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Kopernikus 3

Kopernikus 3

Titel: Kopernikus 3
Autoren: Hans J. Alpers
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nicht helfen, er kann uns nicht helfen“, riefen sie im Chor.
    „Zick-zack-alter-Sack!“
    „Zick-zack-alter-Sack!“
    „Alter Sack!“
    „Lumpenpack!“
    Um die Häuser herum lagen Gesteinsbrocken. Sie zerfallen langsam, dachte Fleitman.
    „Alter Sack!“
    „Alter Frack!“
    „Zicke-zacke-hat-’ne-Macke!“
    Fleitman bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Sie warfen mit Metallstücken und Abfall nach ihm. Ein Stück gelben Metalls traf sein Gesicht und schnitt ihm die Haut auf. Die Kinder sangen im Chor: „Er kann uns nicht helfen, er kann uns nicht helfen.“
    „Hat ’ne Macke!“
    „Alte Jacke!“
    „Dicke Backe“, schrie ein verkrüppelter Junge.
    „Doofer Krüppel.“ Und andere Kinder stimmten mit ein. „Doofer Krüppel, doofer Krüppel“, aber es erstarb schnell wieder. Sie hingen alle wie eine Traube an Fleitman, rieben ihre schmutzigen kleinen Hände an ihm, riefen um Hilfe, spuckten ihn an, streichelten ihn, bohrten in der Nase, warfen Steine, rauchten Zigaretten, husteten, kicherten und rülpsten. Und ein kleines Mädchen schrie dauernd: „Ich habe Angst!“
    Ein Stück verdorbener Nahrung klatschte gegen Fleitmans Wange. Er fühlte, wie es an seinem Hals herunterglitt und in seinen hohen Kragen rutschte.
    „Geh’ wieder dahin zurück, wo du hergekommen bist!“
    Fleitman rannte um eine Ecke. Ein Stein flog ihm ins Kreuz. Die Kinder folgten ihm ohne Anstrengung und schrien und lachten. Sie brauchten kaum richtig zu laufen. Er überquerte eine Straße und bog in eine Hauptstraße ab. Sie war wie die anderen Straßen menschenleer. Die Fußgängertransportbänder standen entweder still oder waren zerstört. Fleitman sah, daß ein großes Plastikstück aus der Gehwegüberdachung herausgebrochen und gegen eine Häuserwand gefallen war. Es hatte dabei die Glasfenster von drei Stockwerken zerbrochen.
    Nun waren schon fast sechzig Kinder hinter ihm her. Sein Rücken war schon ganz taub. Beim Einatmen verspürte er einen stechenden Schmerz in der Brust. Er taumelte vorwärts mit vorgestrecktem Kopf und vornübergebeugtem Rumpf.
    Laß dich fallen. Das ist das einfachste. Sie werden dich zermalmen und dir das Gesicht zertreten.
    Er bog wieder um eine Ecke. Keine Abfälle, dachte er. Keine Menschen. Er sah keine Fenster in den Häusern.
    Er blieb stehen. Eine riesige Menschenmenge kam die Straße heruntergewalzt. Die Kinder waren hinter ihm, die schreienden Erwachsenen vor ihm. Die Kinder drehten sich um und rannten los. Die Menge ergoß sich wie ein Ozean über Fleitman.
    Jemand ergriff seinen Arm, aber er wurde wieder losgerissen und stolperte über eine junge Frau, die zu Boden gefallen war. Aus ihrem Kragen kam Blut geflossen.
    Die Menge riß Fleitman weiter. Er war wie ein Tänzer, der versuchte, auf einem sich wellenden Boden sein Gleichgewicht zu halten. Ein junger Mann winkte Fleitman zu und schrie: „Dies ist ein Guter. Ist er nicht gut?“ Er sah aus wie Tostier. Fleitman bemerkte, daß eine Anzahl Männer schwarze Roben trugen. Ihr Haar war kurzgeschoren.
    Die Menge hörte jetzt auf zu rennen, und Fleitman begann, den Schmerz seiner Prellungen zu spüren. Die Menge hatte eines der Kinder gefangen. Es war ein kleiner, sommersprossiger Junge. Er strampelte und schrie, als er über die Köpfe der Menge hinweg weitergereicht wurde. Von den anderen Kindern war nichts mehr zu sehen.
    „Der hier, der hier!“ schrie ein junger Mann, der direkt neben Fleitman stand. Fleitman duckte sich, als der Junge über ihn hinweggereicht wurde. Er glaubte, ein Flüstern zu hören. Es war mehr ein Vibrieren in seinem Ohr als eine Stimme.
    „Was machen Sie?“ fragte Fleitman den Mann neben ihm. Der Mann trug eine schwarze Robe. Sein Gesicht war mit Pickeln und wunden Stellen übersät. Er blickte verwirrt. „Nun, Sie sind darin“, sagte der Mann. „Nicht wahr?“
    „Worin?“
    „Wollen Sie sagen, daß Sie das nicht wissen? Dann …“
    Der Mann wedelte mit den Armen in der Luft. Fleitman tat ein paar Schritte zur Seite, so daß sich einige Leute zwischen ihn und den Mann drängten. Bald war der Mann zu weit weg, um ihn noch anekeln zu können.
    Fleitman horchte. Das Murmeln in seinem Kopf war kaum hörbar; er konnte es entziffern. Er sah, wie der Mann in der Robe ihn angrinste: Es war Tostier.
    Die Stimme sagte: Vereinige dich nicht mit Ungläubigen; sie sollst du meiden. Können Rechtschaffenheit und Sündhaftigkeit zusammenkommen? Können Licht und Dunkelheit Gefährten sein? Kann Christus sich
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