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Knight 02 - Stuermisches Begehren

Knight 02 - Stuermisches Begehren

Titel: Knight 02 - Stuermisches Begehren
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nach seiner Pistole. Jetzt, wo der Franzose nicht mehr in der Nähe der Fässer stand, konnte Lucien unbesorgt auf ihn schießen. Al- lerdings fand er die Pistole in der Eile nicht, und so stürmte er ohne Waffe aus dem Lagerhaus. Bardou kletterte gerade am Flussufer in ein Ruderboot. Dahinter ging die Sonne glutrot am Himmel unter.
    „Bardou!“ rief er.
    Während Lucien ihm nacheilte, machte Bardou das Ruder- boot vom Ufer los und stieß sich mit dem Ruderblatt vom Steg ab. Lucien kam den Steg entlanggerannt, setzte Bardou mit einem Sprung nach und landete direkt auf ihm im Boot, das von der Strömung allmählich erfasst und mitgerissen wurde.
    Lucien zog den Dolch und stach damit auf Bardou ein, doch der Franzose blockte ihn mit dem Riemen ab und pack- te Lucien dann am Handgelenk. Sie rangen miteinander. Ir- gendwann stieß Lucien einen fürchterlichen Schrei aus und ließ den Dolch in den Fluss fallen. Bardou hatte sein Hand- gelenk auf die metallene Ruderdolle geschmettert und ihm dann mit dem Riemen eins übergezogen.
    „Und jetzt stirb“, knurrte Bardou. Er stürzte sich auf ihn, schloss die großen Hände um Luciens Kehle und drückte zu. Bei jedem vergeblichen Versuch, Luft zu holen, spürte Lu- cien die uralte Panik stärker in sich aufsteigen. Bekomme ... keine Luft. Die furchtbaren Asthmaanfälle, die ihn als Kind

geplagt hatten, kehrten plötzlich in sein Bewusstsein zurück, weckten eine tiefe Furcht, gegen die er machtlos war. Er drosch Bardou in den Magen, krallte sich in sein Gesicht, bis das kleine Boot gefährlich zu schwanken begann. Fast schon hatte er Bardou abgeschüttelt, doch im nächsten Augenblick ging er über Bord. Bevor er wusste, wie ihm geschah, war er untergetaucht, von einer kalten Strömung erfasst. Er wäre beinahe ertrunken, so groß war sein Bedürfnis, nach Luft zu schnappen, jetzt, wo er aus dem schraubstockartigen Griff freigekommen war. In diesem Augenblick war ihm völlig egal, ob Bardou entkam. Alles, was er jetzt brauchte, war Luft. Die kalte, schlammige Themse wirbelte ihn erbar- mungslos herum, doch er kämpfte sich nach oben, trotz der schweren Stiefel und Kleider, die ihn nach unten zu ziehen drohten.
    Keuchend und würgend stieß er an die Oberfläche. Wäh- rend er die Luft gierig in die Lungen sog und sich das Was- ser aus den Augen wischte, sah er Bardou rasch flussabwärts davonrudern.
    „Sie haben noch nicht genug gelitten, Knight!“ rief Bar- dou übers Wasser. „Warten Sie nur, bis ich Alice Montague umgebracht habe!“
    „Nein!“ stieß er hervor. „Verdammt!“ Obwohl er vollkom- men erschöpft war, gab ihm sein übermächtiger Zorn die Kraft, eilig gegen die Strömung ans Ufer zu schwimmen. Blutend, zerschlagen und vor Kälte zitternd, während ihm aus Haaren und Kleidern das schmutzige Themsewasser troff, spürte er doch nichts außer einer unbändigen Wut, als er am Kai aus dem Wasser kletterte. Dann rannte er durch den Hof des Lagerhauses, an den Leichen der Wachmänner und den Fabrikabfällen vorbei, und hinaus in die Narrow Wall Street.
    Es dunkelte schon, und auf den Straßen waren überall Leute unterwegs und schwenkten ihre Guy-Fawkes-Fa- ckeln, sangen Lieder und tranken Bier. In der Ferne hatten die Leute Knallfrösche und Funkensprüher gezündet, und vor Lucien sprangen ein paar Kinder herum und schrien, jetzt sei es an der Zeit, Guy Fawkes aufzuknüpfen.
    Er wich ihnen aus und eilte mit dröhnendem Herzen zur Westminster Bridge. Die ersten Böllerschüsse ertönten in den königlichen Parks. Sie hallten in seiner Brust wider, tru-

gen ihn blitzschnell zur Armee und dem blinden Wüten in der Schlacht zurück. Sein Verstand arbeitete plötzlich wie- der kristallklar, und er erkannte, dass er Alice zu Fuß nie- mals rechtzeitig erreichen würde.
    Er rannte zur Brücke, wobei seine Stiefel bei jedem Schritt quietschten, und trat mitten auf die Straße, wo er auf einen Dandy auf einem großen grauen Pferd traf. Das Pferd stieg erschrocken, doch Lucien packte es an Zügel und Zaum.
    „Steigen Sie ab!“ befahl er dem Reiter in drohendem Ton.
    „Was hat das zu bedeuten? Nehmen Sie sofort die Hände von meinem ... hoppla!“ rief der Mann aus, während Lucien ihn aus dem Sattel zerrte und auf die Brücke warf. „Dieb! Haltet den Dieb!“
    Lucien schwang sich in den Sattel und spornte den nervö- sen Grauen zum Galopp an. Er flog am übrigen Verkehr auf der Brücke vorbei, während die ersten Feuerwerkskörper über der Themse in den Himmel
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