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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI
Autoren: Thor Heyerdahl
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auf der anderen Seite entdeckte, hatten die Eingeborenen bereits das Ende des Taues glücklich um eine Palme an Land geschlungen, und nun hing die »Kon-Tiki« festgebunden drinnen in der Lagune. Ein Fahrzeug, das über Land und Wasser ging, hatte sich quer über die Barrikade durchgeschlagen und war glücklich in die Lagune im Inneren von Raroia gekommen.
    Mit aufreizenden Kampfrufen, wobei »ke-ke-te-huru-huru« als zündender Refrain hervorgebrummt wurde, zogen wir die » Kon-Tiki« herein auf den Strand, der ihren Namen führte. Vier Fuß höher als normale Flut kulminierte das Hochwasser. Wir warteten schon darauf, die ganze Insel verschwinden zu sehen.
    Windstöße brachen über das Wasser herein, und wir konnten nicht viel von unserer Ausrüstung mit in die engen und wassergefüllten Kanus bekommen. Die Eingeborenen mußten in höchster Eile zurück zum Dorf, und Bengt und Hermann fuhren mit ihnen, um nach einem kleinen Burschen zu sehen, der sterbend in einer Hütte des Dorfes lag. Der Bub hatte eine Eiterbeule am Kopf, und wir hatten Penicillin.
    Am Tag darauf saßen wir vier wieder allein auf der Kon-Tiki-Insel. Der Ostwind war jetzt so stark, daß die Eingeborenen nicht über die Lagune kommen konnten, die mit Untiefen und scharfen Korallengebilden gespickt war. Das Wasser stieg und sank in Flutwellen.
    Am nächsten Tag ließ es nach. Wir konnten jetzt unter die »Kon-Tiki« tauchen und feststellen, daß die neun Stämme heil waren, sogar wo das Riff ein oder zwei Zoll der Unterseite abgehobelt hatte. Das Tauwerk saß so tief drinnen in seinen Furchen, daß nur vier von den zahlreichen Seilen von den Korallen angeschnitten waren. Wir begannen an Bord aufzuräumen. Unser stolzes Fahrzeug sah menschlicher aus, als die Hütte wie ein Klappgehäuse wieder aufgestellt wurde. Der Mast wurde geschient und aufgerichtet. Im Verlauf des Tages tauchten die Segel wieder auf. Die Eingeborenen kamen, um uns und den Rest der Last abzuholen. Hermann und Bengt waren dabei. Sie erzählten, daß die Eingeborenen im Dorf große Feierlichkeiten vorbereitet hatten. Wenn wir zu der Hauptinsel hinüberkämen, dürften wir die Kanus erst nach einem besonderen Zeichen vom Häuptling verlassen.
    Bei frischer Brise durchschnitten wir die Lagune, die hier eine norwegische Meile breit war. Wir sahen fast mit Wehmut die einzelnen Palmen auf der Kon-Tiki-Insel zum Abschied winken, während sie in eins verschmolzen und unsere Insel zu einem unbestimmbaren kleinen Eiland unter vielen anderen am Ostriff einschrumpfte. Aber vor uns breiteten sich größere Inseln aus. Vor der einen sahen wir eine Mole, und Rauch stieg von den Hütten zwischen den Palmenstämmen auf.
    Eine Kokosnuß aus Peru wird gepflanzt, wo wir in Polynesien an Land gehen.
    „Alles in Ordnung — alles in Ordnung!" senden Raaby und Haugland stündlich in den Äther. Hesselberg dreht dazu den Handgenerator für den Sendestrom. Grüne Kokosnüsse voller Milch, das ist unser erster Gedanke, als wir endlich wohlgeborgen am Strand der Palmeninsel stehen.
    Die Eingeborenen finden uns und helfen uns später, die „Kon-Tiki"an Land zu ziehen. Kein anderes Fahrzeug hätte es fertiggebracht, auf der Windseite des Riffs zu landen und dann noch über die Felsen in das Binnenwasser der Lagune zu gelangen.
    Das Dorf sah tot und leblos aus, kein Mensch war zu sehen. Was war nun los? Drunten am Strand am Ende der Mole von Korallenblöcken standen zwei einsame Gestalten, die eine war lang und dünn, die andere groß und umfangreich wie eine Tonne. Als wir herankamen, grüßten wir beide. Es waren der Häuptling Teka und der Vizehäuptling Tupuhoe. Tupuhoes herrlichem und kräftigem Lachen waren wir bald alle verfallen. Teka war ein klarer Kopf und ein Diplomat, aber Tupuhoe war ein unverdorbenes Kind der Natur, ein Kernmensch mit einem Humor und mit einer Urkraft, wie man sie nur selten findet. Mit seinem mächtigen Korpus und seinem königlichen Gesicht stellte er alles vor, was man von einem vollblütigen polynesischen Häuptling erwartet. Tupuhoe war auch der eigentliche Häuptling auf der Insel. Aber Teka hatte im Laufe der Zeit die Oberhoheit bekommen, weil er Französisch sprach und rechnen und schreiben konnte, so daß das Dorf nicht betrogen wurde, wenn der Schoner von Tahiti um Kopra kam.
    Teka erklärte, daß wir miteinander zum Versammlungshaus im Dorf hinaufmarschieren sollten. Als alle Jungens an Land waren, stiegen wir hinan in feierlicher Prozession, Hermann voran mit der
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