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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition)
Autoren: Martin Romey
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Pflegekassen waren leer, der Staat hatte aber weiterhin die politische Verpflichtung eine lebenserhaltende Grundversorgung zu bieten. Dem standen zwar die enormen Investitionskosten für das BSS-Programm im Weg. Mit den zu erwartenden gewaltigen Personaleinsparungen hätte sich das Ganze aber schnell gerechnet. Darüber hinaus hatte die verheerende Sozial- und Rentenpolitik der letzten Jahre zu einem rapiden Anstieg der Verbrechensrate geführt. Insbesondere die Beschaffungskriminalität wuchs in erschreckendem Ausmaß. Viele der alten Menschen konnten sich ihre Medikamente nicht mehr leisten und brachen für sich, Freunde und Verwandte in Apotheken und Krankenhäusern ein. Diesen Trend erkannten auch viele der arbeitslosen jungen Generation und bedienten neben dem eigenen Bedarf auch einen gut florierenden Schwarzmarkt der Alten . Die Generationenzusammenkunft hatten sich die Politiker in ihren Planspielen sicherlich anders vorgestellt. Aber sie funktionierte!
    Kurz nachdem ich mich auf Drängen meines Anwalts Thomas für das Projekt gemeldet hatte, wurde der Clip abgesetzt. BSS hatte seine sieben Versuchskarnickel im Sack. Und eines davon war ich! Nur wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welche folgenschwere Entwicklung diese Entscheidung mit sich bringen würde.

Bruder Martin
    Ein Klopfen an der Tür forderte meine Aufmerksamkeit ein. Hoffentlich nicht Mosquito! Erstaunlich wie schnell mein Hirn ihn mit Angst assoziiert hatte …
    Ein Mittdreißiger mit braunem Haar und einer klassischen Prinz-Eisenherz-Frisur steckte seinen Kopf herein. »Hallo, ich bin Bruder Martin, Ihr Gefängnisseelsorger und möchte mit Ihnen über Gott und wie dieses Gefängnis Sie zu ihm führen kann sprechen.«
    Ich atmete auf, zum Glück nur ein Seelenhirte, der hilflose Opfer missionieren wollte. Er betrat den Raum und stellte sich mitten in das Zimmer, sodass jeder ihn sehen konnte.
    »Ich bin zum einen hier, um Ihnen seelischen Beistand bei Ihrer langen und beschwerlichen Reise durchs Tal der Läuterung zu geben. Zum anderen möchte ich Sie mit Ihrem künftigen Tagesablauf und Ihren Holo-Flat-Pads , also Ihren 3-D-Flachbildschirmen, vertraut machen.« Über den Betten meiner Zimmer-, oder sollte ich besser Zellengenossen sagen, schwebten bereits flirrende Holografien. Allerdings nur über den Betten zu meiner Linken, also Nr. 1 bis 4. Ich kannte ihre Namen nicht, deshalb nannte ich Sie von der Fensterseite her aufsteigend Nr. 1 bis 4 . Über mir und zu meiner Rechten leuchteten lediglich die Stand-By-Dioden der Holo-Flat-Pads. Nr. 7 hatte man vermutlich irgendwann in der Nacht in seinen neuen Wirkungskreis gesc hoben.
    Aus meinen Augenwinkeln konnte ich über Nr. 1 und Nr. 2 die Holografie von Jesus am Kreuz er kennen. Über Nr. 3 sah ich die Kaaba und eine Menschenmenge, die diese in ein er Hadsch umrundete. Es beeindruckte mich tief, dass man sogar die dabei aufgewirbelten Staubwolken sehen konnte, sodass mich unwillkürlich ein leichter Hustenreiz überkam.
    Über meinem unmittelbaren Bettnachbarn, Nr. 4 , war die äußerst plastische Holografie eines indisch en Brahmanen mit langen, hochgesteckten Haaren zu sehen, der über einen kleinen runden Altar gebeugt unhörbare Worte murmelte. Ich musste unwillkürlich an Prinzessin Lea aus Krieg der Sterne denken, die als flirrende Holografie dem kleinen Roboter R2-D2 eine geheime Botschaft mit auf den Weg gab.
    Aber vor uns stand nicht Luke Skywalker, sondern Bruder Martin, der mich vom Aussehen her deutlich stärker an Mister Bean erinnerte. Allerdings bei Weitem nicht so lustig … nein, eigentlich alles andere als lustig.
    Während meines Gedankenspaziergangs war ich seinen Worten nicht gefolgt und stieg damit wieder mitten in seiner Rede ein. »… bin katholischer Priester und sowohl für den normalen Gefängnistrakt als auch das Sonderprojekt BSS zuständig. Ich selbst habe die religiösen Lerninhalte für die erste Weltreligion, das Christentum, für Sie zusammengestellt.«
    Er machte eine kleine Pause, um die eben gesagten Worte im Raum schweben zu lassen und seinen Stolz darüber zu bän digen. »Nach wie vor sind wir mit 2,1 Milliarden Anhängern die absolute Nr.1 in Glaubensfragen! Weit abgeschlagen folgt der Islam mit etwa 1,3 Milliarden Anhängern. Die Nr. 3 ist der Hinduismus mit circa 850 Millionen Anhängern. Fast schon nicht mehr nennenswert ist der Buddhismus mit etwa 375 Millionen Anhängern. Und das Schlusslicht bildet das Judentum mit etwa 15 Millionen
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