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Kopernikus 3

Kopernikus 3

Titel: Kopernikus 3
Autoren: Hans J. Alpers
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an der Wand, der für ihn bedeutungslos war. Vielleicht hatte er etwas mit einem Heiligen zu tun. Selbst nackt gab sie ihren Widerstand nicht auf und fing wieder an zu schreien. „Hör jetzt auf damit“, brüllte er sie wütend an. „Ich lehne es ab, dich zu vergewaltigen. Das geht mir zu weit.“ Zorn schien sie zu besänftigen, und sie beruhigte sich. Am Anfang wehrte sie sich gegen die Hygiene-Creme vom Zeitreisedienst. Schließlich lachte sie aber herzlich, da sie Spaß daran fand, wie sie aufgetragen wurde. Sie zog ihn auf sich herab.
    Eine sinnliche elisabethanische Dirne
    Sie kannte alle guten Kneipen und ließ sogar eine Vorstellung von Lear im Globe über sich ergehen. Am Anfang störte ihn die Inszenierung des Stücks. Er dachte: Waren diese Schauspieler geistig so unterentwickelt, daß sie nicht bemerkten, daß das, was sie da sprachen, Poesie war, große Poesie? Ihre Behandlung der Zeilen war so sorglos und bombastisch. Schließlich wurde er in das Drama hineingezogen und fühlte sich zum Schluß eher beschwingt als bedrückt. Später zerrte er sie von einem überschäumenden Abend in einer der übelsten Kneipen weg, in der er von dem Geruch von altem Schweiß und frisch Erbrochenem fast ohnmächtig geworden wäre. Im Hof wurde ihr Gesicht vom Mond beleuchtet. Er fragte sich, warum ihre Schönheit, ähnlich jener der Filmstars seiner Zeit, von den Männern dieser Periode nicht gewürdigt wurde; die schienen herzhaftere Typen mit roterem Gesicht und unreinerer Haut vorzuziehen, die eindeutig weniger attraktiv waren. Sie führte ihn zu einem Stall, der offensichtlich ihr Lieblingsplatz war. Er brachte ihr bei, wie man Marihuana raucht, wovon er ein paar Gramm in Verletzung der Zeitreisedienst-Bestimmungen in seinem Erste-Hilfe-Kasten versteckt hatte. Trotz des Kommunikationsproblems (ihr Englisch hörte sich für ihn seltsam betont an) gelang es ihm, sie davon zu überzeugen, daß der Stoff Tabak aus der Neuen Welt war, und zwar eine neue und bessere Sorte. Zunächst war sie überschwenglich und übernahm beim Liebesspiel die führende Rolle. Er, der seine Techniken inzwischen verfeinert hatte, versuchte, das Tempo auf seine Art zu bestimmen. Einen Augenblick spä ter weinte sie. Er fragte nach dem Grund. Sie sagte etwas wie: Ich bitt’ Euch, remmelt mich und laßt es gut sein. Da er befürchtete, er habe ein Tabu dieser Zeit übertreten, fragte er sie, was ihre neue Stimmung heraufbeschworen habe. Sie versuchte in stockenden Sätzen zu erklären, weil sie nur wenige Worte kannte, mit denen sie ihre Gefühle beschreiben konnte. Es schien, als habe sie mitten in der Umklammerung, wo sie sich unter normalen Umständen ihrer Leidenschaft überlassen hätte, plötzlich das Gefühl, als verließe sie ihren Körper und schwebte über ihnen beiden in der Luft. Das hatte ihr natürlich Angst gemacht, besonders deshalb, weil sie dachte, sie sei plötzlich ein Geist geworden und in einen christlichen Himmel geschickt worden, vor dem sie schon immer Angst gehabt hatte. Dann aber sah sie, daß ihr menschlicher Körper noch lebte, noch immer unter ihr umarmt wurde. Das erschreckte sie noch mehr. Wie konnte das sein? Wie konnte sie sich selbst so sehen? Dann wurde ihr klar, daß so ihr Leben aussah, daß es sich so für die anderen darstellte. Sie schien sich mit allen Liebhabern zu sehen, die sie seit dem Verlust ihrer Jungfräulichkeit gehabt hatte, in all den gleichartigen Situationen, die die Zusammenfassung ihres Lebens waren. Als sie das Gefühl hatte, sie habe nun die Grenze des Schreckens erreicht, wurde sie plötzlich in ihren Körper zurückgerissen, und das war der Augenblick, an dem sie angefangen hatte zu weinen. Er versuchte schließlich, ihr dieses Erlebnis zu erklären, versuchte dann auch, einen Weg zu finden, um ihr zu helfen. Aber selbst sein sorgsames Studium des elisabethanischen Englisch, der reichsten Periode, die diese Sprache kannte, reichte nicht aus, um ihn die Worte finden zu lassen, mit denen er dieser Frau eine Andeutung davon vermitteln könnte, was die prosaischen Gründe für das Geschehene waren. Er kam zu dem Ergebnis, daß es besser für sie sei, wenn sie es wie eine gespenstische Begebenheit sehen würde. Schließlich beruhigte er sie damit, daß er ihr sagte, von dem Tabak schliefe man manchmal schnell ein; sie hätte das Ganze wahrscheinlich nur geträumt. Das schien sie zu erleichtern. Als die Dämmerung kam, liebten sie sich noch einmal. Während das Licht, das durch die
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