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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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gefährlichem Geschwafel. Irre Mythen und abstruse Legenden sind harte Währung in unserer Kultur, gleich Passwörtern oder Codeschlüsseln zum Überleben. Nicht mal ein tollwütiges Untier würde sein Kind mit Hassgefühlen gegen den Weihnachtsmann oder Jesus oder die Zahnfee in die Schule schicken. Das wäre unfair. Wie ein Leprakranker würde er (oder sie) von den Klassenkameraden & sogar den Lehrern ausgegrenzt und verachtet werden, und mit guten Zeugnissen käme er gewiss nicht nach Hause. Schon eher wird er sich darauf verlegen, schwarze Regenmäntel zu tragen & beunruhigende Witze über Rohrbomben zu reißen.
    Absonderliches Verhalten ist bei cleveren Kindern ganz natürlich, etwa so wie Neugier bei einem Kätzchen. Auch mir war es nicht fremd, damals als Junge in Kentucky. Ich war immer auf neue Abenteuer aus, und das führte mich schon bald in ein Labyrinth komplexer Verhaltensexperimente, die zu erklären meine Eltern sich schwer taten. Ich war ein allgemein beliebter Junge mit annehmbaren Noten & einer einigermaßen verhei-ßungsvollen Zukunft, aber ich war gestraft mit einem schwarzen Humor, der vielen Erwachsenen Angst einjagte, ohne dass sie hätten genau sagen können, warum …
    Außerdem war ich ein jugendlicher Straftäter. Ich war Billy the Kid aus Louisville. Ich war »kriminell«: Ich stahl, zerstörte mutwillig, trank. Mehr muss man als Krimineller ja auch nicht tun. In der sechsten Klasse wurde ich zum Chef der Schülerlotsen gewählt – der Kids, die Abzeichen tragen, während der Pausen den Verkehr regulieren und auf Streife gehen. Das war eine verantwortungsvolle Stellung, und die Rektorin war sauer, dass man mich gewählt hatte. Sie sagte: »Das ist ja grässlich. Es geht nicht an, dass Hunter solche Aufgaben übernimmt. Er ist ein kleiner Hitler .« Ich war nicht sicher, was sie damit meinte, vermutlich, dass es in meiner Natur lag, auf viele meiner Mitschüler Einfluss auszuüben; und wahrscheinlich auch, dass ich mich
zum Wohle der Gesellschaft einer Lobotomie hätte unterziehen sollen.
    Ich habe mir von jeher ausgemalt, einmal am Rande der Gesellschaft zu existieren, Mitglied einer sehr kleinen Gruppe von Outlaws, von Gesetzlosen, zu sein. Ich wurde nie von irgendeiner Mehrheit anerkannt. Die meisten Menschen nehmen an, dass es schwierig sei, so zu leben, und da haben sie Recht – man versucht nach wie vor immer wieder mal, mich einzulochen. Ich habe mich auch stets davor gehütet, Menschen, die nicht gut außerhalb des Gesetzes leben können, dazu anzustacheln, ihre Fesseln abzuwerfen und Amok zu laufen. Manche sind einfach nicht für das Leben eines Gesetzlosen geschaffen.
    Rückblickend gesehen, waren die einzigen Dinge, wegen derer man mich festgenommen hat, Dinge, die ich nicht getan hatte. All die »Verbrechen«, die ich begangen habe, waren mehr oder weniger dem Zufall zuzuschreiben. Jedes Mal, wenn man mich erwischte, war ich gerade am falschen Ort und handelte im Übereifer. Es herrschte einfach das allgemeine Gefühl, man dürfe mich nicht ungeschoren davonkommen lassen.
     
     
    Es mag durchaus sein, dass jede Kultur eine Art Gott der Gesetzlosen braucht, und vielleicht bin das im Moment ja ich. Wer weiß? Ich hab diesbezüglich keine Studien betrieben, sondern die Idee überfiel mich blitzartig, als ich in der Saturday Review vom Januar /Februar 1984 Peter Whitmers Artikel über mich las.
    Mir fallen Lono ein, Robin Hood & Bacchus & die Griechen mit ihren fetten Knaben & die Iren mit ihrer zügellosen trunkenen Verehrung dem Untergang geweihter Helden … Jesus Maria, ich wette, dass sogar die Schweden so was wie einen Outlaw-Gott haben.
    Nur in der Heiligen Schrift werden, glaube ich, keine anständigen Gesetzlosen erwähnt – hauptsächlich wegen der Kirche & all ihrer Ableger, die samt und sonders an uneingeschränkte Bestrafung
sämtlicher Sünder glauben. Die Bibel macht keine Ausnahmen für Gesetzlose mit sozialem Gewissen. Alle werden im Höllenfeuer schmoren. Strafe muss sein. Scheiß auf diese Leute.
     
     
     
    (PAUSE WEGEN UNTERBRECHUNG)
     
     
     
    Entschuldigung, aber da kam gerade ein Anruf von Newsweek in New York. Man wollte wissen, was ich von dem heute abgewickelten »schockierenden Mutombo/Van Horne-Tauschhandel« hielte, einer folgenschweren Verschiebung der Kräfteverhältnisse in der NBA East, von der ich nur am Rande etwas mitbekommen hatte. Sie bedeutete, dass die 76er diesen schrillen Albinoschlaffi loswurden, der in entscheidenden
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