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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg)
Autoren: Tatort Eifel 4
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in Edeltrauts Nähe. Mein Leben lang war ich nie so glücklich.

Bermudadreieck in Lissendorf
    R UDOLF J AGUSCH
    Wenn Kommissar Bohleber eins hasste, dann waren es angetrunkene Jugendliche, die nichts Besseres zu tun hatten, als extra aus Köln anzureisen, um die »doofen Eifeler« zu ärgern.
    Doch heute hatte er keine Zeit, die drei Jungs zusammenzustauchen, die mit einer Kiste Bier bewaffnet auf dem Bahnsteig in Lissendorf grölend rumhingen. Es galt, vermisste Personen zu finden. Ein Kamerateam von LTR Köln war seit zwei Tagen verschwunden, und dessen Chef hatte aufgeregt bei Bohlebers Vorgesetzten um Hilfe gebeten.
    Ein wenig missmutig drückte Bohleber die Tür der Gaststätte »Zum alten Bahnhof« auf. Lieber hätte er den Samstagabend mit ein, zwei Stubbis ausklingen lassen. Aber sein Chef hatte darauf bestanden, dass er mal nach dem Rechten schauen sollte. Abgestandene Luft schlug ihm entgegen, gepaart mit Zigarettenqualm und Essensgeruch. Rechts vom Eingang befand sich die gut besetzte Theke, Männer und Frauen saßen vor ihren Gläsern und plauderten vermutlich über Gott und die Welt. An den Wänden hingen Fotos aus besseren Eisenbahnzeiten, daneben blecherne Zuglaufschilder, die möglicherweise ein heroischer Lissendorfer irgendwann mal als Geschenk für seine Stammkneipe geklaut hatte. Die helle, furnierte Einrichtung wirkte warm und gemütlich.
    Lautstark räusperte er sich, und sofort ebbte die Unterhaltung ab. Alle Augen richteten sich auf ihn.
    Zufrieden schob er sich auf einen freien Hocker und schwenkte den Dienstausweis so, dass alle einen Blick darauf werfen konnten. »Kommissar Bohleber. Ich bin auf der Suche nach einem Kamerateam. Ein Mann, eine Frau. Hat die jemand gesehen?«
    Die Wirtin, eine zierliche Person mit einem freundlichen, offenen Gesicht, fand zuerst die Sprache wieder. »Die waren vor zwei Tagen hier. Haben einen Kaffee getrunken und sind dann ins Dorf.« Sie zapfte ein Bier und stellte es vor Bohleber auf einen Bierdeckel. »Geht aufs Haus.«
    Genüsslich nahm er einen Schluck. »Haben sie gesagt, was sie vorhatten?«
    »Was wohl«, zischte der grobschlächtige Mann, der neben ihm saß. »Verarschen wollten die uns, wie beim letzten Mal.«
    »Wie, die waren schon mal hier?«
    »Nein, das waren andere«, antwortete die Wirtin. »Damals haben sie einige Anwohner befragt, was sie von ihren Nachbarn halten. Anschließend sind sie zu den Nachbarn und haben ihnen das erzählt. Kam in einigen Fällen nicht gut an.«
    Der Mann zog heftig an seiner Zigarette. »Die Fernsehtypen sind Arschlöcher, sag ich euch. Steck die alle in einen Sack und hau mit dem Knüppel drauf, du triffst immer den Richtigen.«
    Zustimmendes Gemurmel unterstrich die Aussage.
    »Aber das mit dem Knüppel war sicher nicht ernst gemeint, oder?«, hakte Bohleber nach.
    Niemand antwortete, alle wichen seinem Blick aus. Nur die Wirtin lächelte milde. »Das hat der Gustaf nur so daher gesagt.« Sie tätschelte dem Mann neben Bohleber den Unterarm. »Die Zeiten sind vorbei. Das Schlimmste, was ich in den letzten Monaten hier erlebt habe, waren ein paar Ohrfeigen.« Sie deutete in Richtung Bahnsteig, auf dem immer noch die Jugendlichen lautstark Provokationen plärrten. »Sie sehen es doch selbst. Niemand kümmert es, was die daherreden.« Sie schnappte sich ein Küchentuch und wienerte ein Glas. »Hier geht es friedlich zu, Herr Kommissar.«
    Bohleber trank sein Bier aus. »Na gut, würde mich trotzdem interessieren, was das Kamerateam hier wollte.« Forschend sah er in die Runde.
    Einige zuckten mit den Schultern, andere pressten die Lippen aufeinander.
    »Hört mal, Leute«, versuchte Bohleber es betont kumpelhaft, »wenn ihr hier schweigend in eure Gläser starrt, wirkt das auf mich wie eine Verschwörung. So etwas macht mich skeptisch, dann ...«
    »Es ging um das Verschwinden vom Labbes«, unterbrach ihn eine tiefe Stimme. Er drehte sich auf dem Hocker und schaute in den Nebenraum. Dort saß ein älterer Mann mit weißem Rauschebart und Knollennase und schmauchte eine Zigarre. In der Hand hielt er ein Buch. Bohleber schob sich vom Hocker und setzte sich zu ihm an den Tisch. Interessiert betrachtete er das deckenhohe, bis auf den letzten Fleck mit Krimis ausstaffierte Bücherregal an der Wand hinter dem Mann.
    Der Mann sah ihn über den Rand der Lesebrille hinweg an. Er schien Bohlebers Interesse an den Büchern bemerkt zu haben, denn er sagte: »Ich habe mir geschworen, Gevatter Tod erst dann zu begegnen, wenn
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