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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
Autoren: Jutta Profijt
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Augen auf Birgit.
    »Jetzt«, flüsterte Birgit bei der nächsten Wehe und Martin, der vor ihrem Hocker auf dem Boden hockte, sperrte Mund und Augen auf. Seine Hände zuckten vor und hielten eine schleimige Kugel in der Hand.
    Weiz hockte neben ihm und berichtete Birgit, was gerade passierte. »Der Kopf ist schon da. Nur noch einmal ein bisschen drücken …«
    Der Kopf? Das war der Kopf? Igitt, sah das eklig aus! Ich hatte doch bei der Geburt gar nicht dabei sein wollen, so eine Sauerei will man doch nicht sehen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Aber jetzt … Ich starrte fasziniert auf die Szene unter mir. Birgit bäumte sich noch einmal auf, dann gab es einen fiesen, glibberigen Laut und auf einmal lag da ein Minimensch in Martins Händen.
    »Es ist ein Mädchen«, hauchte Martin. Birgit keuchte zwar noch wie nach einem Hundert-Meter-Sprint, aber sie brachte bereits wieder ein Lächeln zustande.
    In der Tür des Kinderzimmers entstand Unruhe und plötzlich standen zwei Sanis da und glotzten.
    »Okay, wir sollten die Nabelschnur schnell durchtrennen. Wer möchte?«, fragte der große Sani und hielt ein Skalpell in den Raum. Niemand riss sich darum, daher nickte Martin dem Mann zu. Er legte das glibberige, zuckende Menschlein, das noch keinerlei weibliche Schönheit erkennen ließ, vorsichtig in Birgits zitternde Hände und griff nach dem Skalpell. Mit Schneid- und Schlitzwerkzeugen kennt er sich ja aus. Der zweite Sani nahm Birgit das Menschlein wieder aus den Händen, haute ihm ordentlich auf den faltigen Arsch und freute sich an dem Gebrüll, das augenblicklich einsetzte.
    »Kindesmisshandlung«, murmelte Katrin, die ihre Farbe noch nicht wiederbekommen hatte, dann heulte sie los.
    Weiz half Martin und Birgit, das Kind in eine ganze Menge Tücher zu wickeln, und flüsterte Birgit zu: »Herzlichen Glückwunsch, das hast du super hinbekommen!«
    Birgit strahlte vor Glück, was bei ihrer ziemlich abgefrühstückten Erscheinung eine echte Leistung war. Katrin schaffte es, zwischen zwei Schluchzern »ein Mädchen, ein Mädchen« rauszuschwaddeln, und Lila starrte völlig hypnotisiert auf das Bündel Mensch, das jetzt auf Birgits Bauch lag und langsam ruhiger wurde.
    Martins Konzentration auf Birgit und das Baby ließ einen winzigen Moment nach, in dem er mir vorwarf: »Du hast mich die ganze Zeit belogen.«
    Ich antwortete lieber nicht. Hätte ich auch gar nicht gekonnt. Ich war hin und her gerissen zwischen dem Ekel, den dieses glibberige, schleimige Etwas mit verklebten Haarsträhnen, rotziger Nase und Sabberfäden aus dem Mund in mir auslöste, und, ich muss es jetzt einfach sagen: einem absolut unangemessenen Gefühl von Rührung.
    »Sonja«, hauchte Martin.
    Birgit stutzte und wurde rot. »Äh, Martin …«
    »Was?«
    Na, kam jetzt die Beichte über den Deal mit Karpi, bei dem Birgit den Namen ihres Kindes verhökert hatte?
    »Nichts«, hauchte sie.
    Gute Entscheidung. Die raue Wirklichkeit würde die kleine Familie schon noch früh genug einholen. Immerhin war das Schicksal gnädig gewesen: Eine Katharina war hundertmal besser als ein Anatol.

DREIUNDDREISSIG
    Protokoll Jürgen Gernot
    Frage: »Warum haben Sie Till Krämpel entführt?«
    Gernot: »Ich dachte, dass er es war, den Paulina erpressen wollte.«
    »Erpressen? Wie kommen Sie darauf, dass Frau Pleve jemanden erpressen wollte?«
    »Sie hat es mir erzählt. Sie sagte, sie sei einer Schweinerei mit den Medikamenten im Altenheim auf der Spur. Ich sagte, sie solle zur Polizei gehen, aber sie wollte lieber reich werden.«
    »Und Sie wussten nicht, wen sie erpressen wollte?«
    »Nein. Ich dachte, es sei jemand aus dem Heim.«
    »Sie haben also versucht, sie zu einer Anzeige zu überreden.«
    »Ja. Aber sie wollte nicht. Da habe ich die Beziehung beendet. Ich will nichts mit kriminellen Machenschaften zu tun haben – und auch nicht mit einer Erpresserin.«
    »Und nach ihrem Tod haben Sie geglaubt, dass Ihre Freundin Till Krämpel erpresst hätte und dass der sie daraufhin umgebracht hat?«
    »Genau.«
    »Aber das stimmte nicht.«
    »Nein. Er hatte gar nichts damit zu tun.«
    »Warum haben Sie ihn dann erschossen?«
    »Aber das habe ich doch gar nicht! Der Polizist, der in die Hütte gestürmt kam, hat Krämpel getötet. Und dann hat er auf mich geschossen.«
    Protokoll Gregor Kreidler
    »Herr Kreidler, warum haben Sie nichts zu Ihrer Verteidigung gesagt?«
    »Ich war gewarnt worden: Halt die Klappe, denk an Katrin. Das habe ich mir zu Herzen
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