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Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit
Autoren: Poul Anderson
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Kein anderer als die Tenil Orugaray hätte in diesem überladenen Boot den Sturm überstanden, in den sie gerieten. Trotz der Gefahr, die er gebracht hatte, begrüßte Lockridge den Sturm. Wenn die Koriach ihn nicht fand, würde sie annehmen, daß er den Tod auf See gefunden hatte und die Suche nach ihm aufgeben.
    Tage später wuchs Ostengland flach und herbstlich vor ihnen auf. Salzverkrustet, hungrig, müde und erschöpft gingen sie an Land und labten sich am Wasser einer Quelle. Die Männer hatten erwartet, daß sie in einer Gemeinde an der Küste um Aufnahme bitten würden, aber Lockridge lehnte diesen Plan ab. »Ich weiß einen besseren Platz«, versprach er. »Wir müssen durch die Unterwelt gehen, um ihn zu erreichen, aber dort werden wir sicher vor der Zauberin sein. Würdet ihr euch lieber wie Tiere verstecken, oder als freie Menschen leben?«
    »Wir folgen dir«, sagte der Sohn Echegons.
    Sie machten sich auf den Marsch über Land. Wegen der kleinen Kinder und der Notwendigkeit, sich Nahrung zu beschaffen, kamen sie nur langsam voran, und Lockridge begann zu fürchten, daß sie ihr Ziel zu spät erreichen würden. Schließlich wateten sie durch eisiges flaches Wasser zu einer Insel, die von den umliegenden Stämmen gemieden wurde. Eingeborene hatten Lockridge, als sie eine Nacht in deren Ortschaft verbrachten, erzählt, daß die Insel verhext sei. Er hatte sich von ihnen den Weg genau beschreiben lassen.
    Unter kahlen Bäumen stand eine Hütte. Ein Mann wartete davor, das Schwert in der Hand. Er war stämmig und schmerbäuchig, mit zottigem Bart im verwitterten Gesicht. Lockridge fühlte, wie sein Herz einen Freudensprung machte. »Jesper, alter Freund!« rief er. Sie schlugen einander auf den Rücken. Als Lockridge seinen Diaglossa des 16. Jahrhunderts ins Ohr schob, fragte er, was die Anwesenheit des andern zu bedeuten habe.
    Der Däne zuckte die Achseln. »Ich bin mit dem Rest der Krieger hierhergebracht worden. Der Hexenmeister brauchte einen Freiwilligen, der dieses Tor eine Zeitlang bewachen sollte. Ich meldete mich. Warum sollte ich meiner lieblichen Dame nicht einen Gefallen erweisen? Also saß ich hier, jagte Enten und amüsierte mich, so gut es ging. Wenn etwas schiefging, sollte ich eine Maschine unten bedienen, die es ihr berichten würde. Aber es geschah nichts, und da ich euch für gewöhnliche Wilde hielt, sah ich keinen Grund, einen Notruf auszuschicken. Vielmehr dachte ich, daß ich meinen Spaß haben würde, wenn ich euch davonjagte. Aber es tut gut, dich wiederzusehen, Malcolm.«
    »Ist deine Zeit als Posten nicht bald vorüber?«
    »Ja, nur noch ein paar Tage. Priester Markus befahl mir, die Uhr im Auge zu behalten und bestimmt zu verschwinden, wenn es Zeit war, da sich sonst das Tor auflösen würde, so daß ich nicht mehr von hier fortkäme. Ich werde zu dem andern Tor gehen, das er mir zeigte, um mich von dort nach Hause transportieren zu lassen.«
    Lockridge musterte Fledelius mitleidig. »Nach Dänemark?«
    »Wohin sonst?«
    »Ich bin hier im geheimen Auftrag unserer Dame. So geheim, daß du kein Wort darüber zu einem andern verlauten lassen darfst.«
    »Keine Angst. Du kannst dich auf mich verlassen, wie ich mich auf dich.«
    Lockridge seufzte. »Jesper«, sagte er, »komm mit uns. Wenn wir unser Ziel erreicht haben, kann ich dir alles erzählen. Du hast jedenfalls etwas Besseres verdient, als unter einem Tyrannen als Geächteter zu leben. Komm mit!«
    Sehnsucht funkelte in den kleinen Augen. Der massige Kopf wurde geschüttelt. »Nein. Ich danke dir, mein Freund, aber ich habe meiner Dame und meinem König Treue geschworen. Bis die Büttel mich fangen, werde ich an jedem Allerheiligenabend im Gasthaus zum Goldenen Löwen warten.«
    »Unmöglich, nach allem, was dort geschah.«
    Fledelius kicherte. »Ich finde schon einen Weg. Junker Erik wird mich nicht so leicht aufspießen, wie er es sich denkt.«
    Lockridge sah sich um. Seine Gefährten standen stumm und frierend.
    »Nun ... wir müssen den Tunnel benutzen. Ich kann dir nicht mehr verraten, und denke daran, daß unsere Begegnung ein Geheimnis bleiben muß. Lebewohl, Jesper!«
    »Lebewohl, Malcolm, und auch du, Mädchen. Leert dann und wann einen Humpen auf mein Wohl, ja?«
    Lockridge führte seine Gefährten unter die Erde. Er trat durch das Tor des Feuers. Die Tenil Orugaray nahmen allen Mut zusammen und folgten ihm.
    »Wir dürfen nicht zögern«, sagte er. »Wir wollen wiedergeboren werden. Haltet euch bei den Händen und
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