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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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rückten näher und spähten in die Grube. Ich markierte den Umriß des Ovals mit der Kelle. In diesem Augenblick kehrten Schwester Bernards Begleiterinnen zurück.
    »Es könnte ein Grab sein, obwohl es ziemlich klein aussieht. Ich habe ein Stückchen links davon gegraben, also muß ich jetzt hier weitermachen.« Ich deutete auf die Stelle, über der ich kauerte. »Ich werde mich neben dem eigentlichen Grab in die Tiefe arbeiten. So bekommen wir eine Profilansicht der Grabstätte. Es ist auch besser für den Rücken, wenn man auf diese Art gräbt. Außerdem können wir so, wenn nötig, den Sarg auch seitlich herausziehen.«
    »Was ist das für ein Fleck?« fragte eine junge Nonne mit einem Gesicht wie eine Pfadfinderin.
    »Wenn etwas mit hohem organischen Gehalt zerfällt, färbt es die Erde dunkler. Ein solcher Fleck ist fast immer der erste Hinweis auf eine Grabstätte.«
    Zwei Nonnen bekreuzigten sich.
    »Ist es Élisabeth oder Mère Aurelie?« fragte eine ältere Nonne. Eins ihrer Unterlider zuckte ein wenig.
    Ich hob die Hände – keine Ahnung. Dann zog ich die Handschuhe wieder an und entfernte mit der Kelle die Erde über der rechten Hälfte des Flecks. Ich vergrößerte die Grube, so daß das ganze Oval und ein etwa sechzig Zentimeter breiter Streifen rechts davon freigelegt wurden.
    Wieder waren nur Scharren und das Rieseln von Erde durch das Sieb zu hören.
    Dann: »Ist das etwas?« Die größte Nonne deutete auf das Sieb.
    Ich stand auf, um nachzusehen, dankbar für diese Gelegenheit, mich strecken zu können.
    Die Nonne zeigte mir ein kleines, rötlichbraunes Fragment.
    »Himmel, Ar… Ja, Schwester. Sieht aus wie Sargholz.«
    Ich holte einen Stapel Papiertüten aus meinem Ausrüstungskoffer, beschriftete eine mit Datum, Ort und anderen wichtigen Informationen, stellte sie auf das Sieb und legte die anderen auf den Boden. Meine Finger waren inzwischen völlig taub.
    »An die Arbeit, Ladys. Schwester Julienne, Sie registrieren alles, was wir finden. Schreiben Sie es auf die Tüte und tragen Sie es in das Buch ein, wie wir es besprochen haben. Wir sind bei…« Ich sah in die Grube. »… etwa sechzig Zentimeter Tiefe. Schwester Marguerite, machen Sie ein paar Fotos?«
    Schwester Marguerite nickte und hielt den Apparat in die Höhe.
    Froh, nach den langen Stunden des Zusehens endlich etwas zu tun zu haben, machten sich alle eifrig an die Arbeit. Ich schaufelte, Schwester Lid und Schwester Pfadfinderin siebten. Immer mehr Fragmente tauchten auf, und bald konnten wir in der verfärbten Erde einen Umriß erkennen. Holz. Stark verfallen. Nicht gut.
    Mit Kelle und bloßen Händen legte ich nun frei, was, wie ich hoffte, ein Sarg war. Aber zu wem gehörte er? Nach den Aufzeichnungen war in diesem Teil der Kirche niemand begraben. Obwohl die Temperatur unter dem Gefrierpunkt lag und meine Finger und Zehen völlig gefühllos waren, schwitzte ich in meinem Parka. Bitte, laß das Élisabeth sein. Und wer betete jetzt?
    Während ich die Grube Stück für Stück nach Norden vergrößerte, wurde immer mehr Holz sichtbar, das Objekt verbreiterte sich. Langsam wurde die Form erkennbar: sechseckig. Eine Sargform. Am liebsten hätte ich laut »Halleluja!« gerufen. Würde zwar in den Rahmen passen, war aber unprofessionell, sagte ich mir.
    Handvoll um Handvoll entfernte ich vorsichtig Erde, bis der Deckel des Objekts ganz freilag. Es war ein kleiner Sarg, und ich bewegte mich vom Fußende zum Kopf. Ich legte die Kelle weg und griff nach einem Pinsel. Dabei kreuzte ich den Blick mit einer der siebenden Schwestern. Ich lächelte. Sie lächelte. Ihr rechtes Lid tanzte einen Jitterbug.
    Immer und immer wieder bürstete ich über das Holz, bis alle anhaftenden Erdpartikel entfernt waren. Jeder hielt inne, um mir zuzusehen. Allmählich wurde auf dem Sargdeckel ein erhabenes Objekt erkennbar. Knapp oberhalb der breitesten Stelle. Genau dort, wo man die Namenstafel erwarten würde. Mein Herz fing ebenfalls an zu tanzen.
    Ich bürstete Erde von dem Objekt, bis es wirklich als Tafel erkennbar wurde. Sie war oval, aus Metall, mit einem filigran verzierten Rand. Mit einer Zahnbürste säuberte ich behutsam die Oberfläche. Buchstaben wurden sichtbar.
    »Schwester, könnten Sie mir meine Taschenlampe geben? Aus meinem Koffer?«
    Alle beugten sich über die Grube. Pinguine an einem Wasserloch. Ich richtete den Strahl auf die Tafel. »Élisabeth Nicolet. 1846-1888. Femme contemplative.«
    »Wir haben sie«, rief ich in die kalte
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