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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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Ihnen das bloß erklären? Sie können nicht alleine weitermachen. Der Frau Siebl geht es darum, dass es nur noch eine Hochzeitszeitung gibt, die der Rundschau nämlich.“
    „Mir kann niemand verbieten, weiterzumachen. Das Konzept habe ich entwickelt.“
    „Ja schon, aber das Ganze läuft doch auf mein Geschäft. Sie haben ja nicht einmal einen Vertrag. Tut mir leid, dass ich das so deutlich sagen muss. Wenn meine Firma künftig mit der Rundschau kooperiert, dann...“
    „Was dann?“
    „Na ja, nur vorsichtshalber, ich soll Ihnen von der Frau Siebl ausrichten, dass sie dann notfalls auch vor Gericht geht.“
    „Wieso, gibt es etwa ein Patent auf die Idee? Mit gerichtlichen Schritten wird bei der Rundschau außerdem andauernd gedroht, das ist nur heiße Luft.“
    „Machen Sie es sich doch nicht selbst so schwer, lieber Herr Sahm. Ich denke, was Besseres kann Ihnen gar nicht passieren. Sie können doch viel mehr als nur Hochzeitszeitungen machen. Sie sollten nach Höherem streben.“
    Lothar Sahm riss die Ladentür auf.
     
    „Das müssen Sie schon mir überlassen!“ Und mit einem Satz war er draußen. Den ersten Häuserblock entlang war er zu allem entschlossen. Um die Ecke, über die Straße und den zweiten Häuserblock entlang zwang er sich zu Einkehr und Besonnenheit: nicht einfach reinplatzen und die ganze Wut und Empörung rauslassen – taktisch vorgehen. Die nächsten fünf Häuserblocks entlang ordnete er sich seine Taktik zurecht. Zwei weitere Häuserblocks entlang verlor sein Eilschritt an Vorwärtsdrang, und er fragte sich, ob er wirklich wollte, was er mit dieser Taktik zu erreichen gedachte. Als er schließlich vor dem Haupteingang zum Redaktionstrakt der Wallfelder Rundschau stand, war ihm weder nach Reinplatzen noch nach Taktik zumute. Ellens Zettel kam ihm in den Sinn: „Diesmal ist es viel, viel besser!!!“
    Er machte kehrt und schlug den Weg zum Campingplatz ein.
     
    Ellen sortierte Dias auf einen Leuchtkasten, als er die Tür ihres Wohnwagens aufzog. Sein Lächeln war echt, er freute sich, sie zu sehen, und erkannte ein bisschen erstaunt über sich selbst, dass er sie und ihr beengtes Reich vermisst hatte. Ellen lächelte nicht, sie schaute ihn nur an.
    „Ich habe deine Nachricht bekommen.“
    „Du meinst die von vorvorgestern.“
    „Ja, ich weiß, ich habe es nicht früher geschafft.“
    „Hat sich inzwischen erledigt.“
    „Ach so, na ja, schade – was wäre es denn gewesen?“
    „Liest du keine Zeitung? Stand doch heute alles groß in der Rundschau.“
    „Nein, ich hab eigentlich seit Wochen nicht mehr... Aber sag mal, hast du was? Ich meine, erst dieser übersprudelnde Brief, und jetzt...“
    Ellen lehnte sich zurück.
    „Als ich gestern meinen Bericht in die Redaktion brachte, habe ich diese Liane Czibull kennengelernt. Stimmt es, dass du der anvertraut hast, du findest mich abstoßend?“
    „Was?“
    „Mal eine Nacht mit mir, darauf lässt du dich vielleicht ein, aber auf Dauer wäre es mit einer Chaotin wie mir nicht auszuhalten und so weiter. Die hat mir das vor versammelter Mannschaft an den Kopf geworfen. Und es klang, als hättest du mit der monatelang brühwarm unsere Beziehung durchgekaut.“
    Lothar Sahm schoss das Blut ins Gesicht. Er versetzte sich in Ellens Lage und begann sie zu bewundern. Er selbst, wenn ihm eine solche Gemeinheit passiert wäre, hätte mit dem vermeintlichen Verräter kein Wort mehr gesprochen oder ihn mit seinem Zorn überschüttet. Sie aber saß da und sah ihm ruhig in die Augen, einfach nur neugierig auf seine Stellungnahme.
    „Ich nehme an, du behauptest jetzt, du hast nie dergleichen gesagt.“
    „Nein.“
    „Was dann?“
    Er machte einen Schritt auf sie zu, packte sie am Handgelenk, zog sie von ihrem Sitz und hinter sich her zur Tür hinaus.
    „Hey, mein Leuchtkasten!“
    Er machte kehrt, zog den Stecker, verschloss den Wohnwagen, ergriff wieder ihr Handgelenk.
    „Was soll das? Kannst du mir nicht einfach meine Frage beantworten?“
    „Nein. Die Sache muss richtiggestellt werden, und zwar jetzt gleich.“
    Sie widersetzte sich seinem Griff.
     
    „Okay, aber ich kann alleine laufen.“
    Er ließ ihr Handgelenk los, und sie ging neben ihm her die Windungen des Campingplatzes hinab, den Radweg zum Stadtrand und durch die Vorstadtreihenhäuser ins Zentrum. Es war keine Stunde vergangen, da stand er wieder vor dem Haupteingang zum Redaktionstrakt der Wallfelder Rundschau. Diesmal nahm er entschlossen die Treppe hoch zum Portal,
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