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'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

Titel: 'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'
Autoren: Jess Jochimsen
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paar Tage später, dass er das jetzt machen würde mit der Kohle, auch würde er nicht mehr die Politesse abpassen, sondern die Leute, für die er Geld in die Parkuhren eingeworfen habe. Sehr nett seien die und verdienen würde er auch dabei. (Weil die ihm immer was zusteckten.)
    Irgendwas mache ich grundlegend falsch.

Eine Frage der Technik
    Es gibt Tage, vor denen man sich als Vater fürchtet; zum Beispiel der Tag, an dem der Sohn die Welt der technischen Geräte entdeckt.
    Und ich meine damit nicht den Tag, als mein Sohn Tom versuchte, eine Scheibe Toastbrot in den CD-Spieler zu stopfen – das hat er gemacht, als er zwei Jahre alt war. Nein, ich meine den Tag, an (und ab) dem er die Geräte benutzte .
    Aber man kann das nicht verhindern. Im Gegenteil. Die Kinder müssten einen »souveränen Umgang mit Technik« erlernen, hat die Lehrerin gesagt.
    Tom hat das Lernziel bereits erreicht: Er ruft seinen Freund Paul mit dem Telefon oder gerne auch mit dem Handy an, wenn er mit ihm spielen will; er spielt am Computer, wenn Paul nicht kann; er macht den iPod lauter, wenn er überhören will, dass er ins Bett muss; er stellt den Wecker aus, wenn er nicht aufstehen möchte.
    Ziemlich souveräner Umgang mit Technik ...
    Es war also nur eine Frage der Zeit, dass er wissen wollte, wie die Geräte funktionieren. Und vor diesem Tag habe ich mich am meisten gefürchtet, dem Tag, da Tom fragt: »Papa, wie geht Radio?« Oder: »Papa, wie kommen die Menschen auf den Bildschirm?« Ich weiß so was nämlich nicht. Und ich kann das also auch nicht erklären. Ich gehöre zu den Menschen, die wollen, dass Technik funktioniert, ich will nicht wissen, wie!
    Die Frage, mit der Tom mich dann konfrontierte, war die schlimmste überhaupt: »Papa, wie funktioniert ein Fax?«
    Ausgerechnet das Fax! Faxen ist Zauberei!! Man steckt ein Blatt Papier ins Gerät, und obwohl es dableibt, kommt es woanders wieder raus ... Unmöglich. Faxen kann man nicht erklären!!!
    Hätte Tom nicht mit dem Telefon beginnen können? Vielleicht hätte ich da was gerissen? Ich hätte von »Schallwellen« reden können und dann zwei Joghurtbecher als Trichter mit einer Schnur verbunden. So hat mein Vater das einst gemacht und ich war sehr beeindruckt. Aber nein, das Fax musste es sein! Steck mal ein Blatt Papier in den Joghurtbecher ...
    »Tut mir leid, mein Sohn, ich weiß es nicht.«
    Es tut weh, wenn man als Vater versagt.
    Dann fiel mir aber der »souveräne Umgang mit Technik« wieder ein.
    »Weißt du was, Tom«, sagte ich, »zumindest, wie man das Faxgerät bedient, kann ich dir zeigen. Wir schicken Paul ein Fax. Und fragen, ob sein Papa das nicht erklären kann, ... weil der ist Informatiker.«
    Gesagt, getan. Tom passte genau auf, wie rum man das Blatt einlegen muss, welche Nummer man wo eintippt und so weiter. Alles klappte.

    Und dann warteten wir. Wir warteten lange.
    »Das dauert halt«, sagte ich, »Faxen ist ... eine altmodische Technik.«
    Mir war auch klar, dass Pauls Papa nicht ständig am Fax steht, aber ich wollte Tom die Freude nicht verderben. Also schickte ich Pauls Papa irgendwann heimlich eine SMS, er solle mal in sein Fax schauen. Prompt bekamen wir Antwort, Tom solle einfach rüberkommen, faxte Pauls Papa zurück.
    »Um sechs bist du wieder da«, sagte ich noch, und dann grämte ich mich, dass nun ein anderer Vater von meinem Sohn bewundert werden würde. Ich grämte mich lange. Sehr lange. Dauert halt, dachte ich, so ein Fax ist nicht so schnell erklärt, auch wenn’s eine altmodische Technik ist.
    Erst um halb neun kam Tom nach Hause.
    »Und?«, fragte ich.
    »Was und?«
    »Äh, ... was ist nun mit dem Fax?«
    »Pauls Papa hat gesagt, es reicht, wenn man’s bedienen kann.«
    »Und das hat bis jetzt gedauert?«
    »Nö. Wir haben dann noch Computer gespielt.«
    »Dann hättest du aber Bescheid sagen müssen, dass es später wird.«
    »Hab ich doch. Guck mal in deine E-Mails.«
    Es gibt Tage, vor denen fürchtet man sich als Vater zu Recht.

Kindermund tut Wahrheit kund
    Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt demnächst meine Tante Gundel mal wieder zu Besuch. Gundel ist reich, aber geizig, und ihren Besuchen haftet immer etwas Schwieriges an. Ich weiß das so genau, weil mein Sohn Tom bei Gundels letztem Besuch gerade sechs geworden war, und ab dem Alter von sechs Jahren werden Kinder zum Lügen erzogen, schließlich müssen sie dann überall Eintritt bezahlen.
    »Pass mal auf«, sagte Tante Gundel zu Tom, als wir seinerzeit an der Kasse
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