrlichen
Frühlingsduft.
    Warum kann nicht
immer Mai sein?, dachte er. Das ist eine wahre Lust zu leben. In diesem Moment
hörte er den lauten Knall. Erschrocken trat er auf die Bremse. Das Geräusch
klang wie eine überlaute Fehlzündung. Im Spiegel sah er, dass Bärbel Rasmussen
verschwunden war. Auf den zweiten Blick bemerkte er, dass sie zusammengesunken
vor der Sitzbank lag. Fischediek legte den Rückwärtsgang ein und fuhr die paar
Meter bis zum Rand des Vorgartens zurück. Er ließ den Motor laufen, zog
instinktiv die Handbremse an und stürzte in Richtung Hauswand. Dabei kam er an
der immer noch offenen Haustür vorbei, aus der eine junge Frau mit einem etwas über
einjährigen Kind auf dem Arm trat.
    »Was war das?«,
fragte Jette Rasmussen, Bärbels Schwiegertochter.
    »Ich weiß nicht«,
antwortete Fischediek atemlos und beugte sich zu der Frau hinab. Die lag
zusammengekrümmt vor der Bank. Das Gesicht war schwarz verbrannt. Um Bärbel
Rasmussen bildete sich eine große Blutlache. Das Schlimmste aber waren die
Hände. Sie waren nicht mehr erkennbar.
    »Schnell, ruf den
Notarzt«, rief er Jette zu und konnte nur mühsam das Würgen in seinem Hals
unterdrücken. Ratlos sah er auf die Frau. Es erging ihm wie vielen Menschen in
einer solchen Situation. Er wusste nicht, wie er helfen konnte. Nervös fingerte
er seinen Hosengürtel aus den Schlaufen und schlang ihn um den linken Oberarm
des Opfers. Dann zog er den Gurt kräftig zu. Er sah sich um, fand aber kein
geeignetes Material für den zweiten Arm. Kurz entschlossen riss er sich sein
Oberhemd vom Leib und band damit den zweiten Arm ab. Er überwand sich und nahm
vorsichtig Bärbels Kopf zwischen seine Hände.
    »Hörst du mich?«,
fragte er. Doch statt einer Antwort vernahm er nur ein leises Stöhnen. Dann war
es mit seiner Beherrschung zu Ende. Er legte den Kopf wieder zurück und sprang
auf. Fischediek schaffte keine zwei Schritte, bis er sich übergeben musste.
    In dieser Stellung
fand ihn Jette, die aus dem Haus zurückgekehrt war.
    »Der Arzt ist
alarmiert«, sagte die junge Frau mit leichenblassem Gesicht.
    *
    Der dunkelblaue BMW der Dreier-Baureihe rollte mit mäßiger Geschwindigkeit die Landstraße entlang.
Schon von Weitem sah Lüder Lüders die Einsatzfahrzeuge, die vor dem etwas
zurückliegenden Gehöft standen. Die schmale Zufahrt zum Einsatzort wurde durch
ein rot-weißes Flatterband versperrt, an dem ein uniformierter jüngerer
Polizist Wache hielt.
    Lüder bog von der Straße ab und hielt vor der Absperrung.
Er ließ die Seitenscheibe herab.
    »Presse?«, fragte der Streifenbeamte, ohne zu grüßen.
    »Nee«, antwortete Lüder.
    »Was denn?«
    »Von der gleichen company wie Sie, nur dass ich
meine Uniform inwendig trage.«
    Der Polizist machte einen verdutzten Eindruck.
    »Scherzbold, was? Oder wie soll ich das verstehen?«
    »Lüders, Landeskriminalamt Kiel.«
    »Und die blauen Augen sind der Ausweis, wie?«
    Lüder lachte.
    »Sie heißen wohl Thomas mit Vornamen?«
    »Ich? Wieso? Wie kommen Sie darauf?
    »Der Ungläubige aus der Bibel.«
    Der Polizist setzte zu einer heftigen Erwiderung an,
schluckte seine Worte aber herunter, als Lüder ihm seinen Dienstausweis vor die
Nase hielt. Unwillkürlich straffte sich die Haltung des jungen Beamten. Fast
hätte er salutiert.
    »Entschuldigung, Herr Kriminalrat«, stammelte er und
eilte zum Flatterband, um Lüder durchzulassen.
    Lüder rollte langsam den schmalen Weg entlang und
parkte seinen Wagen am Rande der Fahrzeugansammlung, die sich hier eingefunden
hatte.
    Als er ausstieg, warf ihm ein halbes Dutzend Leute
interessierte Blicke
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