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Knochenfunde

Knochenfunde

Titel: Knochenfunde
Autoren: Iris Johansen
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und die vier Männer, die Etienne angeheuert hatte, stiegen ins Boot.
    »Seht euch vor«, sagte Jules. »Lasst ihn um Himmels willen
    nicht fallen.«
    »Ich helfe ihnen.« Etienne sprang auf. »Gott, ist der schwer.« Er stemmte seine kräftige Schulter unter die Last. »Bei drei.«
    Vorsichtig hoben sie den riesigen schwarzen Sarg auf den Steg.
    Haus am See
    Atlanta, Georgia

    Sarg.
    Eve Duncan fuhr aus dem Schlaf. Ihr Herz raste.
    »Was ist los?«, fragte Joe Quinn schläfrig. »Stimmt was nicht?«
    »Alles in Ordnung.« Eve schwang ihre Beine aus dem Bett. »Nur ein schlechter Traum. Ich hole mir ein Glas Wasser.« Sie ging ins Badezimmer. »Schlaf ruhig weiter.«
    Herrgott, sie zitterte ja regelrecht. Wie konnte sie sich nur so anstellen? Sie klatschte sich kaltes Wasser ins Gesicht, trank einen Schluck und ging zurück ins Schlafzimmer.
    Die Lampe auf ihrem Nachttisch brannte, und Joe saß aufrecht im Bett. »Ich hab dir doch gesagt, du sollst weiterschlafen.«
    »Ich will nicht schlafen. Komm her.«
    Sie legte sich in seine Arme und kuschelte sich an ihn. Sicherheit.
    Liebe. Joe. »Möchtest du mit mir schlafen?«
    »Keine schlechte Idee. Vielleicht später. Jetzt will ich erst mal von deinem Alptraum hören.«
    »Jeder träumt mal schlecht, Joe. Das ist normal, es passiert jedem mal.«
    »Aber du hast schon lange nicht mehr schlecht geträumt. Ich
    dachte, deine Alpträume hätten aufgehört.« Er drückte sie fester an sich. »Ich möchte, dass sie aufhören.«
    Das wusste sie, und sie wusste auch, dass er alles tat, um ihr die Sicherheit und Geborgenheit zu geben, die ihren Alpträumen ein Ende setzen würden. Aber Joe müsste eigentlich wissen, dass sie nie ganz verschwinden würden. »Gib einfach Ruhe und schlaf.«
    »Hatte der Traum mit Bonnie zu tun?«
    »Nein.« Eve spürte, wie sich ihr schlechtes Gewissen regte. Irgendwann würde sie ihm sagen müssen, warum die Träume von
    Bonnie sie nicht mehr ängstigten. Aber noch nicht. Obwohl sie jetzt seit einem Jahr zusammenlebten, brachte sie es noch nicht fertig.
    Irgendwann.
    »War es der neue Schädel? Du arbeitest so hart daran. Vielleicht überforderst du dich?«
    »Ich bin fast fertig. Es ist Carmelita Sanchez, Joe. In ein paar Tagen bin ich so weit, dann kann ich die Eltern informieren.« Dann wäre der Fall abgeschlossen, und vielleicht konnten sie dann ihren Frieden finden. »Und du weißt doch, dass meine Arbeit mich immer sehr befriedigt. Sie verursacht bestimmt keine Alpträume.« Nur Trauer und Mitleid und den leidenschaftlichen Wunsch, die Verlorenen nach Hause zu holen. »Hör auf, in mich zu dringen. Nicht alle Alpträume haben eine psychologische Bedeutung. Das war bloß ein verrückter, unzusammenhängender… Wahrscheinlich hab ich was
    gegessen, das mir nicht bekommen ist. Janes Pizza war ein bisschen mächtig – «
    »Worum ging es in dem Traum?«
    Joe wollte einfach nicht aufgeben. Er würde auf dem Thema he-
    rumreiten, bis er alles wusste. »Es ging um einen Sarg, okay? Ich ging auf den Sarg zu, und das hat mir Angst gemacht. «
    »Wer war in dem Sarg?« Er überlegte. »Ich? Jane?«
    »Hör auf, eine Bedeutung hineinzulegen. Der Sarg war ver-
    schlossen.«
    »Und warum hat er dir Angst gemacht?«
    »Es war nur ein Traum. Herrgott noch mal, ich habe täglich mit Toten zu tun. Es ist völlig normal, dass ich ab und zu makabre – «
    »Warum hattest du Angst?«
    »Lass es gut sein. Der Traum ist vorbei.« Sie zog ihn an sich und küsste ihn. »Hör auf, den Beschützer zu spielen. Die einzige Therapie, die ich im Moment von dir will, ist rein körperlicher Art.«
    Er verstummte, sträubte sich. Dann entspannte er sich und legte sich auf sie. »Wenn du darauf bestehst, dann werde ich wohl ein Gentleman sein müssen und mich von dir verführen lassen.«
    Eve war überrascht. Sie wusste, wie stur Joe sein konnte. Sie lä-
    chelte und kraulte ihm zärtlich das Haar. »Da hast du verdammt Recht.«
    »Über den Sarg reden wir dann später…«
    Sarah Bayou

    Der Sarg stand an seinem vorgesehenen Platz auf dem Altar der Kirche.
    Jules bückte sich, um nachzusehen, ob der Sockel unter dem Altar stabil genug war, um das Gewicht des extra verstärkten, luftdicht verschlossenen Sargs zu tragen. Er hatte ihn nach eigenen Angaben anfertigen lassen, und man hatte ihm versichert, dass es keine Probleme geben würde, aber er trug die Verantwortung, und er wollte auf keinen Fall riskieren, dass irgendetwas schief ging. Nichts durfte den kostbaren
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