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KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef

KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef

Titel: KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef
Autoren: Delfried Kaufmann
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anderen Straßenseite im Menschengewühl. Ungeachtet der inzwischen auf Rot umgesprungenen Ampel stürzte ich ihm nach. In derselben Sekunde setzte sich die Automeute in Bewegung. Ich rannte einem Schlitten vor den Kühler, dessen Fahrer hart in die Bremse steigen mußte. Im Handumdrehen hatte ich eine erstklassige Verkehrsstockung produziert. Die Waren stauten sich. Hupen brüllten von allen Seiten auf mich ein. Einige Leute machten sich die Mühe, die Fensterscheiben herunterzukurbeln, um mir zu sagen, was sie von mir hielten.
    Schließlich tauchte ein Cop auf und fischte mich von der Fahrbahn. Mit ein paar Handbewegungen und einigem Pfeifengetriller brachte er den Autostrom wieder in Fluß.
    »Tut mir leid, Sergeant, daß ich beim falschen Licht über die Straße sauste«, erzählte ich, während er in einem Notizbuch zu schreiben begann. »Ein häßlicher magerer Bursche nahm mir siebenundvierzig Dollar mit einem Zahl-Adler-Schwindel ab. Er mußte unmittelbar an Ihnen vorbeigerannt .sein, Sergeant. Er trug einen karierten Anzug und eine gelbe Krawatte. Hören Sie, Sergeant, vielleicht sollten Sie etwas unternehmen, um ihn zu fassen. Er kann noch nicht weit sein.«
    Während ich sprach, nickte der Cop von Zeit zu Zeit. Dann riß er das ausgefüllte Formular aus seinem Buch, hielt es mir hin und sagte: »Fünf Dollar.«
    »Warum?« fragte ich entsetzt.
    »Weil Sie bei Rotlicht die Fahrbahn überquert haben. Sie können sich weigern und eine Vorladung beim Schnellgericht beantragen. Das Schnellgericht verurteilt als Mindeststrafe zu zwanzig Dollar.«
    Ich muß ein unendlich dämliches Gesicht gemacht haben. Der Cop lachte, die Passanten lachten, und ein untersetzter breiter Mann mit einem leichten Strohhut auf dem Kopf und daumendicken Perlen an der Krawatte lachte ebenfalls.
    Er tippte dem Polizisten auf die Schulter. »Ich zahle!« Ein Fünfdollarschein tauchte zwischen seinen kurzen dicken Fingern auf.
    »Nett von Ihnen, daß Sie mit dem Anfänger Mitleid haben, Mister«, meinte der Cop und tauschte Geldschein gegen Quittung.
    Der Strohhutträger faßte meinen Ärmel und zog mich mit sich.
    »Neu hier?« erkundigte er sich.
    »Aus Harpers Village im Staate Connecticut.«
    Er musterte mich von der Seite. Sein Gesicht war viereckig mit einem massiven Kinn, einer wuchtigen Nase und kleinen dunklen Augen, die er gewohnheitsmäßig ein wenig zusammenkniff. Wenn er lachte, zeigte er kräftige gelbe Zähne.
    »Ich hab ’ne Schwäche für Anfänger. Brauchst du einen Job?«
    »Nötiger denn je. Ich besitze noch zehn Dollar.«
    »Ich heiße Brerrik, Frederic Brerrik. Ich besitze ein Nachtlokal und brauche einen stämmigen Portier. Siebzig Dollar die Woche, ungerechnet die Trinkgelder. Wohnung und Verpflegung im Haus. Einverstanden?«
    Ich hielt dieses Angebot für einen glatten Glücksfall. Ich stammelte meinen Dank und bat, nur noch meinen Koffer aus dem Park holen zu dürfen.
    »Unsinn!« Mr. Brerrik lachte. »Der hat längst einen Liebhaber gefunden. Außerdem würdest du in deinen Connecticut-Klamotten doch nicht mehr lange herumlaufen wollen. Komm! Mein Wagen steht dort drüben auf dem Parkplatz.«
    Der Wagen meines Chefs entpuppte sich als schwerer Cadillac. Hinter dem Steuer saß ein pockennarbiger Bursche, zwischen dessen Lippen eine Zigarette verqualmte. »Das ist ist Dane Brush«, sagte Brerrik. »Dane ist meine rechte Hand.«
    Der Pockennarbige warf mir einen Blick aus seinen nachtschwarzen Augen zu, der so liebenswürdig war wie der Augenaufschlag eines hungrigen Panthers. »Was willst du mit dem Provinzler, Brew?« fragte er.
    »Unser neuer Portier! Sieh dir seine Schulterbreite an.«
    Brush spuckte mir die Zigarette vor die Füße. »Wie heißt du?«
    »Jeremias Cotton.«
    Das finstere Gesicht erhellte sich zu einem hingerissenen Grinsen. »Ein hübscher Name.«
    Brerrik trompetete Gelächter. »Steig ein, Jeremias!«
    Brerriks Nachtlokal lag in der alten Bowery, in der Pearl Street am Rand von Chinatown. Das Haus war schmalbrüstig und hatte zwei Eingänge, von denen der eine in das Lokal, der andere zu dem Treppenhaus und damit zu den Zimmern in den oberen Stockwerken führte. Über dem Eingang zum Lokal hing ein altes Schild: ›Brerriks alkoholfreie Getränkestube.‹ Mein Chef bemerkte meinen überraschten Blick.
    »Das stammt noch aus der Prohibition«, erklärte er. »Wir halten auf Tradition.« Er wies mit dem Daumen auf den Eingang. »Hör zu, mein junge. Was da drinnen vorgeht, interessiert dich
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