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Kommissar Morry - Die Woelfe

Kommissar Morry - Die Woelfe

Titel: Kommissar Morry - Die Woelfe
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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die Schränke und Schubläden aus. Die Papiere, die belastend für ihn waren, verbrannte er über dem offenen Kaminfeuer. Alles andere legte er in einen kleinen Handkoffer.
    Er war an diesem Tag schon zweimal auf der Victoria Station gewesen. Er hatte sein großes Gepäck aufgegeben. Der Zug, mit dem er fahren wollte, ging um zwei Uhr morgens. Bis dahin mußte er hier alles abgeschlossen haben. Es gab kein Zurück für ihn. Während seine Hände eifrig und fieberhaft hantierten, blickten seine Augen immer wieder in heißer Erregung zur Tür hin. Nur jetzt keine Störung, dachte er flehend. Ich brauche nur noch ein paar Stunden Zeit. Um zehn Uhr spätestens werde ich das Hotel verlassen. Dann habe ich alles hinter mir; diese Aufregungen und Ängste, die Furcht vor der Polizei, die verzweifelte Ohnmacht gegenüber einem Mörder. Er schloß seinen Koffer ab. Er schielte wieder nervös zur Tür. Jeden Moment erwartete er den Besuch dieses gefürchteten Kommissars. Bei jedem Geräusch, das in der Halle erklang, fuhr er erschreckt herum. Er hatte seine Nerven nicht mehr in der Gewalt. Er war ein armseliges, gehetztes Menschenbündel.
    Als plötzlich das Telephon schrillte, unterbrach er seine fieberhafte Tätigkeit. Er starrte mißtrauisch auf den Apparat. Sollte er das Gespräch überhaupt noch annehmen? War es nicht besser, das monotone Glockensignal einfach zu überhören? In ein paar Stunden war er ja sowieso schon weit von diesem Hotel entfernt. Warum sich also noch die Mühe machen? So dachte er.
    Aber dann dauerte ihm das Läuten doch zu lang. Es machte ihn verrückt. Er ging zum Apparat und nahm den Hörer ab. „Clement Rembolt“, murmelte er in die Sprechmuschel.
    „Hier ist Sidney Romer“, klang es zurück. „Ich bin in meiner Wohnung, Mr. Rembolt. Sie wissen ja, daß ich in den letzten Tagen kaum noch aus dem Haus gekommen bin.“
    „Ja, Sir. Das weiß ich. Kann ich etwas für Sie tun?“
    „Hm“, murmelte Sidney Romer. „Ich erwarte Sie zum Bericht, Mr. Remblot. Es gibt Verschiedenes zu besprechen. Kommen Sie bitte nach oben!“ Clement Rembolt zauderte eine Weile. Hatte es noch einen Sinn, auf diese Weise seine Zeit zu vergeuden? Sollte er den anderen nicht einfach auf morgen vertrösten?
    Aber dann erinnerte er sich plötzlich, daß ihn Sidney Romer immer gut behandelt hatte. Er verdiente es nicht, daß man ihn belog.
    „Gut, ich komme“, sagte deshalb Clement Rembolt nach längerer Pause. „Ich bin in ein paar Minuten bei Ihnen.“
    Er schloß im Büro alles ab und machte sich kurz nachher auf den Weg. Als er durch die Halle schritt, zeigte die elektrische Uhr die neunte Abendstunde. Hastig steuerte er auf den Lift zu. Er brauchte keinen Boy. Er konnte allein nach oben fahren. Er war schon dabei, die Tür des Aufzugs zu öffnen, da lief ihm unvermittelt Daisy Horway in
    den Weg. Sie trug ein weißes Zierschürzchen und hochhackige Schuhe, die kokett über das Parkett klapperten.
    „Haben Sie heute Nachtdienst?“, fragte Clement Rembolt flüchtig.
    „Yes, Sir. Mein Dienst endet um ein Uhr morgens.“
    „Ach“, sagte Clement Rembolt, „das trifft sich gut. Bringen Sie mir doch bitte nachher eine Aufschnittplatte nach oben, Miss Horway. Ich habe noch nichts gegessen.“
    „Was heißt nach oben?“, fragte Daisy Horway schnippisch. „Wollen Sie am Vereinsabend der Wölfe teilnehmen? Oder sind Sie in einem Fremdenzimmer zu finden?“
    „Unsinn“, sagte Clement Rembolt kurz angebunden. „Ich bin bei Mr. Romer. Bringen Sie die Platte bitte in seine Wohnung.“
    Er wartete keine Antwort mehr ab. Er hatte es auf einmal merkwürdig eilig. Er schloß die Tür der Kabine, drückte auf den Knopf und fuhr in den fünften Stock empor.
    Im Korridor brannte Licht. Die Wohnungstür Sidney Romers war nur angelehnt. Man erwartete ihn also bereits. Ohne Aufenthalt ging Clement Rembolt auf die Tür zu, trat in die Wohnung ein und schritt langsam durch den Korridor. Er wird an seiner Bar sitzen, dachte er. Meist trinkt er dort bis spät in die Nacht hinein, obwohl es ihm streng verboten wurde. Na, mir kann es egal sein. Morgen weiß ich nichts mehr davon. Ich werde alles vergessen. Er ging in die Bar, aber sie war leer. Auf den violetten Hockern saß kein Mensch. Die Flaschen standen sauber in Reih und Glied. Sie waren noch nicht einmal angebrochen. Kein Mensch hatte sie berührt.
    „Hallo, Mr. Romer!“, rief er ärgerlich. „Wo sind Sie denn? Ich bin hier, Clement Rembolt.“
    Unschlüssig ging er auf
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