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Klara Fall, der Lakritzräuber und ich

Klara Fall, der Lakritzräuber und ich

Titel: Klara Fall, der Lakritzräuber und ich
Autoren: Ravensburger
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Zimmer verdrücken. Aber Mama hielt mich am Arm fest. „Wollen wir nicht einen Kakao zusammen trinken, wie früher? Ein paar Kekse müssten auch noch da sein.“
    Erst wollte ich ablehnen, aber dann sah ich, dass Mamas Augen einen verdächtigen feuchten Schimmer hatten. Sie versuchte natürlich mal wieder, ihre Traurigkeit zu überspielen. Das war fast das Schlimmste! Es schnitt mir ins Herz. Ich hätte auf der Stelle losheulen können. Wenn Papa in diesem Moment da gewesen wäre, hätte ich auf ihn eingeprügelt, und wie! Er allein war schuld, dass Mama und ich in diese behämmerte Siedlung umziehen mussten. Seinetwegen wohnte ich jetzt meilenweit entfernt von meinen Freunden. Seinetwegen musste ich mich bei Typen wie OskarBenniSamRamon einschleimen und mit einer verrückten Hobby-Detektivin abhängen. Vor allem aber war Papa schuld an Mamas traurigen Augen, an ihrer aufgesetzten guten Laune, an ihrer ganzen verdammten Ist-doch-alles-halb-so-schlimm-Show. Es war zum Kotzen!
    Aber all das sagte ich nicht.
    Stattdessen nickte ich nur und setzte mich auf die Küchenbank.
    Mama füllte Milch in zwei Becher und nahm das Kakaopulver aus dem Schrank. „Hatte Klara keine Zeit mehr?“
    Ich murmelte etwas Unverständliches und beugte mich tiefer über den Teller mit den Keksen.

    „Ich frag nur“, sagte Mama, „weil du schon wieder zurück bist.“
    Noch immer wich ich ihrem Blick aus. „Ich dachte, ich helfe dir lieber ein bisschen. Also, beim Einräumen!“
    Mama lächelte und strich mir über die Wange. „Danke, das ist lieb von dir!“ Plötzlich zog sie die Hand zurück und schnupperte daran. „Hm … du riechst ein bisschen komisch, Jannis!“
    „Echt?“
    Mama nickte und schnupperte noch mal. „Ja, … nach Hund, glaube ich.“
    Kein Wunder, so wie Zottelpoldi mich abgeschleckt hatte!
    Rasch erzählte ich Mama von unserer Gassirunde. Wobei ich natürlich tunlichst vermied, sie darüber aufzuklären, aus welchem Grund Klara und ich unser Herz für Poldi entdeckt hatten. Ich stellte es eher so dar, als führe Klara Zottelpoldi regelmäßig aus.
    „Ist Poldis Herrchen denn nett?“, erkundigte sich Mama. „Wie heißt er noch mal?“
    Ich stopfte mir rasch einen Keks in den Mund. „Mischa Neubert“, nuschelte ich. „Er wohnt ein paar Häuser weiter.“
    Ich stand auf. Höchste Zeit, das Thema zu beenden! Bisher hatte ich Mama noch nicht anlügen müssen. Und ich wollte es auch nicht. „Wo sollen wir jetzt weitermachen mit einräumen?“
    Wir nahmen uns mein Zimmer vor. Da es nur etwa halb so groß war wie mein Zimmer in der alten Wohnung, stapelten sich die Kartons darin fast bis zur Decke.
    „Ach, ich glaube, wenn wir hier fertig sind, wird das richtig gemütlich“, sagte Mama nach einer Weile.
    Ich fand, dass das Zimmer kaum anders aussah als vor unserer Räumerei. Aber das behielt ich lieber für mich.
    Mama schob den Karton mit meiner alten Holzeisenbahn zurück in den Flur. „Die kann in den Keller. Damit spielst du doch schon lange nicht mehr.“ Sie strich sich ihre langen Haare aus dem Gesicht und zwirbelte sie rasch zu einem Knoten. „Puh, ich könnte was zu essen vertragen! Soll ich uns Nudeln mit Tomatensauce kochen und dazu einen Salat machen? Du müsstest allerdings erst einkaufen gehen. Milch und Saft haben wir auch nicht mehr.“
    „Mach ich.“
    Der Supermarkt lag am Rand der Siedlung. Er war nicht groß, aber es gab so ziemlich alles, was man brauchte, um hier in der Einöde zu überleben. Es war nicht viel los. Klar, viele waren jetzt, zu Beginn der Ferien, verreist. Und die wenigen Leute, die durch die Gänge schlichen, versorgten sich nur rasch mit Chips und Getränken, bevor sie sich damit wieder auf ihre Balkone und Terrassen verzogen.
    Als ich mit meinen prall gefüllten Tüten aus dem Laden kam, sah ich: Klara! Sie hatte die Tasche mit ihrem Fernglas umhängen, stiefelte rund zwanzig Meter vor mir her und schien es eilig zu haben.
    „Klara! Warte!“
    Sie blieb stehen, bewegte sich aber keinen Millimeter auf mich zu. „Was willst du?“
    Ich ließ die Tüten ächzend zu Boden plumpsen. „Mich bei dir entschuldigen. Wegen vorhin.“

    Sie zuckte mit den Achseln. „Schon okay.“
    „Nee, ist es nicht!“ Ich versenkte die Hände in den Hosentaschen. „Ich meine, du bist echt nett und so. Und ich meckere nur rum. Aber es ist … äh … alles nicht so leicht im Moment, weißt du? Also, der Umzug und so.“ Verlegen sah ich an Klara vorbei ins Nirgendwo.
    Wir schwiegen
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