Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
Vom Netzwerk:
getrübt und womöglich die Absichten des Vatikans vereitelt.
    Woher hatte Sara gewußt, was geschehen würde? Bealfeld erinnerte sich jetzt an ihr merkwürdiges Verhalten in den letzten Tagen, und ein leiser Verdacht stieg in ihm auf. Niemand grub grundlos alte Geschichten aus, die so lange Zeit im Archiv des Convento de los Milagros unter Verschluß gehalten worden waren. Kannte Sara die Ursache dieses grauenhaften unterirdischen Lärms und war deshalb verschwunden? Warum |19| sonst hatte sie ihm zwei Tage zuvor drei numerierte Briefumschläge anvertraut, die jetzt im Safe seines Hotelzimmers lagen?
Für den Fall, daß mir etwas zustößt,
hatte sie gesagt, als er sie erstaunt ansah.
Ach ja, und noch etwas,
hatte sie hinzugefügt,
falls ich verschwinden sollte, dann verlier keine Zeit damit, in Antigua
nach mir zu suchen. Nimm den ersten Flieger nach New York und
übergib diese drei Umschläge. Du mußt sie den Empfängern persönlich
aushändigen. Und unbedingt in der Reihenfolge, die auf den Umschlägen
angegeben ist
.
    Bealfeld fragte sich nun einmal mehr, warum Sara trotz seines heftigen Widerspruchs beschlossen hatte, im Kloster zu wohnen. Sie hatte es ihm auf dem Weg von Madrid nach Antigua mitgeteilt und nur gelacht, als er vorbrachte, wie er denn als ihr Bodyguard dastehe, wenn er nicht Tag und Nacht in ihrer Nähe war. Welche Rolle spielte Sara bei alldem? Er konnte nicht mehr länger an sich halten und wandte sich an den Architekten.
    »Gibt es eigentlich irgendeine Verbindung zwischen dem Convento de los Milagros und der Plaza Mayor?«
    Sofort spürte er Prestis tadelnden Blick auf sich, doch zu spät, Maliaño antwortete bereits, auch wenn er sich etwas über die unvermittelte Frage zu wundern schien.
    »Ich nehme an, Sie denken an einen unterirdischen Gang. Rein theoretisch wäre das möglich, denn diese Stadt ist ein einziger Schweizer Käse. Doch von unten Zugang zur Plaza Mayor zu finden, ist ausgeschlossen. Sämtliche Stollen enden vor den Fundamenten des Platzes, die unseres Wissens über unberührtem Fels errichtet worden sind. Und die Gebäude ringsum haben weder Keller- noch Lagerräume. Tatsächlich scheint man damals den Platz aus genau diesem Grund angelegt zu haben: um zu verhindern, daß irgend jemand an diesem Ort Ausgrabungen vornimmt.«
    »Und warum?«
    »Genau das wollte Sara im Klosterarchiv herausfinden.«
    »Hat die Plaza Mayor denn etwas mit dem Inquisitionsprozeß gegen Raimundo Randa zu tun?«
    |20| »Offenbar ja. Die Plaza Mayor wurde Ende des 16. Jahrhunderts erbaut. Sara behauptet, Anlaß dafür seien die Probleme gewesen, die dieser Randa den Obrigkeiten bereitet hatte. Dem Anschein nach wollte man mit dieser Baumaßnahme verhindern, daß jemals wieder irgendwer in den Untergrund dieses Teils der Stadt hinabstieg, in dem sich ganz schauerliche Dinge zugetragen haben müssen. Die einzige Verbindung zu dieser Unterwelt bilden ein paar Luftschächte, die wie Schallverstärker wirken. Sie lassen zwar Geräusche nach oben dringen, sind aber nicht breit genug, daß ein Mensch durch sie hinuntersteigen könnte …«
    Presti sah erneut demonstrativ auf die Uhr und schnitt Maliaño nun das Wort ab.
    »Was ist? Ich warte immer noch auf Ihre Erklärungen, Señor Tavera«, drängte er ungehalten.
    »Ich kann Ihnen nur sagen, daß die Geräusche, die Sie gerade gehört haben, sich zyklisch wiederholen. Der Lärm hat System, er folgt irgendeinem Muster. Vielleicht sind es ja Brocken einer Sprache.«
    »Verstehe ich Sie richtig? Sie wollen uns glauben machen, daß uns
jemand
von da unten etwas mitzuteilen versucht?«
    Tavera zuckte nur mit den Schultern. Doch der Erzbischof ließ nicht locker.
    »Ja oder nein? Haben Sie irgendeine Erklärung dafür?«
    »Um die zu bekommen, müssen Sie mit Sara Toledano sprechen. Ich bin nur ein einfacher Techniker.«
    Bealfeld merkte, daß der Erzbischof kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren. Und er glaubte auch zu wissen, warum.
    Kaum war die amerikanische Delegation in Antigua eingetroffen, hatte Sara bei Presti vorgesprochen. Der Nuntius hatte sie damals ermächtigt, Randas Prozeßakten im Archiv des Convento de los Milagros einzusehen, weil er ein Empfehlungsschreiben des Weißen Hauses nicht geringschätzen durfte; schon gar nicht, wenn es sich um eine so angesehene Wissenschaftlerin wie Sara handelte, die zudem noch einer Familie |21| wie der der Toledanos entstammte, welche eng mit Antigua, dem Mittleren Osten und der amerikanischen Presse
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher