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Knochen-Mond

Knochen-Mond

Titel: Knochen-Mond
Autoren: Jason Dark
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Verlag als Lektor. Sein Leben war bis zu diesem Zeitpunkt gleich verlaufen.
    Nun spaltete es sich.
    Ein zweites Ich, eine zweite Persönlichkeit drang in ihm hoch und war dabei, die erste zu überschatten. Etwas kam ihm in den Sinn, es überschwemmte seinen Geist, ohne daß Bracht es schaffte, sich dagegen zu wehren. Er wollte es auch nicht, weil erden Eindruck bekam, daß alles sehr wichtig war, was in den folgenden Sekunden geschah. Er hörte sich selbst atmen, der Schweiß brach nicht mehr so stark aus seinen Poren, ein neuer Kraftstrom durchbrandete seinen Körper, und etwas kam ihm in den Sinn, über das erzwar nachdachte, ohne dabei einen Erfolg zu erzielen. Dazu war das Neue einfach zu abstrakt, doch er spürte instinktiv, daß ersieh daran gewöhnen würde.
    Es war ein Name, ein Begriff, und Barry F. Bracht sprach ihn flüsternd aus.
    »Zebuion, der Schattenkrieger!«
    Bracht wunderte sich, wie glatt ihm der Name über die Lippen floß. Als hätte er ihn schon seit Jahren immer wieder gesagt. Das war seltsam ungewöhnlich. In Verbindung mit dem am Himmel stehenden Mond aber nicht. Er, das Knochengesicht darin und der Begriff Zebuion gehörten irgendwo zusammen.
    Er wiederholte den Namen. Einmal, zweimal, auch ein drittes Mal. Bei jedem Sprechen fühlte er sich wohler. Da schoß der Strom der Kraft durch seine Adern und trieb ihn an.
    Auf einmal wußte er Bescheid. Er war nicht nur Barry F. Bracht, sondern gleichzeitig auch ein anderer.
    Zwei Personen in einer.
    Barry und Zebuion!
    Und dieses Wissen gab dem Mann Mut für zukünftige Aufgaben, denn er wußte plötzlich, daß er gebraucht wurde.
    Man sollte noch von ihm hören. Das hier war erst der Beginn. Andere Aufgaben würden folgen…
    ***
    Glenda Perkins stand in der Tür und lächelte. »Ich habe einen Besucher für dich, John.«
    »Tatsächlich?« Ich schaute kurz hoch und bemerkte trotzdem Glendas Outfit.
    Die lachsfarbene glänzende Bluse aus Chintz, die graue Hose mit den kurzen, aber ausgestellten Beinen, dazu der zur Bluse passende Gürtel.
    »Wer ist es denn?«
    »Laß dich überraschen.«
    Ich winkte müde ab. »Wie du willst.«
    »Was ist denn, John? Sauer?«
    »Nein, ich bin unheimlich fröhlich und agil. Es ist ja so kühl draußen.«
    »Die Tropenluft geht auch vorbei.«
    »Das will ich hoffen.«
    Glenda lachte noch einmal und verschwand. Normalerweise machte sie es nicht so spannend, da redete sie darüber, wer mich sprechen wollte, aber an diesem Tag hatte sie nichts gesagt. Es würde wohl eine Überraschung geben. Sollte sie, es war mir egal, denn ich hatte sowieso andere Probleme, die mich quälten.
    Es ging um ein Phänomen, das ich vor zwei Tagen erlebt hatte. Da hatten sich mir andere Welten geöffnet, denn es war einem Menschen gelungen, in die Traumwelten der anderen hineinzudringen und vom Träumer das zweite Ich zu lösen, das sich in einer anderen Welt aufhielt. Dieses zweite Ich konnte Entfernungen zurücklegen, für die es kein Maß gab. Es tauchte in andere Dimensionen, in andere Welten ein, es erlebte dort den Schrecken, und der Träumer konnte nichts dagegen tun. Er lag im Bett, ohne sein zweites Ich, doch er bekam mitgeteilt, was dieses zweite Ich in der anderen Welt sah.
    Ich hatte Mason Rafferty kennengelernt, einen Mann, der es tatsächlich geschafft hatte, Pillen zu entwickeln, die dem Träumer die Chance gaben, sein zweites Ich zu entwickeln. Bei seiner Verlobten hatte er sie ausprobiert und sie beinahe in den Wahnsinn getrieben. [1]
    Mir war es gelungen, Mason Rafferty zu zerstören. Sowohl sein erstes als auch sein zweites Ich, die Pillen gab es ebenfalls nicht mehr, aber ich war noch nicht dahintergekommen, um was es genau ging und wie sich alles zusammensetzte.
    Viele Probleme waren offen geblieben. Irgendwo hatte ich das Gefühl, erst am Beginn einer Fährte zu stehen, die irgendwo in die Hölle führte. Ich schüttelte den Kopf, weil es keinen Sinn hatte, weiter darüber nachzudenken. Nicht bei diesem Wetter, bei dieser Schwüle. Da war es schon unmenschlich, überhaupt arbeiten zu gehen. In der letzten Nacht war ich einige Male wach geworden, hatte auf das Thermometer geschaut und festgestellt, daß die Temperaturen noch immer über zwanzig Grad plus lagen. Fin Wahnsinn war das.
    Vor mir stand ein mit Mineralwasser gefülltes Glas. Das Zeug war auch schon warm. Ich trank es trotzdem. Wer viel schwitzt, braucht viel Flüssigkeit, und ich schwitzte an diesem Morgen viel. Suko war nicht da. Er hatte sich einen Tag
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