Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha
Autoren: Su Turhan
Vom Netzwerk:
er ein Kenner der bayerischen Küche sein, hatte ihm der Wirt der Augustiner Schwemme gesteckt. Schweinebraten soll er bei ihm bestellt haben, und das nicht nur einmal. Soll doch der Türke die Leiche übernehmen. Er selbst jedenfalls hatte keine Lust, aufklären zu müssen, wer den Schnauzbartträger umgebracht hat. Von weitem beobachtete er, wie Stern, über die Leiche gebeugt, Notizen in sein Diktiergerät sprach. Dann begann er, die Schläfen zu massieren. Sein Schädel brummte von den Gin Tonics, die er mit Stern und Herkamer nebenan im P 1 getrunken hatte. Die drei hatten in der vergangenen Nacht in den Eisbach gepisst, betrunken wie sie waren.
    Dann blinzelte er hoch in den weiß-blauen bayerischen Himmel und flehte den lieben Herrgott an, den Toten einen Türken sein zu lassen. Er wollte mit dem Gschwerl nichts zu tun haben.

[home]
    8
    E ine Stunde später, kurz vor eins, drehte Kommissar Pius Leipold seinen ergonomisch optimierten Bürostuhl mit Lehne von links nach rechts und zurück. Das Dienstzimmer des Einundvierzigjährigen war heimelig eingerichtet, eine Reihe Familienfotos standen auf seinem Schreibtisch. Als Beweis für seine hervorragenden Leistungen als Eisstockschütze hingen Urkunden und Zinnteller an den Wänden. Seine beiden einige Jahre jüngeren Kollegen Ferdinand Stern und Helmut Herkamer saßen ihm auf einfachen Bürostühlen gegenüber. Der frisch gebrühte Filterkaffee dampfte aus den Jumbotassen. Sie waren mit dem bayerischen Polizeiwappen verziert, die Namen hatte Leipold als Weihnachtsgeschenk für seine beiden engsten Mitarbeiter eingravieren lassen.
    »Könnte tatsächlich ein Türke sein, vielleicht Grieche, wer weiß, jedenfalls hat er eine ordentliche Brustbehaarung, auch am Rücken. Beschnitten ist er auch … Ach so, dann kann er ja kein Grieche sein, oder? Er hat eine helle Stelle am Ringfinger der linken Hand. Der Ehering fehlt aber«, berichtete Stern, dem ebenfalls die durchzechte Nacht anzusehen war. »Schätzungsweise ist er Mitte dreißig, definitiv ein unnatürlicher Tod. Sieht aus, als wäre er erdrosselt worden. Das Obduktionsergebnis kommt noch. Im Moment haben wir keinen Hinweis auf die Identität des Mannes.« Dann seufzte Stern und sagte noch: »Was aber richtig komisch ist, ist das da.«
    Stern reichte Leipold eines der Fotos, die von der Leiche gemacht worden waren. Leipold bekam die Großaufnahme des Brustkorbes zu sehen. Verdeckt durch die dichte Brustbehaarung, glänzten in den Körper eng an eng hineingetriebene Reißnägel mit goldenen Köpfen. Gut zu erkennen war, dass die Anordnung ein in schnörkeligem Schriftzug geformtes Wort darstellte. Ein paar Reißnägel fehlten. Wahrscheinlich hatte sie sich der Eisbach einverleibt, mutmaßte Leipold und stieß angewidert hervor: »Ach geh, so was macht man doch nicht!« Dann nahm er einen Kugelschreiber zur Hand und begann, damit die Reißnägel zu zählen. Nach einer Weile gab er das Vorhaben auf. »Das müssen ja mindesten zweihundert sein, oder?«, fragte Leipold mit Blick zu seinen Kollegen.
    »Keine Ahnung. Das sollen die von der Rechtsmedizin uns sagen.«
    »Das ist doch ein Wort, richtig? Was es bedeutet, weißt du nicht, oder?«
    »Keine Ahnung. Deutsch ist das jedenfalls nicht«, erwiderte Stern.
    Leipold reichte Stern das Foto zurück.
    »Na ja, das kriegen wir schon raus. Was haben wir sonst noch?«, wandte sich Leipold an Herkamer, der in seiner bayerischen Lodenmode trotz durchzechter Nacht ausgeschlafen und konzentriert wirkte. Als Nichtraucher vertrug er die Gin Tonics besser als Leipold und Stern. Herkamer sah in den Unterlagen nach und berichtete, dass die Befragung der Surfer und Zuschauer natürlich nichts ergeben habe. Der Schnauzbart war ja schon länger tot. Die Leiche muss ein ganzes Stück bachaufwärts entsorgt worden sein.
    Leipold schüttelte den Kopf und dachte kurz nach. »Warum haben sie ihn in den Bach geworfen? Das verstehe ich nicht. Wollten der oder die Täter, dass wir die Leiche finden? Wenn ja, warum machen sie sich die Mühe und ziehen ihn aus und nehmen ihm den Ehering ab? Früher oder später finden wir doch heraus, wer er ist.« Leipold massierte sich die Schläfe. »Helmut, du gehst mal die Vermisstenanzeigen durch. Zum Ehering wird es ja wohl eine Ehefrau geben. Und du, Ferdinand, gibst ein anständiges Foto an die Presse raus, nichts so Furchterregendes, bitte. Mal schauen, ob jemand die arme Sau erkennt. Mehr können wir im Moment nicht tun. Macht dann weiter mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher