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Kuess mich - es ist Karneval

Kuess mich - es ist Karneval

Titel: Kuess mich - es ist Karneval
Autoren: Elizabeth Oldfield
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herausgefunden, als ich vierzehn Jahre alt war und sie dieses Leben bereits aufgegeben hatte”, erklärte Ellen mit brüchiger Stimme. “Wir lebten schon in England.” Sie mußte erneut schlucken. “Ein Mädchen in meiner Schule verkündete die
    ‘Neuigkeit’ mit großer Genugtuung.”
    “O mein Liebling”, sagte Roberto mitfühlend und legte den Arm um sie. Er hielt sie eng an seine bandagierte Brust gedrückt, als wollte er sie vor den Grausamkeiten dieser Welt beschützen. Dann sah er sie an. “Möchtest du mir davon erzählen?”
    Ellen zögerte. Die Wahrheit aufzudecken war sehr schmerzhaft gewesen, und wenn sie damit fortfuhr, konnte es noch schlimmer werden. Aber Roberto zeigte so viel Mitgefühl.
    Zwar warnte sie eine innere Stimme davor, daß er das möglicherweise nur vortäuschte, andererseits wirkte er überzeugend.
    “Ich habe bisher nur ein einziges Mal einem Jungen, mit dem ich befreundet war, etwas darüber erzählt. Nur in groben Zügen.” Sie lächelte entschuldigend. “Aber du weißt ja, das Sprechen über eigene Probleme hat therapeutischen Charakter.”
    Roberto drückte Ellen in die weichen Kissen des Sofas, hatte aber weiter seinen Arm um sie gelegt. “Also erzähl es mir”, ermutigte er sie. “Du sagtest, du lebtest bei der Familie deines Vaters. Was war mit den Eltern deiner Mutter?”
    “Sie hatten sich scheiden lassen, als meine Mutter zwanzig Jahre alt war. Ihr Vater fand eine Arbeit an einem anderen Ort, und sie verloren den Kontakt. Ein Jahr später starb ihre Mutter.
    Sie hat also beide Eltern nie wieder gesehen. Aber die beiden scheinen ohnehin ein sehr leichtlebiges Paar gewesen zu sein, die sich weder umeinander noch um Vivienne gekümmert haben. Die Eltern meines Vaters hingegen liebten sich sehr und gitngen völlig in der Familie auf.”
    “Warst du glücklich bei ihnen?” wollte Roberto wissen.
    Ellen lächelte. “Ja, sehr, und wir haben bis heute noch engen Kontakt,”
    Ellen schwieg eine Weile, um ihre Gedanken zu ordnen.
    “Meine Mutter wollte immer, daß ich eine besonders gute Schule besuchte. Das konnte in ihren Augen nur eine Privatschule sein”, fuhr sie dann fort. “Als sie in Frankreich lebte, besuchte ich eine Schule, die ganz in der Nähe des Hauses meiner Großeltern in Kent war. Aber nachdem meine Mutter nach England zurückgekehrt war, schickte sie mich auf eine in der Oberschicht sehr angesehene Londoner Mädchenschule. In meiner Klasse war ein Mädchen namens Priscilla, ein arrogantes, hochnäsiges Geschöpf. Eines Morgens zeigte sie ein Foto herum, auf dem ihr älterer Bruder Torquil und meine Mutter zusammen zu sehen waren. Priscilla verkündete mit lauter Stimme, daß meine Mutter eine stadtbekannte Nutte sei.”
    “Wie schrecklich”, rief Roberto aus.
    “Es stellte sich heraus, daß Torquil drei oder vier Jahre zuvor mit Freunden in Paris gewesen war”, erzählte Ellen weiter. “Er sah meine Mutter in einem Restaurant und verliebte sich Hals über Kopf in sie.”
    Ellen zupfte einen losen Faden aus der Naht ihrer Jeans.
    “Torquils Freunde ließen ihn noch ein bißchen um Vivienne werben. Dann erzählten sie ihm, daß Vivienne käuflich sei.
    Wenn man Priscilla glauben darf, hatten die Freunde Torquil unter lautem Gelächter klargemacht, daß er schließlich keine ganze Kuh zu kaufen brauche, wenn er nur ein Glas Milch trinken wolle. Alles, was er brauche, um seine Traumfrau zu gewinnen, sei lediglich seine Scheckkarte.”
    “Ja, wahrscheinlich hätte das genügt”, sagte Roberto trocken.
    “Einer der Freunde machte ein Foto von Torquil und meiner Mutter, das er eines Tages seiner Schwester zeigte. Priscilla hatte Vivienne auf einigen Elternabenden gesehen und erkannte sie gleich wieder.
    Anfangs war ich außer mir wegen ihrer Behauptungen und bezeichnete sie als bösartige Lügnerin. Meine Mutter hatte mir immer erzählt, daß sie in Paris in einem exklusiven Nachtclub als Tänzerin gearbeitet habe. Aber als Priscilla weiterhin auf ihrer Version beharrte und sogar ihren Bruder als Zeugen holen wollte, begann ich, nachdenklich zu werden.
    Ellen machte eine Pause, dann sprach sie weiter. “Als ich an dem Tag aus der Schule kam, erzählte ich meiner Mutter von dem Foto und von dem, was Priscilla dazu bemerkt hatte.”
    Roberto massierte Ellens Schulter, als ob er ihr auf diese Weise Linderung verschaffen wollte. “Das war bestimmt schwer für dich.”
    “Das war es. Ich kann mich erinnern, daß ich inständig darum gebetet habe,
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