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Können diese Augen lügen?

Können diese Augen lügen?

Titel: Können diese Augen lügen?
Autoren: A Larkin
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dazugehört und tue es bis heute nicht. Aber zu Nat habe ich gepasst.«
    Ich erinnerte mich daran, wie Diane auf Moms Krankenhausbett gelegen und Mom in den Armen gehalten hatte. Meine Mom hatte so klein und zerbrechlich gewirkt. Sie bestand nur noch aus papierdünner Haut und Knochen, aber sie sah aus wie von einem tiefen inneren Frieden erfüllt.
    Ich hatte den Raum nur für kurze Zeit verlassen. Nachdem ich tagelang bei Mom gesessen, ihre Hände gehalten, mir von Diane und Janie Essen hatte bringen lassen und mich am Waschbecken mit einem Schwamm flüchtig gewaschen hatte, war ich mit Janie spazieren gegangen, weil ich dringend frische Luft brauchte. Als wir zurückkamen, war Mom tot. Seit diesem Moment hatte ich Diane gehasst, weil sie diejenige gewesen war, die sie gehalten und die letzten Sekunden mit ihr verbracht hatte. Aber vielleicht hatte Mom bewusst gewartet, bis ich aus dem Zimmer gegangen war. Vielleicht hatte sie nicht gewollt, dass ich den Moment ihres Todes miterlebte. Vielleicht hatte sie mich beschützen wollen, und vielleicht wollte auch Diane gar nichts anderes.
    Ich schielte zu ihr hinüber. Sie wirkte härter als früher; ihre Züge waren verspannt, ihre Augen blickten traurig. Ich fragte mich, ob sie seit dem Tod meiner Mutter auch nur ein einziges Mal von Herzen gelacht hatte.
    Die beiden hatten lachen können, bis sie hochrot im Gesicht waren und ihnen die Tränen über die Wangen liefen. Man konnte kein Wort von dem verstehen, was sie sagten, aber man merkte, dass sie sich genau verstanden. Es war eines meiner Lieblingsgeräusche gewesen. Ich hatte es geliebt, im Bett zu liegen und ihrem Gelächter im Wohnzimmer zu lauschen.
    » Nat war so stark– sie hat deinen Vater verlassen und sich ein eigenes Leben aufgebaut.« Diane nippte an ihrem Drink. » Ich habe Charles geheiratet, weil mir nichts anderes übrigblieb. Meine Eltern konnten es sich nicht leisten, mich noch länger auf dem College zu lassen. Ich wollte nicht zu ihnen zurück, und ich sah auch keine anderen Möglichkeiten. Charles tauchte im Klub auf, er war älter als ich und bereit zu heiraten. Seine Eltern lehnten mich ab, aber als ich schwanger wurde, war die Sache entschieden, und sie mussten sich damit abfinden.« Sie ließ den Bourbon in ihrem Glas kreisen.
    » Du bist stark«, versicherte ich ihr. » Mom hat immer gesagt, du wärst eine Macht, mit der man rechnen muss.« Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass wir wie zwei erwachsene Menschen miteinander sprachen.
    » Vielleicht habe ich nur aus dem, was ich hatte, das Beste gemacht«, meinte Diane nachdenklich. » Aber ich habe mich immer gefragt, was aus mir geworden wäre, wenn ich den Mut gehabt hätte, mich wie Nat auf meine eigenen Füße zu stellen. Sie war ein besserer Mensch, als ich es je sein kann.«
    Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass sie zu weinen begonnen hatte.
    » Deswegen habe ich auch dieses Geld für dich gespart«, bekannte sie. » Ein paar Aktien, ein paar Sparbriefe. Ein bisschen hier, ein bisschen da, sodass Charles nichts bemerkt hat.«
    » Warum hast du behauptet, es wäre Geld aus einer Lebensversicherung?«
    » Ich wollte nicht, dass du das Gefühl hast, in meiner Schuld zu stehen, und ich war mir nicht sicher, ob du es genommen hättest, wenn ich dir die Wahrheit gesagt hätte. Ich wollte nicht, dass es dir so ergeht wie mir. Du solltest dein Studium abschließen und einen Mann finden, den du liebst. Ich wollte nicht, dass du dich fühlst, als wärst du in eine Falle geraten, nur weil du hier, in unmittelbarer Nähe von Geld, aufgewachsen bist und es deshalb vielleicht einfacher finden könntest, jemanden zu heiraten, der für dich sorgt.« Sie sah mich an. Ihre Wangen schimmerten feucht. » Ich wollte dieses Feuer und diese Unabhängigkeit nicht erlöschen sehen. Diesen Teil von dir hast du von Nat geerbt, und von ihr habe ich schon zu viel verloren.«
    » Danke Diane.« Ich hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. » Danke.«
    Sie wischte sich die Tränen ab und atmete tief durch. » Obwohl ich das Geld aus den richtigen Gründen für dich gespart habe, habe ich es dir vielleicht nicht zum richtigen Zeitpunkt gegeben. Ich kann verstehen, warum du so wütend warst. Wahrscheinlich hattest du das Recht dazu.« Sie schnüffelte.
    Das kam einer Entschuldigung näher, als ich es je von Diane erwartet hätte.
    » Du hast mir mein Foto zurückgegeben«, murmelte ich. » Ich dachte, du wolltest nichts
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