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Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt

Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt

Titel: Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
Autoren: Gmeiner-Verlag
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war an sich schon eine gruselige Szenerie, zumal der Sarg bewohnt war, und zwar von einem der besagten ›echten Menschen‹. Immer wenn die Gondel an der Gruftmuckenszene vorbeirauschte, sprang die Leiche aus dem Sarg und bewarf die Fahrgäste mit feuchter Friedhofserde aus dem Gartenmarkt in Esslingen.
    Dazu spielte die Musik vom Band ›Ade zur guten Nacht!‹ in der Besetzung Tenorhorn, Schlagzeug, Kontrabass, wobei die Musikanten aus Puppen bestanden, deren Bewegungsabläufe vorprogrammiert waren. Die Schlagzeugerpuppe, kopflos (wie im richtigen Leben), hatte statt Stecken ein Hackbeil und eine Machete in den Händen, und in der kleinen Trommel spritzte in einer Fontäne blutrot gefärbtes Wasser aus einem Zimmerspringbrunnen, der Kontrabassist sägte sich beim Streichen die Finger seiner linken Hand ab und konnte danach auf eine zweite Karriere als Posaunist bauen, und aus dem Trichter des silbernen Tenorhorns ragte ein lebloser Schaufensterpuppenarm heraus, der im Rhythmus wippte und dessen Hand ein rot angemaltes Messer hielt.
    Als ich die Figur zum ersten Mal sah, dachte ich an meinen Traum, maß der Sache aber keine besondere Bedeutung zu, was leider ein Fehler war. Noch ahnte ich nicht, welch schicksalhafte Wendung sich ausgerechnet hier ereignen würde.
    Die Fahrtzeit mit ›Jack-the-Rippers Höllentripper‹. betrug knapp vier Minuten, inklusive zweimal jeweils 20 Sekunden, in denen die Wagen die Finsternis verließen, um kurz im ersten und zweiten Stock der Bahn ins Freie zu tauchen, wo die Fahrenden dem unten flanierenden Publikum Blässe und Schock demonstrieren konnten.
    Blieben also drei Minuten und 20 Sekunden Zeit für die Umsetzung meines Plans. Dies erschien mir zu kurz, und so hatte ich zwei Runden gebucht, in einem Viererwagen für zwei, was mich schließlich den achtfachen Fahrpreis kostete. Doch die Sache war das wert.
    Libuše hatte mir versichert, in der Geisterbahn keine Angst zu haben. »War ich langä bei Musikär, bin ich Grusäl gewehnt.«
    Wir fuhren an den ersten Schauderhöhepunkten vorbei, und ich unterdrückte den Drang, sie im Finstern zu küssen. Als der erste lebende Draculaklon sich über uns hinweg schwang und wir den Windhauch seines Knoblauchatems spürten, schmiegte sie sich enger an mich und sagte zärtlich:
    »Du musst sagän, wann ist Augenblick richtigäs.«
    Ich nickte stumm.
    Noch fehlte der eigentliche Akteur, und ich war gespannt, wo er sich uns offenbaren würde. Immerhin hatte ich ihm klare Anweisungen gegeben. In der nächsten Kurve, in der die Fahrt sich verlangsamte, weil es durch einen Tunnel in den ersten Stock hinauf ging, sollte er heimlich zusteigen.
    Und in der Tat: Ich hörte ein leises Rumpeln und fühlte den leichten Lufthauch, mit dem man einen Menschen auch in stockfinsterer Nacht spürt, wenn er an einem vorbeigeht. Die Knoblauchfahne war eindeutig. Fast gleichzeitig schien es, als würde unser Wagen plötzlich schwerer. Dann kam das verabredete Zeichen: Der Druck einer schweren Pranke auf meiner rechten Schulter, und schon flüsterte die vertraute Stimme an meinem linken Ohr:
    »Ich wär’ da!«
    Na prima. Die zweibeinige Abhörwanze war installiert. Jetzt musste ich alles auf das ausgeklügelte Timing setzen. Meine Armbanduhr piepte im Abstand von 60 Sekunden.
    Noch sechs Minuten Fahrzeit.
    Wir ratterten durch eine Hinrichtungsszene mit abgehackten Köpfen und an Galgen baumelnden Leichen. Plötzlich fing eine unter furchtbarem Gekreische an zu zappeln und winkte mit einem weißen Tuch. Libuše drückte sich tiefer in den Sitz, und ich spürte ihre Hand auf meinem Oberschenkel.
    »Keine Bange wegen der Galgenvögel!«, flüsterte ich ihr ins Ohr.
    »Ooh ja«, stöhnte sie zurück und ihr Griff wanderte in die Gegend, wo mein Handy ruhte, »deinä Stangä mecht die Altä vegäln.«
    »Schschth!«, mahnte ich und schob ihre Hand zurück, so sehr mich der Gedanke reizte.
    Fünf Minuten.
    Neue Lichtreflexe, Totenköpfe, schauriges Lachen aus scharrenden Lautsprechern. So laut, dass mein Zeuge auf der Rückbank es hören konnte, sagte ich: »Libuše, jetzt sag mir bitte, wer hat Langfried, Eiibii und Vico auf dem Gewissen?«
    Wieder näherte sich ihr Mund meinem Ohr.
    Wir ratterten in den zweiten Stock.
    »Merdär ist …«, flüsterte sie.
    »Lauter!«, zischte es von hinten.
    »Merdär ist Mo …«
    Mo? Monika Haar? Die hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm.
    »Lauter!«, sagte ich. »Du kannst es laut sagen, hier hört uns doch
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