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Knautschgesicht und Fiedelfranz

Knautschgesicht und Fiedelfranz

Titel: Knautschgesicht und Fiedelfranz
Autoren: Wolfgang Ecke
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ansehe, dann glaube ich, daß ich Ihnen vertrauen kann. Sie werden mich sicher nicht verraten...“
    Der im rotgepunkteten Tuch verpackte Kopf nickte Zustimmung.
    „Dann werde ich jetzt hereinkommen und meinen Freunden ein paar Zeilen schreiben.“
    Diesmal nickte sie. Doch dann schien sie plötzlich Bedenken zu haben. Nach einem raschen abschätzenden Blick zweifelte sie: „Ich weiß nicht, aber kommen Sie mit dem Bauch hier hoch?“
    „Heiliges Kanonenröhrchen, wofür halten Sie mich, Teuerste?“ scherzte der Detektiv. „Ich bin einer der berühmtesten Zugaufspringer!“
    Und dann ging alles blitzschnell. Balduin Pfiff packte Pinsel und stand — eins, zwei, drei — vor der erschreckt zurückweichenden Staubsaugerin.
    „Hehehehe“, lachte er, während die Frühstücksbuttermilch wild in seinem Magen hin- und herschwappte.
    „Da laufen Ihnen die Augen über, was? Hoffentlich finden wir auch was zum Schreiben...“
    „Sie sind mir ja einer“, sagte die Frau kopfschüttelnd. Ihr rechter Zeigefinger tippte gegen Balduins runden Bauch. „Daß Sie mit so was springen können...“ Sie drehte sich ruckartig um und rief:
    „Kommen Sie, ich weiß, wo das Schreibzeug liegt!“
    Und dann staunte der Detektiv. Was es hier alles gab. Dagegen war sein Zuhause ja ein bescheidener Eskimo-Iglu. Teure Brücken, gefüllte Bücherregale, Blumen, Farbfernseher, Stereoanlage, ein Schreibsekretär, elegante Lampen, Sessel, eine kleine Eßecke mit drei Lederstühlen und ein Tisch mit Onyxplatte.
    Die Betten schienen jenseits des dunkelblauen Samtvorhangs zu stehen.
    Die Frau deutete zu dem Schreibsekretär hin, auf dessen Platte eine in Schweinsleder gebundene Schreibmappe lag.
    „Hier ist alles drin!" sagte sie, und ein bißchen lauernd fügte sie hinzu: „Da hab’ ich ja ganz schön Verspätung, wenn ich mit dem Saugen warten muß.“
    Balduin Pfiff strahlte sie wieder an und klopfte sich auf die Brusttasche. „Ich werde mich natürlich revanchieren!“
    Und hier begann der zweite Teil seiner Idee. Er setzte sich an den Sekretär, fuhr mit nachdenklichem Gesicht wieder hoch, legte sich einen Finger neben die Nase und machte dreimal: „Hmtja... hmtja... hmtja... Sagen Sie, gibt’s hier in der Nähe einen Blumenladen?“
    Die Frau nickte. „Blumen-Schröter! Das ist ungefähr fünf Minuten von hier.“ Balduin Pfiff zog seine Brieftasche heraus, entnahm ihr einen Fünfzigmarkschein und hielt ihn der Frau hin. „Während ich meinen Freunden einen Brief schreibe, sind Sie so gut und gehen zu Blumen-Schröter. Kaufen Sie ein buntes Sträußchen für zehn Mark etwa. Der Rest ist für Sie, gnä’ Frau!“ Der Inhalt des rotgepunkteten Kopftuchs strahlte zurück. Und bevor sich der kleine Detektiv versah, war der Fünfzigmarkschein aus seinen Fingern verschwunden.
    An der Abteiltür wandte sich die Frau noch einmal zurück. „Sie Zugaufspringer, Sie!“
    Durch die Gardinen sah Balduin Pfiff, wie sie über die Gleise davonbalancierte.
    „Pinsel“, wandte er sich an seinen vierbeinigen Gefährten, „wenn der Polizeipräsident wüßte, was ich jetzt tue, würde er mir die Lizenz entziehen.“
    „Wau!“ machte Pinsel, der es sich unter dem Schreibsekretär bequem gemacht hatte. Und seine Hundeaugen folgten müde den riesigen Schuhen seines Herrn, bis sie hinter dem blausamtenen Vorhang verschwunden waren. Ach ja, er war so schläfrig... Er könnte es in diesem gemütlichen Halbdunkel hier unten mindestens noch... uuuaaaah, so was von Müdigkeit... mindestens noch eine Stunde aushalten.
    Nicht einmal das aufgeregte Ts-ts-ts-ts-ts-ts seines Herrn konnte ihn noch stören.

    Als die Putzfrau das Abteil wieder betrat, war genau eine Viertelstunde vergangen. Balduin Pfiff klebte den leeren Umschlag zu und hielt ihn hoch. „Ich bin auch gerade fertig!“ rief er und versah seine „Post“ mit dem großgeschriebenen Hinweis: FÜR MEINE FREUNDE! Mit Blicken des Zweifelns allerdings musterte er die Blumen.
    „Sollen das frische Astern sein?“
    „Jedenfalls sind es Astern, ob frisch oder weniger frisch spielt doch keine Rolle. Schließlich ist Blumen-Schröter nur ein kleiner Laden!“
    Hm, gegen diese Logik war schlecht anzukommen. Dabei sahen die Blumen wirklich aus, als hätten sie schon drei Tage auf irgendeinem Tisch gestanden. Die Frau packte die ärmlichen Stengel in eine Vase, stellte diese auf den Sekretär und lehnte den Brief dagegen.
    „Na, wie gefällt Ihnen das?“
    „Genial!“ antwortete Balduin
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