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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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riesige, schwere, grüne Tresore, die wie römische Meilensteine entlang der örtlichen Busstrecken standen und selten, wenn überhaupt je, bewegt wurden. Ich war kaum groß genug, um an den Einwurfschlitz zu reichen, geschweige denn kräftig genug, um das Mistding umzukippen und vor einen Bus zu stoßen. Unmöglich hätte ich dies Verbrechen ohne die Hilfe anderer bewerkstelligen können. Und genau darum ging es ihnen: Sie wollten Namen und Adressen, am besten gleich mit einem vollständigen Schuldgeständnis. Sie wüssten bereits, dass ich schuldig sei, sagten sie, denn andere Missetäter hätten mich verpfiffen. Meine Eltern ließen die Köpfe hängen, und ich sah, dass meine Mutter weinte.
    Ich war es gewesen, klar, und ich hatte jede Menge Hilfe dabei gehabt. Er war sorgsam ausgeheckt worden, dieser hinterhältige Plan, und er wurde mit jenem teuflischen Geschick ausgeführt, das smarte neunjährige Jungen an den Tag legen können, wenn sie zu viel Zeit haben und nach Rache an einem ebenso blöden wie fiesen Busfahrer dürsten, der sich einen Spaß daraus machte, die Türen zu schließen und in dem Moment loszufahren, wenn wir außer Atem und taumelnd die Anhöhe erreichten und ihn anflehten, uns noch einsteigen zu lassen … Er war neu, wahrscheinlich ein hirnamputierter Ersatzmann für unseren regulären Fahrer, der stets freundlich war und nett und immer bereitwillig ein paar Sekunden auf Kinder wartete, die nicht zu spät in den Unterricht kommen wollten. Alle Kids in der Nachbarschaft waren einhellig der Meinung, dass dieser Schweinehund von
Aushilfsfahrer ein Sadist war, der eine Strafe verdient hatte. An den Hawks A.C. war es, ihm diese zu verabreichen. Und wir sahen das eher als unsere Pflicht an denn als Dummejungenstreich. Es war ein dreister Anschlag auf die Ehrbarkeit der gesamten Nachbarschaft.
    Wir würden Seile brauchen und Flaschenzüge, aber ganz gewiss brauchten wir keine Zeugen, um die Sache vernünftig durchzuziehen. Wir mussten das eiserne Monstrum so weit kippen, dass es perfekt ausbalanciert war, um genau in dem Moment zu fallen, wenn der Blödmann mit dem gewohnt unverschämten Tempo in die Haltestelle rauschte. Alles, was den Briefkasten mehr oder wenig aufrecht hielt, war die »unsichtbare« Leine in meiner Hand, die wir mit aller Sorgfalt von der Stra-ßenecke aus über mehr als zehn Meter Rasen bis zu der Stelle gespannt hatten, wo wir versteckt im Buschwerk hockten.
    Unsere Konstruktion erwies sich als perfekt. Der Mistkerl kam pünktlich und fuhr viel zu schnell, um noch anhalten zu können, als der Briefkasten vor ihm runterkrachte … Der Zusammenprall verursachte einen furchtbaren Lärm, als sei eine Bombe detoniert oder in Deutschland ein Güterzug in die Luft geflogen. Zumindest klingt es in meiner Erinnerung so. Es war das schlimmste Getöse, das ich je gehört hatte. Die Leute kamen verängstigt wie aufgescheuchte Hühner aus ihren Häusern gestürzt und schrien hysterisch herum, während der Fahrer aus seinem Bus torkelte und im Gras zusammensackte … Wie gewöhnlich befanden sich so kurz vor der Endstation keine Fahrgäste mehr im Bus. Der Mann war unverletzt, aber er schäumte vor Wut, als er uns entdeckte und mit ansehen musste, wie wir den Abhang hinunter flohen und in einer nahe gelegenen Gasse verschwanden. Blitzartig wurde ihm klar, wer die Täter waren, und den meisten Nachbarn ebenso.
    »Warum noch leugnen, Hunter?«, sagte einer der FBI-Agenten. »Wir wissen sowieso genau , was am Sonnabend dort oben an der Ecke geschehen ist. Deine Kumpel haben bereits gestanden,
Junge. Verpfiffen haben sie dich. Wir wissen, dass du es warst. Also lüg uns nicht an und mach dadurch alles nur noch schlimmer für dich. Es wäre doch schade, wenn ein netter Junge wie du in einem Bundesgefängnis endet.« Er griente und zwinkerte meinem Vater zu, der mich anfauchte: »Sag die Wahrheit, verdammt! Lüge diese Männer nicht an! Sie haben Zeugen !« Die FBI-Agenten nickten einander grimmig zu und bewegten sich in meine Richtung, als wollten sie mich in Gewahrsam nehmen.
    Es war ein magischer Moment in meinem Leben, ein prägendes Erlebnis, und das wäre es wohl auch für jeden anderen neunjährigen Jungen gewesen, der in den vierziger Jahren nach dem 2. Weltkrieg aufwuchs – und ich entsinne mich noch deutlich, wie ich dachte: Das war ’ s dann also. Die sind Spezialagenten vom FBI …
    KRAWUMM! Es war wie ein Blitzschlag, der den Himmel für drei oder vier schockierende
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