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Klassentreffen (German Edition)

Klassentreffen (German Edition)

Titel: Klassentreffen (German Edition)
Autoren: Julia Schöning
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dass sie sich wieder lebendig gefühlt hatte, war in dem Moment, in dem sie Meike wiedergesehen hatte.
    Meike. Franzi kämpfte gegen Meikes Bild in ihrem Kopf an. Was würde Isabel sagen, wenn sie wüsste, dass sie eine andere Frau geküsst hatte?
    »Isabel, du musst wissen, dass ich dich immer geliebt habe. Jede Sekunde, die vergangen ist, habe ich nur dich geliebt. Nur du hast in meinem Leben gezählt. Für dich hätte ich alles gemacht. Alles, was dich glücklich gemacht hätte, hätte ich getan. Ich hätte alles auf mich genommen, jede Qual ertragen.« Franzi schluchzte jetzt. »Aber . . .« Sie brach ab.
    Ihr Leben war noch nicht vorbei. Aber durfte sie sich jemals wieder in eine andere Frau verlieben? Durfte sie diese neuen, oder besser: neu erwachten Gefühle zulassen, die in Meikes Gegenwart zutage getreten waren? Es fühlte sich falsch an. Wie ein Betrug an Isabel. Aber gleichzeitig war es wie ein Erwachen gewesen, ein Erwachen aus einem Alptraum.
    Tränen strömten ihre Wangen hinunter und mischten sich mit dem Regen. Niemand war da, der sie hätte trösten können, sie in den Arm nehmen, die Tränen trocknen. Sie war ganz allein.
    Langsam drehte sie sich um und lief los. Ihre Augen starrten in die Ferne.
    Der Regen hörte auf.
    Würde die Trauer jemals enden?

~*~*~*~
    D as Klingeln erlöste Meike. Auch die sechste und letzte Schulstunde war überstanden. Selten war ihr ein Arbeitstag so schwergefallen wie dieser Montag.
    Meike klappte das Deutschbuch ihrer siebten Klasse zu. »Heute gibt es ausnahmsweise keine Hausaufgaben«, beendete sie den Unterricht.
    Die Kinder packten hastig ihre Sachen, stellten lautstark die Stühle hoch und rannten lachend und lärmend aus dem Klassenraum. Meike folgte ihnen weniger stürmisch.
    Den gesamten Tag über hatte ihre Konzentration deutlich gelitten. Ständig war sie in Gedanken beim letzten Wochenende gewesen. Bei Franzi.
    Kaum hatte sie das Lehrerzimmer betreten, sah sie schon ihren Kollegen Karsten an ihrem Platz stehen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
    »Hallo, Meike«, begrüßte Karsten sie, als sie an ihrem Platz angekommen war. Bereits beim Anblick seines arroganten Lächelns wäre Meike am liebsten umgedreht.
    »Hallo«, erwiderte sie kühl.
    »Hattest du ein schönes Wochenende?«, fragte Karsten.
    Sofort sah Meike Franzi vor sich, erinnerte sich an die süßen Küsse, die sie ausgetauscht hatten. Ein Seufzer kam über ihre Lippen. Sie konnte es nicht vergessen, egal, was sie versucht hatte. Den ganzen Samstag und den ganzen Sonntag hatte sie damit zugebracht, sich den Kopf zu zerbrechen über das, was zwischen ihnen passiert war – auch wenn sie sich nicht genau daran erinnern konnte, was das gewesen war. Aber sie wusste, dass es schön gewesen war.
    »Das geht dich nichts an«, pampte sie Karsten an.
    Karsten grinste. »Ich dachte, du würdest dich gern mit mir unterhalten.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Meike verdrehte die Augen. Wie ignorant konnte ein Mensch sein? »Das wäre mir neu.« Sie packte ein paar Hefte in ihre Tasche, die auf ihrem Tisch gelegen hatten.
    »Wollen wir am nächsten Wochenende zusammen zum Altstadtfest?« Karsten zupfte seinen Hemdkragen zurecht.
    »Nein, danke. Ich bin schon verabredet«, log Meike.
    Karsten kam einen Schritt näher und legte beide Hände auf Meikes Schultern. »Jetzt hab dich doch nicht immer so. Ständig weichst du mir aus.«
    Genau in diesem Moment kam ihr Kollege Mario dazu. »Hallo, Meike, hast du eine Sekunde?«
    Dankbar drehte sich Meike zu Mario um. »Klar.« Noch einmal sah sie Karsten an. »Du entschuldigst uns?«
    »Selbstverständlich«, zischte Karsten und ließ die beiden grummelnd allein.
    »Du hast mich gerettet«, sagte Meike, als Karsten außer Hörweite war. Mit einem erleichterten Seufzer ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen.
    »Das habe ich mir schon gedacht. Ich habe euch eine Weile beobachtet.« Mario zwinkerte ihr zu.
    »Der ist echt penetrant.«
    »Vielleicht hat er das ja jetzt endlich geschnallt.« Mario zuckte mit den Schultern.
    »Na, ihr zwei. Habt ihr Feierabend?« Wiebke, eine noch recht junge Kollegin, die neu an der Schule war, kam auf die beiden zu.
    »Ja. Gott sei Dank«, erklärte Meike.
    »Dann genießt den Nachmittag. Ich habe noch ein bisschen was vor mir.« Wiebke lächelte Meike zu. Bisher hatten die beiden nur wenige Worte miteinander gewechselt, aber Meike mochte sie.
    »Das mache ich.« Meike griff ihre Tasche. »Bis morgen«, verabschiedete
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