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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd
Autoren: Jack Higgins
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Westen an die Alliierten weitergegeben zu haben, was dem Gegner - wenn es stimmte - allerdings wenig genützt hatte.
      »Nun, was ist los, Schellenberg? Worüber möchten Sie reden? Ich weiß inzwischen, daß Ihr Geist immer irgendwelche Umwege gehen muß. Spucken Sie es aus.«

      »Ich hätte gern gewußt, ob Sie eine persönliche Meinung über den Herzog von Windsor haben«, sagte Schellenberg. Canaris lachte laut. »Hat Ribbentrop Ihnen diesen Floh ins Ohr gesetzt? Mein Gott, er ist wirklich vernarrt in Sie.«
    »Sie wissen also Bescheid?«

      »Natürlich. Er erschien gestern höchstpersönlich bei mir. Er weiß, daß wir eine Organisation in Lissabon haben. Er dachte offenbar, wir könnten die Sache allein in die Hand nehmen.«

    »Und warum können Sie das nicht?«
      »Unser dortiger Agent ist ein deutscher Geschäftsmann, der unter dem Deckmantel einer florierenden Im- und Exportfirma arbeitet. Er wird bei der Abwehr als A 1416 geführt.«
      »Ja, ich habe ihn kennengelernt, als ich letztesmal in Lissabon war.«
    »Der Secret Service kennt ihn, glaube ich, als Hamlet.«

      »Ein Doppelagent? Warum haben Sie ihn dann nicht liquidiert?«
    »Weil er meinen Zwecken dient. Füttert sie dann und wann mit den Informationen, die ich ihnen unterjubeln will. Wie definiert man solche Spielchen doch gleich? ›Wir wissen, daß ihr wißt, daß wir wissen, daß ihr wißt.‹ Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß ich ihm unmöglich eine
      Operation Windsor übertragen kann. Er würde die Briten sofort einweihen.«
    »Und ist das Ihr einziger Grund?«

      »Nein - ich halte die ganze Angelegenheit zudem für ausgemachten Blödsinn. Eine ganze Reihe von Vorfällen, an denen der Herzog beteiligt war, ist hoffnungslos falsch interpretiert worden. Nur ein Beispiel: Als er vor einigen Jahren in einer Rede vor der British Legion anregte, es sei langsam an der Zeit, daß die englischen Veteranen des Ersten Weltkriegs ihren damaligen deutschen Gegner kameradschaftlich die Hand reichten, wurde das von einigen unserer besonders einfältigen Politiker mehr oder weniger als Zustimmung zum Nationalsozialismus gewertet. Reines Wunschdenken. Außerdem glaube ich, daß der Führer sich irrt, wenn er die Deutschlandreise, die der Herzog vor zwei Jahren gemacht hat, als Indiz für eine ähnliche Zustimmung deutet. Darf ich Sie vielleicht daran erinnern, daß viele führende Politiker des Auslands das Reich besucht haben? Sind die deshalb alle heimliche Nazis?«
      »Sie sind also der Ansicht, der Herzog würde sich nicht im geringsten für unsere Avancen interessieren?«
      »Er hat viel deutsches Blut in den Adern, er spricht unsere Sprache fließend, und ich glaube, er mag uns. Aber ich persönlich meine, daß seine Sympathie vor der NSDAP haltmacht. Habe ich Sie schockiert?«

      »Keineswegs, Herr Admiral. Ich habe Sie um Ihre Meinung gebeten, und Sie hatten die Güte, sie mir zu sagen. Ich werde Ihr Vertrauen nicht mißbrauchen.«

    Sie gingen wieder zurück zum Wagen. Canaris bemerkte: »Noch ein Wort. Lesen Sie genau durch, was der Herzog im Ersten Weltkrieg gemacht hat. Ein überaus tapferer Mann. Trotz der ausdrücklichen Befehle seines Vaters, ihn von den Kampfhandlungen an der Westfront fernzuhalten, tat er nichts lieber, als bei seinen Landsleuten zu sein, und dafür achteten und liebten sie ihn. Einer der Hauptgründe für seine ungewöhnliche Popularität. Er begab sich immer geradewegs zu den Schützengräben. Wußten Sie, daß seine Adjutanten sich einmal offiziell deswegen beschwerten? Sie argumentierten, es sei ja gut und schön, wenn er es mache, das dumme sei aber, daß sie ihm durch das Granatfeuer folgen müßten.«
      »Das gefällt mir«, antwortete Schellenberg. »Es sagt mir mehr über den Mann als alles andere.«
      »Schellenberg, in dieser Angelegenheit verschwendet der Führer nur seine Zeit. Wir haben es mit einem Mann zu tun, der lieber auf einen Thron verzichtete, als die Frau zu verraten, die er liebte. Können Sie sich wirklich vorstellen, daß er sein Land verraten würde?«
      In Estoril saß die Herzogin vo n Windsor im Garten der rosa Stuckvilla über dem Meer am Swimmingpool. Sie las Sturmhöhe von Emily Bronte, einen ihrer Lieblingsromane, und war so sehr in die Lektüre vertieft, daß sie nicht gleich merkte, wie der Herzog, der eben aus dem Haus getreten war, neben ihr stehenblieb.

      Dann blickte sie auf und nahm die Sonnenbrille ab. »Oh, David, du hast mich
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