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Kirschroter Sommer (German Edition)

Kirschroter Sommer (German Edition)

Titel: Kirschroter Sommer (German Edition)
Autoren: Carina Bartsch
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gerade, als ich klingeln wollte, kam ein anderer Bewohner aus dem Haus und hielt mir freundlicherweise die Tür auf. Ich bedankte mich, trat ein und blickte missmutig auf die Treppe nach oben, deren Aufstieg mir wieder einmal bevorstand.
    Fünf verdammte Stockwerke. Es war zum Kotzen. Langsam und stetig vor mich hin nörgelnd quälte ich mich die vielen und mir unendlich erscheinenden Stufen nach oben. Wie hießen noch gleich diese praktischen Dinger, die Rentner nach oben kutschierten? Lifter! Genau so ein Ding sollten die hier einbauen. Ich keuchte und nahm mir wie so oft fest vor, demnächst etwas für meine Kondition zu tun. Da ich mich allerdings selbst am besten kannte, wusste ich, dass »demnächst« ein ziemlich dehnbarer Begriff war.
    Als ich endlich die letzte Etage erreichte, gönnte ich mir ein paar Minuten zum Verschnaufen, ehe ich die Türklingel betätigte. Es dauerte nicht lange, da wurde mir auch schon von Elyas geöffnet. Auch wenn er sich bei meinen letzten Besuchen einigermaßen »normal« verhalten hatte und mir größtenteils aus dem Weg gegangen war, verspürte ich trotzdem keinerlei Begeisterung, ihn zu sehen.
    »Hi«, sagte ich gezwungenermaßen.
    »Hey – Emely war der Name, oder?« Er grinste und dachte wohl, er wäre witzig. Falsch gedacht.
    »Scherzkeks«, murmelte ich. »Lässt du mich jetzt rein? Oder hast du noch ein paar andere Gags vorbereitet?«
    Er lächelte, legte den Kopf leicht schräg und schien ernsthaft abzuwägen, ob er mich rein lassen sollte oder nicht.
    Blöder, arroganter Fatzke!
    »Gut, wenn du unbedingt darauf bestehst …« Er zuckte mit den Schultern und machte mir den Eingang frei.
    Na also, geht doch.
    Er schloss die Tür hinter mir und steuerte auf das Sofa zu, von dem ich ihn durch mein Klingeln anscheinend hoch geholt hatte. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, schritt ich geradewegs Richtung Flur, in dem sich Alex‘ Zimmer befand. Als ich just meine Hand auf die Klinke legen wollte, hörte ich auf einmal seine Stimme hinter mir.
    »Wohin gehst du?«
    Stirnrunzelnd drehte ich mich um. Er saß mit dem Rücken zu mir auf dem Sofa. »Zu Alex?!«
    »Ach so ... Ja … Alex ist nicht da.«
    Ich starrte auf seine Rückseite und spürte, wie sich meine Gesichtsmuskeln verkrampften. Wollte der mich verscheißern?
    Um der Sache auf den Grund zu gehen, drückte ich Alex’ Türklinke nach unten und fand tatsächlich ein stockdunkles Zimmer vor. Ich schaltete das Licht ein und bekam die endgültige Bestätigung für meine schlimmste Befürchtung.
    Das durfte nicht wahr sein. Dieser kleine, miese …
    Meine Augen verengten sich zu Schlitzen, während aus meiner Kehle ein leichtes Knurren drang. Ich stapfte zurück in den Wohnraum, bäumte mich vor dem großen schwarzen Sofa auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Das Grinsen, das Elyas im Gesicht trug, sprach Bände, und je deutlicher mir bewusst wurde, ihm vollkommen auf den Leim gegangen zu sein, desto blöder kam ich mir vor.
    »Sehr witzig! Das hättest du mir auch an der Tür sagen können!«
    Er musste mit sich kämpfen, um sein Lachen zu unterdrücken. » Du wolltest doch unbedingt reinkommen«, sagte er scheinheilig.
    Ich knurrte. »Du hältst dich wirklich für wahnsinnig witzig, oder?«
    Offenbar schien ihn mein Gesichtsausdruck zu erheitern, was mich nur noch mehr ärgerte.
    »Na komm schon«, lenkte er schließlich ein. »Erstens war es tatsächlich witzig. Zweitens kommt Alex sicher gleich nach Hause und drittens darfst du dich ruhig zu mir aufs Sofa setzen, bevor du noch eine Stunde dämlich in der Gegend herumstehst.«
    Abwartend ruhte sein Blick auf mir, während ich seiner Einladung mehr als skeptisch gegenüberstand. Mir gefiel der Gedanke überhaupt nicht, mich zu ihm auf die Couch zu setzen. Ich überlegte, ob ich in Alex‘ Zimmer gehen sollte, um dort auf sie zu warten. Allerdings wäre ich mir dann wie ein eingeschnapptes kleines Mädchen vorgekommen.
    »Ich werde auch nicht beißen«, beteuerte er.
    Dessen war ich mir zwar nicht so sicher, aber was sollte schon passieren? Er könnte mir höchstens auf die Nerven gehen und dabei spielte die Entfernung zu ihm nicht wirklich eine Rolle. Meine Güte, ich war seit kurzem dreiundzwanzig Jahre alt, da sollte man auch mal fünf Minuten neben jemandem sitzen können, den man eigentlich nicht leiden konnte. Durch die Vorfälle in der Vergangenheit hatte das zwar nach wie vor einen bitteren Beigeschmack, aber letztendlich lagen diese Zeiten
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