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Kite

Kite

Titel: Kite
Autoren: Blake Crouch
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sein perverses Spiel auserkoren, weil er in seiner wahnhaften Logik dachte, ich würde seine Genialität bewundern.
    »Sie haben seine Fingerabdrücke genommen«, sagte ich und breitete die Hände aus. »Und dann haben Sie an den Tatorten sowohl Ihre Abdrücke als auch die von Andrew hinterlassen, damit es so aussah, als hätten Sie beide zusammen die Morde begangen.«
    Luther zögerte. »Wie sind Sie denn darauf gekommen?«
    »Bei Andrew fehlen die Fingerkuppen. Vermutlich haben Sie sie abgetrennt. Was haben Sie mit ihnen gemacht?«
    Luther grinste. »Ich hab sie gegerbt und auf ein Paar Lederhandschuhe geklebt. Die hab ich regelmäßig eingefettet, damit sie nicht vertrocknen und keine Sprünge bekommen.«
    Sorg dafür, dass er nicht aufhört zu reden, Jack.
    »Warum?«, fragte ich. »Warum haben Sie Thomas diese Morde angehängt?«
    »Ein Horrorautor, der plötzlich selbst mordet, anstatt nur darüber zu schreiben. Das ist doch ’ne interessante Story, finden Sie nicht?«
    »Waren Sie auch ALONEAGAIN?«, fragte ich in Anspielung auf die Beiträge im Andrew-Z.-Thomas-Forum und die Buchrezensionen bei Amazon.
    »Sie haben die also gesehen? Darauf hatte ich gehofft. Aber Ihnen entgeht ja auch nicht viel, oder, Jack? Aber eine Sache haben Sie übersehen, vielleicht das größte Geheimnis von allen. Leider werden Sie sterben, ohne ihm jemals auf die Spur …«
    Die Tür sprang auf.
    Ich drehte mich um, in der Hoffnung, Polizisten zu sehen. Aber es war nicht die Polizei.
    Stattdessen stand eine furchtbar entstellte Frau im Türrahmen. In ihrer Hand, bei der zwei Finger fehlten, hielt sie eine Pistole.
    Wir waren uns noch nie begegnet, aber ich wusste sofort, dass es Lucy war. Donaldsons Partnerin.
    Für einen Augenblick sah es so aus, als würden Luther und sie sich gegenseitig abknallen. Aber keiner der beiden machte eine Bewegung.
    »Auf der Station hier ist noch ein Bulle«, sagte Lucy. »Ein Schuss, und keiner kommt hier lebend raus.«
    »Woher willst du wissen, ob ich überhaupt will, dass jemand überlebt, Lucy?«
    »Stellen Sie sich nicht so an, Andrew. Sie sind doch viel zu sehr von sich selbst eingenommen, als dass Sie hier sterben wollen.«
    Andrew?
    Doch dann traf es mich wie ein Schlag.
    Die Puzzlestücke fügten sich plötzlich zusammen.
    Andrews
fehlende Fingerkuppen.
    Luthers
Kontaktlinsen und Perücke.
    Die seltsamen Kommentare von ALONEAGAIN.
    Wie er es geschafft hatte, die Literaturagentin Cynthia Mathis nach Michigan zu locken.
    Warum er ausgerechnet Bücher von Thomas bei den Leichen versteckt hatte.
    Die manische Besessenheit mit Dante.
    Ach du Scheiße.
    Der Mann, den ich für Luther Kite gehalten hatte, war in Wirklichkeit Andrew Z. Thomas.
    Ich warf einen Blick auf das Bett und den ausgemergelten Mann darin.
    Das war nicht Andrew Z. Thomas. Das war …
    »Hi Luther«, sagte Lucy zu dem Mann im Bett. »Wie ich sehe, haben Sie eine Diät hinter sich.«
    »Kennen wir uns?«, fragte er.
    »Ich hab ein paar Schönheitsoperationen hinter mir, seit wir uns das letzte Mal bei dieser Konferenz gesehen haben. Ich bin Lucy. Erinnern Sie sich noch an mich? Sie haben mir damals aus der Patsche geholfen.«
    Der Mann im Bett – der echte Luther Kite – verzog das Gesicht zu einem teuflischen, zahnlosen Grinsen. »Klar erinnere ich mich, mein Engel. Schön, dich wiederzusehen. Ist Andrew hier schuld an deinem Aussehen?«
    »An meinem und Ihrem.«
    Ich drehte mich um und starrte den … als was sollte ich ihn wohl bezeichnen?
    »Sie sind der Autor«, sagte ich zu dem Mann, der die Pistole auf mich gerichtet hielt. »Sie sind Thomas.«
    »Das ist schon ewig her. Ich schreibe keine Bücher mehr. Heute gehe ich anderen kreativen Beschäftigungen nach, wie Sie ja selbst nur zu gut wissen, Jack.«
    »Wie?«, fragte ich. »Wie konnte das …?«
    »Luther«, sagte Andrew und zeigte mit dem Messer auf den Mann im Bett. Gleichzeitig hielt er Lucy mit der Pistole in Schach. »Er hat mich gebrochen, so wie ich versucht habe, Sie zu brechen, Jack. Das ist inzwischen sieben Jahre her. Die Folter hat natürlich eine Rolle dabei gespielt. Aber was bei meinem Wandel wirklich den Ausschlag gegeben hat, war das, was ich Violet antun musste.«
    Ich dachte an Violet King. An die Brandnarben an ihren Armen. »Sie waren das?«
    Andrew nickte. »Luther versprach mir, er würde sie freilassen, wenn ich es tat. Aber dann hab ich ihn überwältigt. Ich hab genauso gut ausgeteilt, wie ich zuvor eingesteckt hab, stimmt’s,
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