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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI
Autoren: Thor Heyerdahl
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berichtete, daß solche Pae-paes heute nicht mehr existieren, aber die Ältesten im Dorf konnten alte Überlieferungen über Pae-paes erzählen. Alle miteinander waren voller Bewunderung für die großen Balsastämme, aber über das Tauwerk rümpften sie die Nase. Solche Taue; hielten nicht viele Monate in Seewasser und Sonne. Sie zeigten uns stolz die Zurrungen ihrer eigenen Ausleger. Die hatten sie selbst aus Kokoshanf geflochten. Solche Taue hielten fünf Jahre auf See.
    Als wir zu unserer kleinen Insel zurückwateten, wurde sie »Fenua Kon-Tiki« getauft oder Kon-Tiki-Insel. Das war ein Name, den wir alle aussprechen konnten. Aber unsere braunen Freunde hatten schwere Mühe mit unsereren kurzen nordischen Vornamen. Sie waren ganz hingerissen, als ich sagte, sie könnten mich Terai Mateata nennen, denn so war ich vom Häuptling auf Tahiti getauft worden, als ich zum ersten Mal in der Gegend war.
    Die Eingeborenen zogen Hühner, Eier und Brotfrüchte aus den Kanus heraus, während andere mit dreizinkigen Gabeln Fische in der Lagune aufspießten. Dann hatten wir ein großes Fest ums Lagerfeuer. Wir mußten alle unsere Erlebnisse mit dem Pae-pae auf dem Meer erzählen, und die Geschichte mit dem Walhai wollten sie immer wieder hören. Und jedesmal, wenn wir so weit kamen, daß Erich ihm die Harpune in den Schädel ramte, da schrien sie alle gleich mitgerissen auf. Sie erkannten sofort jeden einzelnen Fisch wieder, von dem wir ihnen Skizzen zeigten, und sagten uns sofort die Namen auf polynesisch.
    Aber den Walhai und den Gempylus hatten sie nie gesehen oder auch nur etwas davon gehört.
    Als der Abend kam, bekamen wir zum großen Jubel der ganzen Versammlung das Radio in Gang. Am meisten entsprach Kirchenmusik ihrem Geschmack, bis wir zu unserer eigenen großen Überraschung echte Hula-Musik aus Amerika einfingen. Da begannen sich die Lustigsten unter ihnen herumzudrehen, die Arme über den Kopf gebeugt, und bald sprang die ganze Gesellschaft in die Hocke und tanzte Hulahula im Takte der Musik. Als die Nacht kam, lagerten sich alle Mann um ein Feuer am Strand. Für die Eingeborenen war es genauso ein Abenteuer wie für uns.
    Als wir am nächsten Morgen erwachten, waren sie bereits auf und brieten frischgefangenen Fisch. Sechs eben geöffnete Kokoshüllen standen für uns bereit, um den Morgendurst zu löschen.
    Heute donnerte das Riff noch stärker als gewöhnlich, der Wind hatte zugenommen, und die Brandungswogen peitschten hoch in die Luft ums Wrack.
    »Heute kommt die >Tiki< herein«, sagte der Häuptling und zeigte auf das Wrack, »es gibt Hochwasser.«
    Um elf Uhr begann das Wasser an uns vorbei in die Lagune zu strömen. Wie eine große Schale füllte sie sich, und das Wasser stieg rund um die ganze Insel. Den ganzen Tag lang kam ein richtiger Strom vom Meer herein. Das Wasser wälzte sich von Terrasse zu Terasse, und mehr und mehr vom Riff verschwand unter der Oberfläche. Wassermassen fluteten herein an beiden Seiten der Insel entlang. Sie rissen große Korallenblöcke mit sich und trugen Sandbänke ab, die wie Mehl vor dem Wind verschwanden, während andere aufgebaut wurden. Lose Wrackreste kamen an uns vorbeigesegelt, und die »Kon-Tiki« begann sich zu rühren. Alles, was längs des Strandes lag, mußte im Inneren der Insel geborgen werden, um nicht von der Flut mitgenommen zu werden. Bald waren nur mehr die höchsten Steine des Riff sichtbar, der Strand um unsere Insel war verschwunden, das Wasser schäumte gegen den Grasfleck empor. Es sah unchristlich aus, man hatte den Eindruck, das ganze Meer wäre am Einmarsch. Die »Kon-Tiki« drehte sich herum und trieb los, bis sie von neuen Korallenblöcken aufgefangen wurde.
    Die Eingeborenen stürzten sich ins Wasser und schwammen und wateten über die Stromwirbel, bis sie von Bank zu Bank ans Floß kamen. Knut und Erich folgten nach. Taue lagen am Floß bereit, und als dieses die letzten Korallenblöcke umwarf und sich vom Riff löste, sprangen die Eingeborenen über Bord und versuchten, es zurückzuhalten. Sie kannten nicht »Kon-Tiki« und ihren unbändigen Drang, sich nach Westen durchzuschlagen, so daß sie hilflos im Schlepp mitgezogen wurden. Bald wanderte die »Kon-Tiki« mit guter Fahrt quer über das ganze Riff und in die Lagune hinein. Hier wurde sie gewissermaßen aufsässig, als sie stilleres Wasser erreichte, und sah sich um, wie um einen Überblick über weitere Möglichkeiten zu erhalten. Bevor sie sich wieder auf die Reise begab und den Auslauf
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