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Knochenraub am Orinoko

Knochenraub am Orinoko

Titel: Knochenraub am Orinoko
Autoren: Cornelie Kister
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machen?«
    Abasi zuckte die Schultern und setzte ein ratloses Gesicht auf. »Ich denke, sie Gefangene.«
    »Glaubst du, sie haben sie in das Dorf gebracht, von dem der Anführer gesprochen hat? Wie hieß der Indianerstamm gleich noch mal?«
    »Guareka.«
    »Genau.« Pedro überlegte einen Moment, ehe er weitersprach. Innerhalb des Feuerkreises fühlte er sich sicher und sein Mut kehrte wieder zurück. »Wir müssen zu dem Dorf rudern. Wir müssen sie suchen!«

    Abasi schüttelte jedoch den Kopf. »Wir besser warten.«
    »Warten?« Pedro blickte Abasi bestürzt an. »Worauf denn?«
    Abasi zuckte wieder die Schultern.
    »O nein, die beiden haben uns geholfen, als wir in der Patsche waren. Jetzt müssen wir ihnen helfen.« Pedro war plötzlich voller Tatendrang. Er musste etwas tun, so viel stand fest. Nur was?
    Abasi stocherte mit hängenden Schultern im Feuer herum. Pedro betrachtete ihn. Die züngelnden Flammen tanzten über sein dunkles Gesicht und in seinen Augen spiegelte sich das Feuer. Seine Haut ist wirklich sehr dunkel, fast schwarz sogar, dachte er. In einer mondlosen Nacht könnte er sich überall unbemerkt anschleichen, niemand würde ihn sehen. Pedro stockte, denn plötzlich kam ihm eine Idee. Die heutige Nacht war eine solch mondlose Nacht. Wenn sie mit der Piroge zu dem Dorf ruderten, würden die Indianer sie kaum sehen. Und Abasi könnte sich im Schutz der Dunkelheit vielleichtsogar ins Dorf schleichen? Ob er sich das zutraute? Sie mussten herausfinden, wo die Indianer die Gefangenen hingebracht hatten. In seiner Vorstellung sah Pedro die beiden Forscher aneinandergefesselt auf dem Boden einer Indianerhütte liegen. Aber wie sollten sie sie befreien?
    Pedro überlegte fieberhaft. Er dachte an den Moment zurück, als die Indianer wegen der Knochen wutentbrannt davongelaufen waren. Voller Zorn hatten sie nach Rache geschrien, aber in ihren Gesichtern hatte Pedro auch ihre Angst erkannt. Die Knochen hatten ihnen einen wahnsinnigen Schrecken eingejagt, als ginge etwas Böses von ihnen aus. Plötzlich kam ihm ein verwegener Gedanke. Er sah Abasi an und überlegte, ob er ihn zu seinem kühnen Plan überreden konnte. Es würde nicht leicht sein, schließlich hatte Abasi selbst wegen der Skelette eine panische Angst!
    »Wir müssen es wagen!«, sagte Pedro entschlossen.
    Abasi hob überrascht den Kopf. »Was denn?«
    Obwohl es unwahrscheinlich war, dass irgendwer sie belauschte, traute sich Pedro nicht, laut zu sprechen. Er rückte näher an Abasi heran und blickte sich misstrauisch um. »Jetzt glaub ich auch schon an Geister«, schimpfte er innerlich mit sich selbst.
    »Hör zu!«, sagte Pedro mit leiser Stimme, doch mit jedem weiteren Wort, das er Abasi ins Ohr flüsterte, schüttelte dieser heftig den Kopf und kauerte sich immer mehr zusammen.
    »Nein   … Abasi nicht können! Nein«, stieß er hervor. Seine Augen waren vor Aufregung so groß und blank wie Münzen.
    »Doch, das kannst du!«, entgegnete Pedro entschieden, er rappelte sich auf und sprang hinüber zum Boot. Dort schnappte er sich die dunkelgrauen Wolldecken. Dann fiel ihm die Indianertrommel ein, die Humboldt in einer Missionsstation geschenkt bekommen hatte. »Die können wir gut gebrauchen«, sagte er zu sich selbst. Als er in der Dunkelheit nach der Trommel suchte, fand er auch das Stoffbündel mit den Knochen des Gürteltiers, das sie vor wenigen Tagen verspeist hatten. Humboldt hatte sich über das sonderbare Tier so gewundert, dass er unbedingt die lederartige Panzerhaut und die Knochen für das Berliner Museum mitnehmen wollte. Er packte diese ebenfalls ein und eilte zu Absai zurück.
    »Hier, wirf die Decke über dich, aber so, dass dein Kopf darin verschwindet. Man darf so gut wie nichts von dir sehen.«
    Abasi nahm schweigend die Decke in die Hand, rührte sich aber nicht.
    »Wir tun doch nur so!«, redete ihm Pedro gut zu. »Diese kopflosen Rayas gibt es doch gar nicht!« Doch Abasi stand so stocksteif da, als fürchtete er sich sogar vor sich selbst. »Was mach ich nur mit meinem Gesicht? Das ist so hell, da sieht man mich ja gleich«, überlegte Pedro und schaute sich flüchtig um. Da fiel sein Blick auf die schwarze Asche im Lagerfeuer. »Das ist es! Abasi komm, hilf mir. Du musst mir Gesicht und Hals mit der Asche einreiben.«
    Immer noch kopfschüttelnd färbte Abasi jeden Flecken auf Pedros Haut mit der Asche ein, bis dieser so schwarz war wie er selbst. »Pedro jetzt auch schwarzer Junge!«, sagte Abasi, wobei er erstmals
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