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Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Titel: Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
Autoren: Petros Markaris
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zumindest die Weißen, vielleicht auch in bösartiger Absicht. Dass er enthauptet wurde, deutet andererseits darauf hin, dass sich Täter und Opfer gekannt und persönlichen Kontakt gehabt haben müssen. Aus drei Meter Entfernung klappt das nicht. Man muss schon sehr nahe an jemanden herankommen, um ihm den Kopf abzuschlagen. Das Vertrauensverhältnis zu Sissimopoulos bot Bill diese einzigartige Möglichkeit. Ganz abgesehen davon, dass die Angehörigen dieser Stämme besonders geschickt mit Schwert oder Messer umgehen. Einzig und allein das »D«, das dem Opfer an die Brust geheftet wurde, könnte meine Ansicht entkräften. Doch vielleicht ist es auch ohne weitere Bedeutung. Möglicherweise hat es der Mörder dort nur platziert, um uns in die Irre zu führen.
    All das geht mir durch den Kopf, während ich mit Dermitsakis ins Athener Zentrum zurückfahre. Vlassopoulos haben wir zu weiteren Nachforschungen in Koropi zurückgelassen.
    Kaum sitze ich an meinem Schreibtisch und habe mein Croissant in der Hand, das seit dem Morgen unberührt daliegt, läutet das Telefon. Koula ist am Apparat: »Sind Sie zurück, Herr Kommissar? Der Chef erwartet Sie.«
    Ich stecke das Croissant zurück in die Zellophanhülle und fahre in die fünfte Etage hoch. Koula empfängt mich mit einem verschwörerischen Lächeln.
    »Stathakos ist auch da«, sagt sie spöttisch, da sie meine Abneigung gegen den Leiter der Antiterrortruppe teilt.
    Gut, dass sie mich vorgewarnt hat, aber nun betrete ich Gikas’ Büro in denkbar schlechter Laune.
    Stathakos hat es sich auf meinem Platz bequem gemacht. Bei meinem Eintritt redet er gerade auf Gikas ein, doch nach bewährter Methode bricht er mitten im Satz ab. Damit erweckt er den Eindruck, sein Zwiegespräch mit dem Chef sei privater Natur und unterliege strengster Geheimhaltung.
    »Was haben Sie herausgefunden?«, fragt Gikas ungeduldig. »Fassen Sie sich kurz, der Minister will ständig auf dem Laufenden gehalten werden.«
    »Sind wirklich keine Sender und Zeitungen informiert worden?«, werfe ich in die Runde.
    Kurz ist er sprachlos, doch sogleich wehrt er entschieden ab: »Ganz sicher nicht. Die Medien wurden weder von uns noch von der Polizeiwache in Koropi benachrichtigt. Das hat mir der Leiter ausdrücklich bestätigt.«
    »Mich hat jedenfalls eine Horde von Kamerateams und Reportern vor Sissimopoulos’ Villa empfangen. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie jetzt im Vorzimmer des Ministers stünden und auf eine Presseerklärung pochten.«
    Von Panik übermannt, stürzt er zum Telefon. »Rufen Sie sofort das Büro des Ministers an, und fragen Sie nach, ob in der Sache Sissimopoulos schon Medienvertreter eingetroffen sind. Wenn nicht, dann warnen Sie unverzüglich den Empfang vor.«
    Stathakos sucht meinen Blick, doch meine Augen schweifen im Raum umher und wandern über den Athener Stadtplan. Gikas beendet das interne Gespräch mit Koula und blickt mich erleichtert an.
    »Sie müssen noch am Tatort sein.«
    Stathakos schaltet den Fernseher gegenüber von Gikas’ Schreibtisch an. Am oberen Bildschirmrand erscheint die Aufschrift »Sondersendung«, darunter die Moderatorin und drei geöffnete Fensterchen. Aus dem einen spricht die Korrespondentin des Senders, die anderen zeigen die Fundorte von Sissimopoulos’ Leiche und Kopf. Beide wurden durch rotes Band abgesperrt, und anstelle der Leichenteile sind nur noch die skizzierten Umrisse zu sehen.
    »Schalten Sie bloß aus, das ist ja unerträglich!«, ruft Gikas, und Stathakos tut wie geheißen. »Legen Sie los«, sagt Gikas etwas ruhiger zu mir.
    Ich liefere ihm einen knappen und lückenlosen Bericht, und Gikas hört mir schweigend zu. Stathakos hingegen trägt einen blasierten Gesichtsausdruck zur Schau, als sei mein Vortrag pure Zeitverschwendung.
    »Und was ist Ihre Meinung?«, fragt mich Gikas am Schluss meiner Ausführungen.
    »Ich möchte mich noch nicht festlegen. Erst muss ich Stavropoulos’ Autopsiebericht und die Erkenntnisse der Spurensicherung sehen und auch mit Sissimopoulos’ ehemaligen Mitarbeitern sprechen. Darüber hinaus will ich seine Söhne befragen, sobald sie in Athen eingetroffen sind. Erst dann kann ich mir eine Meinung bilden.«
    »Ja, dann mach das mal«, antwortet mir Stathakos an Gikas’ Stelle. »Aber eins kann ich dir schon jetzt sagen: Das ist ein Terrorakt.«
    »Du siehst überall nur Terroristen«, halte ich dagegen. Den Zusatz, dass er sie zwar überall sieht, aber nie dingfest macht, behalte ich für
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