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Knochenraub am Orinoko

Knochenraub am Orinoko

Titel: Knochenraub am Orinoko
Autoren: Cornelie Kister
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Gebrüll aus. Pedro sah, wie Humboldt und Bonpland aus ihren Hängematten gezerrt wurden. Die beiden schrien vor Schreck laut auf. Nun hielt es Pedro in der Piroge nicht mehr länger aus. Er rappelte sich auf die Knie und wollte schon aus dem Boot klettern, als Abasi ihn energisch am Hemd packte und zu sich herunterzog.
    »Nicht!«, zischte er. »Runter!«
    »Bist du verrückt«, fauchte Pedro. »Wir müssen den beiden doch helfen.«
    Aber Abasi drückte ihn mit aller Kraft auf den Boden und zog die graue Decke über sie. »Nicht bewegen!«, befahl er mit einer so herrischen Stimme, dass Pedro stumm gehorchte. Mit angehaltenem Atem richtete er seine Ohren auf den Lärm um ihn herum. Er rechnete damit, dass jeden Moment die Decke über ihnen weggezogen würde.
    Dann hörte er, wie Humboldt und Bonpland aufgebracht protestierten: »Was soll das?«, »Loslassen, aber sofort!«, »Hände weg!«, »Hilfe   … Bonpland!« Dazwischen das Gebrüll der Indianer, von dem Pedro kein Wort verstand, Getrampel, das Schleifen der Boote über den Strand, Ruderschläge und schließlich ein mörderischer Gesang, der Pedro durch Mark und Bein ging.
    »Abasi?«, wisperte Pedro unter der Decke.
    »Psst!« Abasi ließ noch einige Minuten verstreichen, die Pedro wie eine Ewigkeit vorkamen, dann schlug er die Decke zurück und sie blickten sich aufgeregt in alle Richtungen um. Der Gesang der Indianer drang nur noch von ferne zu ihnen.
    »Weg!«, raunte Pedro, »sie sind alle weg!«
    »Master Humboldt auch!«, sagte Abasi mit zittriger Stimme.
    »Und Bonpland.« Pedro fühlte sich mit einem Mal vollkommen leer. Was sollten sie jetzt tun? Sie waren ganz allein, zum ersten Mal.

Ein kühner Plan

    Wenn es nur nicht so schrecklich dunkel wäre, dachte Pedro. Er hatte zwar keine Ahnung, wie spät es war, aber eins war sicher: Bis es hell wurde, konnten noch Stunden vergehen. Selbst der Mond versteckte sich hinter einer schwarzen Wolkenwand. Nichts als Dunkelheit, die sie umgab.
    »Abasi?«, flüsterte Pedro. Er wagte es nicht, laut zu sprechen. Wie albern, dachte er, hier ist doch niemand. Und doch hatte er das Gefühl, dass tausend Augen ihn anstarrten.
    »Was ist?«, fragte Abasi, der bereits aus dem Boot geklettert war und zu dem erloschenen Feuer hinüberlief. »Komm her«, rief er und winkte Pedro zu sich herüber. Pedro fühlte sich wie gelähmt. Er beobachtete Abasi, der an der Feuerstelle niederkniete und in die restliche Glut hineinblies. Abasi war nur als ein dunkler Schatten zu erkennen, um den herum die Funken wie winzige Sterne tanzten.
    Doch was blinkte da drüben zwischen den Sträuchern? Zwei funkelnde Punkte, wie leuchtende Augen.Da! Noch welche. Wohin Pedro auch blickte, überall hatte er das Gefühl, dass ihn funkelnde Augen anstarrten. »Raubkatzen!«, schoss es ihm durch den Kopf. Hier wimmelte es bestimmt von Jaguaren.
    »Abasi«, rief Pedro mit unterdrückter Stimme. »Da sind überall Augen! Jaguare! Sie wollen uns angreifen.«
    »Keine Sorge. Pedro brauchen keine Angst haben. Abasi machen viel Feuer«, sagte er beschwichtigend.
    Am liebsten wäre Pedro wieder unter die Decke gekrochen. Humboldt und Bonpland waren in den Fängen der Indianer. Um sie herum lauerten wilde Tiere. Was sollten sie nur tun?
    »Feuer machen Angst wilden Tieren«, sagte Abasi, während er mit Stöcken die Glut anfachte, bis das Feuer wieder hell loderte. Das Knistern und Flackern der Flammen beruhigte Pedro ein wenig. Vor allem war er froh um den warmen Lichtschein, den es verbreitete. Jetzt, wo die Dunkelheit verdrängt war, sah er auch keine leuchtenden Punkte mehr in den Tiefen des Dschungels. War wohl nur Einbildung, dachte er beschämt. Endlich kletterte er aus dem Boot und lief zu Abasi hinüber.
    »Was sollen wir jetzt machen?«, fragte er immer noch mit einem unruhigen Blick. Die Nacht war ihm unheimlich.
    »Wir brauchen Plan. Aber erst machen viele Feuer«, antwortete Abasi und fing an, mit einem brennenden Stück Holz ein Feuer neben dem anderen anzuzünden. Schon bald saßen sie in einem Kreis aus lodernden Flammen, in dem Pedro sich sicher fühlte wie hinter einem Schutzwall.
    »Macht ihr das in Afrika auch so?«, fragte er.
    Abasi nickte. »Löwen nicht mögen Flackern von Feuer. Müssen vorsichtig sein nachts. Wenn Menschen schlafen, viele Tiere jagen.«
    Pedro atmete tief durch. Wie gut, dass Abasi bei ihm war, ohne ihn würde er vermutlich vor Angst sterben.
    »Was glaubst du, was die Indianer mit Humboldt und Bonpland
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