Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzstein

Kreuzstein

Titel: Kreuzstein
Autoren: Ulrich Schreiber
Vom Netzwerk:
Gleichgesinnten in Kontakt zu kommen.
    Welcher Spinner im Haus klopft denn jetzt mitten in der Nacht Morsezeichen an die Leitung?, dachte Dombrowski irritiert. Aber die vertrauten Laute hatten ihn wach gemacht. Und als erneut dreimal lang geklopft wurde, war ihm klar, dass da tatsächlich jemand SOS funkte.

| 22 |
    Es war unangenehm kalt im Treppenaufgang, der hinter der hölzernen Bauwand auf der Nordseite nach oben führte. Außer einem voll beladenen Rucksack auf dem Rücken trug er auch noch einen Karton vor dem Bauch, der mit Drähten und Elektronik vollgestopft war. Es war das vierte und letzte Mal, dass er die Sachen aus seinem Versteck unter dem zwischengelagerten Baumaterial holte. Das Versteck war gut gewählt. Als ehemaliger Arbeiter der Gerüstbaufirma kannte er alle Möglichkeiten, Material in den Dombereich zu schaffen. Ihm war leicht schwindelig von den engen Stufen der Wendeltreppe, als er das Triforium in zwanzig Meter Höhe erreichte. Gebückt schlich er wieder den schmalen Gang entlang, der direkt nach Westen in den Nordturm führte, eines seiner Ziele. Nach zwanzig Metern hielt er an, genau in Höhe einer Säule zwischen zwei der Vierfachbögen, und streckte sich ein wenig. Sein Rücken schmerzte, und bis er sich entspannt hatte, beobachtete er vorsichtig die Vorbereitungen zur Christmesse unten im Langhaus, die in vollem Gange waren.
    Der Transport weiter nach oben in die Türme brauchte Zeit und Kraft. Als er aus dem Nordturm auf den Rand des Daches trat, war er am ganzen Körper schweißgebadet und fröstelte im leichten, kalten Nachtwind. Es schneite in dicken Flocken. Trotzdem konnte er die Lichter auf der Domplatte sehen und schemenhaft sogar die Menschen erkennen, die auf den Einlass in den Dom warteten. Der erste Turm war präpariert. Die Türen des Daches vom Langhaus waren nicht verschlossen. Er blickte auf die Uhr, es war jetzt 22.30 Uhr. Noch neunzig Minuten. Ein leichtes Zittern befiel ihn wieder, als er durch das Dach auf die andere Seite zum Südturm heraustrat. Es lag nicht nur an der Kälte. »Nicht jetzt!« Er biss die Zähne zusammen und ruderte mit den Armen, so wie früher. Nach einer Weile löste sich die Verspannung.
    Vierzig Minuten später war es so weit. Es war Zeit, die Zünder zu setzen. Anschließend schlich er zurück, über das Triforium, diesmal war der Rucksack fast leer. Er musste besonders aufpassen, da sich im Kirchenschiff bereits eine große Menschenmenge versammelt hatte. Mit dem Inhalt des Rucksacks sicherte er in wenigen Minuten die letzte der kleinen Treppen, dann ging er zurück zum Nordturm.
    Es war 23.50 Uhr, er war fertig. Langsam stieg er die Stufen hinauf, trat in die Galerie in Dachhöhe genau über dem Hauptportal ein und beobachtete das Treiben im dichten Schneefall vor dem Dom. Hier sollte es passieren. Der leichte Wind trug ihm die Düfte der letzten Stände vom Weihnachtmarkt zu. Es herrschte eine Stimmung, wie es sie nur zu Weihnachten gab. Aber wie lange hatte er schon an Weihnachten keinen Frieden mehr empfunden. Und nicht nur an Weihnachten …
    Durch das Dach des Doms hörte er die große Orgel brausen, als das erste Weihnachtslied angestimmt wurde.
    Erneut blickte er auf die Uhr. Es wurde Zeit.

| 23 |
    Baumann stürmte mit Weller und drei weiteren Kollegen eine Treppe tiefer in die Leitstelle, von der aus die Stadt überwacht wurde. Allenstein folgte mit wenigen Schritten Abstand.
    »Wir wissen noch nicht, was die Ursache ist. Durch die Explosion hat es auf der Inneren Kanalstraße zahlreiche Auffahrunfälle gegeben. Der ganze Bereich ist dicht«, berichtete der Chef der Leitstelle sachlich.
    »Kann das etwas mit unserem Fall zu tun haben?«, fragte Weller an Baumann gewandt. »Vielleicht sollte ich hinfahren und die Situation vor Ort selbst beurteilen«, schlug er vor. »Wir kennen uns am besten mit der Art und Weise aus, wie der Täter arbeitet. Wenn er es war.«
    »Ja, wenn er es war«, warf Allenstein mit erstickter Stimme ein. Er musste plötzlich husten. »Aber dann müssten Sie sehr genau aufpassen, dass es nicht wie am Drachenfels weitergeht, sodass nach einer kleinen Vorwarnung erst die eigentliche große Sprengung kommt.«
    »Aber was sollte der Täter damit bezwecken?«, fragte Weller. »Mitten in der Stadt, das ist doch gar nicht sein Stil. Er wird doch keine Autobahn sprengen wollen. Das Risiko, bei den Vorbereitungen einer großen Sprengung entdeckt zu werden, ist viel zu hoch.«
    Der Leiter der Zentrale begann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher