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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)
Autoren: Tom Wolf
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Vergangenheit ihrer toten Gönnerin bei sich bewältigen sollte, war Marie an die Stelle der Witwe Stolzenhagen getreten und führte die Handlung, die ihr die mörderische Freundin hinterlassen hatte, mit wachsendem Eifer. Sie suchte sich mit dem Gedanken an die schönen Vögel, die ihr von Beeren geschenkt hatte, von den Geschehnissen auf der Richtstätte abzulenken. Ein Weiteres tat die bevorstehende Hochzeit, an die zu denken sie trotz aller Schrecknisse in einen Zustand angenehmen Schwebens versetzte.
    Von Beeren hatte sich durchaus nicht leichtfertig zu diesem Schritt entschlossen, da seine standesbewusste Verwandtschaft alles andere als glücklich war über seine Absicht, eine Bürgerstochter zu ehelichen. Doch ihre frische, starke Liebe siegte über alle Versuche, sie jetzt noch zu trennen. Langustier hatte den Baron mittlerweile ganz ins Herz geschlossen. Und eine gute Partie war er obendrein. Das schmucke Hofgut Großbeeren, welches Langustier inzwischen mehrfach besehen hatte, lieferte seinem Besitzer ein stattliches Jahreseinkommen, und in den Geschäften, die Marie nun übernommen hatte, konnte ihr der Bräutigam mit glücklichem Gespür als Financier und Berater beistehen, ohne ihre Eigenständigkeit anzutasten und ihr den Erfolg zu neiden.
    Die eigene Zukunft stellte sich Langustier weit weniger rosig dar. Der König hatte sich wie es schien, vom flötenschwingenden Musenfreund zum waffentragenden und problemwälzenden Griesgram gemausert. Der Zweite Hofküchenmeister war nahe daran, seine neue Kochjacke mit der königlichen Krone wieder an den Nagel zu hängen und nach Straßburg zurückzufahren, alleine, versteht sich, denn für Marie war hier gut gesorgt. Der Pächter des ›Rabenhofs‹ würde sich wieder in seinen ›Postillion‹ zurückziehenund ihm das angestammte Feld überlassen müssen. Aber er zauderte noch, haderte mit sich und der Welt und konnte einfach zu keinem Entschluss gelangen.
    Der neue regierende Landgraf von Hohenfließ, der ihm über die Maßen sympathisch vorkam und ihn durch seine Menschenfreundlichkeit und Toleranz verzauberte, hatte ihn zu einer äußerst freundlichen Aussprache geladen und sich mit bewundernswürdigem Sachverstand über alle Gegenstände der Natur, der Wissenschaft und Technik zu verbreiten gewusste. Kurzum, er hatte ihn vor die Wahl gestellt, weiter für den König in Preußen zu arbeiten oder aber Berlin mit Hohenfließ zu vertauschen. Langustier fühlte sich gebauchpinselt, druckste aber unentschlossen herum und war bemüht, Zeit zu gewinnen. Lange sprach er daher mit dem Fürsten über den Eindruck, den dieser vom König gewonnen hatte, und über Hohenfließens Hoffnung und Chancen, Brandenburg dauerhaft auf artige Distanz halten zu können.
    Und dann endlich die Hochzeit. Das winzige Rheinsberg paradierte mit allem königlichem Gepränge, das nur irgend zu mobilisieren war. Dutzende von Lakaien hatten den Spiegelsaal des adretten, wie aus Karamel getriebenen Schlösschens auf Hochglanz gebracht, so dass sich die versammelten Gäste virtuell ins Unzählbare vervielfältigten, sobald sie in eine der fünf Spiegelachsen zwischen den hohen Fenstern traten. Die Spiegel waren auch sehr nötig, um den Raum zu vergrößern, denn unter einem Saal in einem Schloss stellte man sich gemeinhin etwas Geräumigeres vor.
    Der König, die Königin, die Markgräfin von Bayreuth nebst Ehegatten, der Landgraf von Hohenfließ und sein Botschafter sowie zahlreiche Damen vom Hofe der Königinmutter waren anwesend, um der Tochter des verdienten Sonderkommissars die Ehre zu erweisen, die ihr natürlich schon allein aufgrund ihres bezaubernden Äußeren und ihrer strahlenden Jugend zustand.
    Huld und Laune des Königs hatten wieder einmal sämtliche Konventionen beiseite gerückt, die ein nicht ganz standesgemäßes Hochzeitsfest in diesen Räumen schlechterdings nur als eine Schimäre hätten in Betracht kommen lassen.
    Der Erste Hofküchenmeister, inzwischen über die zurückliegenden anderweitigen Beschäftigungen seines Kollegen in Kenntnis gesetzt, ließ allerlei Köstlichkeiten als Buffet auffahren: Seeigel in Weißweinsauce, Jakobsmuscheln, Langusten – ein reichlich vordergründiger, doch vom königlichen Sonderkommissär durchaus mit spitzbübischem Lächeln goutierter Scherz –, kandierte Kalbszungen, Lammherzragout, Hirschlende mit Haselnußcreme, Kaninchenschlegel in Cumberlandsauce sowie Preiselbeer-Kirsch-Kompott.
    Braut und Bräutigam drehten sich zur Tanzmusik
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