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Kommissar Morry - Opfer des Satans

Kommissar Morry - Opfer des Satans

Titel: Kommissar Morry - Opfer des Satans
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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morgens um zehn Uhr ein Bote des Polizeigerichts in Harrow Castle erschien, war der junge Schloßerbe unfähig, auch nur einen einzigen Schritt zu tun. Der Diener mußte ihm die amtliche Vorladung übergeben. Gebrochen sank Cecil Harrow in einen Sessel und öffnete mit zitternden Händen das Kuvert. Flackernd irrten seine Blicke über den nüchternen Vordruck. Da stand es also schwarz auf weiß, daß er der Anstiftung zum Einbruch verdächtig war und sich binnen vierundzwanzig Stunden vor dem Polizeirichter zu verantworten hatte.
    „Sie werden mich in Untersuchungshaft nehmen“, murmelte Cecil Harrow mit blutleeren Lippen. „Es gibt nicht den geringsten Zweifel, daß sie mich ins Gefängnis sperren werden. Ich werde das Polizeigericht gar nicht mehr verlassen dürfen.“
    Er zerknüllte erregt die Vorladung zwischen den Händen und wanderte hastig in der Halle auf und ab. Seine Gedanken glichen einem kribbelndem Ameisenhaufen. Er war so nervös, daß er über den Klang seiner eigenen Schritte erschrak. Ich werde nicht hingehen, sinnierte er in verzweifelter Erregung. Auf keinen Fall werde ich das Polizeigericht betreten. Es wäre das Ende. Sie würden meinen Namen durch alle Zeitungen schleifen. Ich wäre verachtet bis zu meiner letzten Stunde. Ich müßte Weggehen aus London. Ich müßte mich irgendwo im Ausland verkriechen.
    Na also, dachte er mit einem schweren Atemzug. Warum soll ich das nicht gleich tun? Warum soll ich mich nicht schon jetzt aus dem Staube machen? Ich habe ja nichts mehr zu verlieren. Bis die Polizei kommt, werde ich längst über alle Berge sein. Man wird das Nest leer finden!
    Er setzte seinen Entschluß sofort in die Tat um. Er fuhr den Wagen aus der Garage und stellte ihn am Belgrave Square ab. Dann begann er hastig die notwendigsten Dinge zusammenzupacken. Verstohlen trug er sie zum Auto. Ängstlich wich er der Dienerschaft aus. Zerstreut antwortete er auf die besorgten Fragen des Butlers. Als das Telefon schrillte, stürzte er wie ein ' Irrer an den Apparat. Sie kommen schon, schoß es ihm durch den Kopf. Sie werden mir den Fluchtweg abschneiden. Sie werden mich verhaften, noch ehe ich im Wagen sitze.
    „Hallo“, rief er mit dünner Stimme in den Hörer. „Wer spricht?“
    „Slim Duckett“, klang es leise zurück. „Sind Sie selbst am Apparat, Mr. Harrow?“
    „Ja. Was soll‘s? Was gibt‘s noch zwischen uns zu besprechen?“
    „Die Sache ist schiefgegangen, Sir“, murmelte Slim Duckett gedämpft. „Francis Mack ist tot. Ich selbst bin auch so ziemlich am Ende. Die Polizei ist hinter mir her. Mich könnte nur noch eine rasche Flucht retten.“
    Kommt nicht in Frage, dachte Cecil Harrow im ersten Moment. Ich werde mir doch nicht diesen Burschen auf den Hals laden. Warum sollte ich ihm helfen? Er wurde für seine Dienste bezahlt. Ich bin ihm nichts schuldig. Aber schon im nächsten Moment änderte sich seine Meinung. „Sie haben doch Beziehungen zur Unterwelt, Mr. Duckett?“ fragte erleise. „Könnten Sie für uns beide falsche Pässe besorgen?“ „All right, Sir! Das ist nicht weiter schwierig. Sie müssen nur das Geld berappen. Das andere mache ich allein.“
    Cecil Harrow wischte sich rasch atmend den Schweiß vom Gesicht.
    „Gut, ich nehme Sie mit“, stieß er gepreßt hervor. „Wir fahren mit dem Wagen. Wo kann ich Sie treffen?“
    Slim Duckett überlegte eine Weile. „Ich bin abends um zehn Uhr in der Ohio Bar in Stepney“, murmelte er dann heiser. „Vielleicht habe ich dann die Pässe schon. Vergessen Sie das Geld nicht, Sir. Um zehn Uhr also. So long!“
    Cecil Harrow hängte den Hörer ein. Scheu und mißtrauisch blickte er durch die Halle. Es war niemand in der Nähe. Kein Mensch hatte das Gespräch belauscht. Er kramte in aller Eile seine letzten Sachen zusammen, schaffte sie unauffällig aus dem Schloß und brachte sie in seinem Wagen unter. Dann nahm er hinter dem Steuer Platz. Er durfte nicht länger in Harrow Castle bleiben. Jede Stunde konnte die Polizei erscheinen. Ein lächerlicher Zufall konnte seine Flucht für immer vereiteln.
    Erst als er den Belgrave Square hinter sich hatte, fühlte er sich etwas sicherer. Er nahm in einer kleinen Kneipe den Lunch ein, er vertrödelte den langen Nachmittag in Imbißhallen und Weinstuben und fuhr bei Einbruch der Nacht in den Londoner Osten hinüber. Er stellte seinen Wagen am Rushwalk ab und wanderte zu Fuß in die enge Gasse hinein. Vorsichtig näherte er sich der Ohio Bar. Bei jedem Schritt spähte er in die
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