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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg)
Autoren: Tatort Eifel 4
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der Eifel! Eine gottverlassene Gegend, kein Mensch würde sich dafür interessieren, wenn nicht irgendjemand angefangen hätte, Eifelkrimis zu verfassen und damit auch noch Erfolg zu haben. Und jetzt wird dort so viel gemordet wie nirgendwo sonst in Deutschland; jedes Städtchen, jedes winzige, am Ende der Welt gelegene Dörfchen ist stolz auf sein altes, unbewohntes und einsam gelegenes Haus oder die Burgruine, bestens geeignet für die Ablage von Personen, die aus mysteriösen Gründen vom Leben zum Tode befördert wurden. Dieser ganze Hype könnte mir ja egal sein, aber leider hält sich mein Mann, wie so viele, für einen begnadeten Autor von Kriminalgeschichten, und die müssen natürlich in der Eifel spielen. Dabei ist er Anwalt für Steuerrecht in einer kleinen Kanzlei, hat noch nie etwas mit Mord zu tun gehabt, und Zeit seines Lebens hat er im Ruhrgebiet gelebt. Aber das interessiert ihn nicht, ebenso wenig wie die Absagen, die er schon für seine unverlangt eingesandten Manuskripte kassiert hat. Statt seinen Notar zu machen wie seine Kollegen und damit endlich richtig Geld zu verdienen, schreibt er in jeder freien Minute, und am Wochenende fährt er in die Eifel, auf der Suche nach Inspiration, nach Lokalkolorit oder was auch immer. Er möchte, dass ich ihn begleite. Anfangs habe ich das auch gerne getan, ich fand es irgendwie süß, wie er seinem Traum nachjagte. Aber mittlerweile kann ich mich nicht mehr für einsam gelegene Dörfchen, Burgruinen oder romantische Fachwerkstädtchen begeistern; ich hasse es, bei jedem Wetter auf matschigen Wegen durch den Wald zu stolpern, immer auf der Suche nach Reifenspuren, die ja vielleicht zu einem Geländewagen gehören, mit dem die Leiche transportiert wurde.
    Dann hat er mir gestanden, dass er für unser Erspartes statt der neuen Küche, die ich mir so sehr gewünscht hatte, lieber ein Wohnmobil gekauft hat, sodass wir nun auch den Urlaub in der herrlichen Natur der Eifel verbringen können. Ich habe ihm gedroht, mich scheiden zu lassen, ich wolle nicht länger mit einem Versager zusammenleben, einem Traumtänzer, einem Möchtegern-Schreiberling, den niemand mehr ernst nehmen kann. Seitdem reden wir nur das Nötigste miteinander; aber wenigstens muss ich nicht mehr mit ihm in die herrliche Eifel fahren.
    Das mit der Scheidung habe ich natürlich nicht ernst gemeint, es ginge schon aus finanziellen Gründen nicht. Zwar haben wir keine Gütertrennung vereinbart, aber gespart haben wir auch nichts. Er verdient ja nicht so viel, der Versager; den Luxus, den die Frauen seiner Kollegen für selbstverständlich halten, kann ich mir nicht leisten. Allerdings ist da noch das alte Haus, in dem wir leben; er hat es von seinen Großeltern geerbt. Er hat sich bisher immer geweigert, es zu verkaufen. Aber selbst wenn er es täte: Mein Anteil würde wohl kaum ausreichen, um das Leben zu führen, das ich mir wünsche. Und wahrscheinlich müsste ich mir wieder einen Job suchen, das will ich aber nicht, schon gar nicht in meinem Alter, und wo ich schon so lange aus dem Beruf raus bin.
    Also keine Scheidung. Aber es heißt ja, dass die meisten Frauen ihre Ehemänner etliche Jahre überleben; ich kann nur hoffen, dass das stimmt. Zurzeit habe ich auch andere Sorgen, ich fühle mich gar nicht wohl. Ständig habe ich Magenschmerzen, das kenne ich gar nicht von mir, ich war immer recht gesund. Nächste Woche gehe ich mal zum Hausarzt, wahrscheinlich ist es nur eine dieser Infektionen, die fast jeder hat. Ausgerechnet jetzt, wo es mir so schlecht geht, fängt mein Mann wieder damit an, ich möge doch nur noch ein einziges Mal mitfahren, es sei sehr wichtig für ihn, und er habe eine fantastische Überraschung für mich geplant. Vielleicht, denke ich, hat er ein Wellness-Wochenende gebucht, das würde mir wirklich gut tun. Und außerdem verspricht er mir noch, dass ich nach diesem Ausflug nie wieder mitfahren muss in die Eifel, das Thema sei dann ganz bestimmt für mich erledigt.
    Gut, ich lasse mich also überzeugen, und so sitzen wir an diesem kalten und verregneten Herbsttag wieder einmal im Auto, auf dem Weg in die Eifel. Ich bin sehr müde, ich würde gern ein bisschen schlafen, aber darauf nimmt er keine Rücksicht. Er erzählt mir eine endlos langweilige Geschichte von einer Frau, die zusammen mit ihrem Mann ein kleines Restaurant irgendwo in der Eifel betrieben hat. Dann ist der Mann ganz plötzlich verschwunden, zusammen mit der Kellnerin, und vorher hat er noch sämtliche Konten
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