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Klassentreffen (German Edition)

Klassentreffen (German Edition)

Titel: Klassentreffen (German Edition)
Autoren: Julia Schöning
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einfach nicht. Die Enttäuschung war zu groß gewesen.
    Nachdenklich blickte Franzi aus dem Fenster. Es war fast stockdunkel. Der Regen, der den Frost der Weihnachtsfeiertage abgelöst hatte, plätscherte gleichmäßig und monoton gegen die Scheibe und ließ sie noch deutlicher ihre Einsamkeit spüren.

~*~*~*~
    M eike betrat das Schulgebäude. Lust auf das Fest zum Ende des Halbjahres hatte sie eigentlich nicht, aber sie hatte keine andere Wahl. Jede Klasse, auch ihre eigene, hatte ein Projekt vorbereitet, das nun allen präsentiert werden sollte.
    Meike hätte den Samstag lieber zu Hause verbracht. Wahrscheinlich allein auf der Couch mit einem Buch. Sie seufzte. Genauso hatten die vergangenen Wochenenden auch ausgesehen. Seit dem Weihnachtsfest war sie sonntags nicht mehr zu ihren Eltern gefahren; ihr Vater sprach noch immer kein Wort mit ihr. Fünf Wochen Funkstille.
    Und von Franzi hatte sie auch nichts gehört. Anfangs hatte sie sich jeden Tag gefragt, ob Franzi ihren Brief überhaupt gelesen hatte. Hatte diese Fremde ihr den Umschlag vielleicht gar nicht ausgehändigt? Irgendwann hatte Meike sich zwingen müssen, die Grübelei aufzugeben. Sie musste ihr Leben wieder in die Hand nehmen. Franzi wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Das musste sie akzeptieren.
    »Frau Jakobs, gut, dass Sie da sind!« Carolin kam auf sie zugestürmt. »Das Poster fällt immer von der Wand. Sie müssen uns helfen.«
    Froh, sich direkt mit Arbeit ablenken zu können, folgte Meike ihrer Schülerin in den Klassenraum. Im Gegensatz zu sonst herrschte hier Betriebsamkeit. Alle Schüler waren bereits da und eifrig damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen zu treffen. Jeder hatte seine Aufgabe und ging ihr gewissenhaft nach. Meike half, wo es noch nötig war.
    »Hallo, Meike.« Wiebke spähte um die Ecke. »Hast du Lust auf einen Kaffee?«
    Meike sah sich noch einmal im Klassenraum um. Es war alles aufgebaut, und die Präsentation und Erklärung des Projekts für die interessierten Besucher sollten die Schüler ohnehin selbst übernehmen. Außerdem waren bereits einige Eltern da.
    »Ja, gern«, entschied Meike deshalb. »Ich denke, ich kann euch allein lassen«, wandte sie sich an ihre Schüler.
    Alle nickten. »Natürlich«, tönte Simon, der Klassensprecher. »Wir bekommen das schon hin.«
    »Daran habe ich keinerlei Zweifel.« Meike grinste. »Benehmt euch.«
    Gemeinsam mit Wiebke ging sie in den Pausenraum, in dem Waffeln, Kaffee und andere Getränke verkauft wurden.
    Franzi nahm noch einmal den Flyer vom Spiegel an der Garderobe und betrachtete ihn. Lange hatte sie überlegt, ob sie wirklich zu Meikes Schulfest gehen sollte. Zwar hatte Meike sie eingeladen, aber wollte sie sie wirklich dabei haben? Franzi hatte sich bei Meike noch nicht einmal für den Brief bedankt, aber inzwischen war schon so viel Zeit verstrichen . . . vielleicht hatte Meike sie längst vergessen.
    Sie selbst konnte Meike jedoch nicht vergessen, niemals. Sie liebte Meike, egal, wie sehr und wie lange sie sich dagegen gewehrt hatte. Das musste sie Meike sagen. Sie würde Meike verzeihen, wenn diese noch wollte. Viel zu lange hatte sie damit gewartet. Es war an der Zeit. Mehr noch, es war längst überfällig.
    Eilig machte sich Franzi fertig. Schmetterlinge flatterten wild in ihrem Bauch. Die Treppe hinunter flog sie beinahe. Als sie im Auto saß, konnte es ihr nicht schnell genug gehen. Sie verfluchte jede rote Ampel. Aber ihrer Aufregung und Vorfreude konnten all diese Verzögerungen keinen Abbruch tun.
    Endlich sah sie die Schule vor sich. Der Parkplatz war überfüllt, aber Franzi hatte dennoch Glück, eine kleine Lücke zu finden. Auf dem Weg ins Schulgebäude entdeckte sie Meikes Wagen. Ihr Herz machte einen Freudensprung. Sie war da.
    Bunte Schilder wiesen den Besuchern den Weg zu den einzelnen Projekten. Aber wo sollte sie nach Meike suchen? Dann entdeckte sie an der Wand des Eingangsfoyers ein Plakat, auf dem jedes Projekt mit Klasse und Klassenlehrer aufgelistet war. Franzi fuhr mit dem Finger darüber, bis sie Meikes Namen fand. Sie merkte sich die Raumnummer und begab sich auf die Suche.
    Es dauerte eine Weile, bis sie am Ende eines Flures fündig wurde.
    Franzi atmete einmal tief durch und straffte sich. In ihren Gedanken hatte sie sich genau zurechtgelegt, was sie Meike sagen wollte, aber in diesem Augenblick fühlte sich ihre Kehle rau und trocken an.
    Sie betrat das Klassenzimmer und sah sich nach Meike um, konnte sie aber inmitten von
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