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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt
Autoren: Sue Grafton
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hoffe, das ist jetzt nicht zu persönlich, aber Henry hat erzählt, dass Ihr Mann verstorben ist. Darf ich fragen, was ihn das Leben gekostet hat?«
    Henry fuhr fast aus der Haut. »Das nennst du ein anderes Thema? Es ist ein und dasselbe — Tod und Krankheit. Kannst du an nichts anderes denken?«
    »Ich habe nicht mit dir gesprochen«, erwiderte William, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder Mattie zuwandte. »Ich hoffe, das Thema ist nicht zu schmerzlich für Sie.«
    »Jetzt nicht mehr. Barry ist vor sechs Jahren an Herzversagen gestorben. Ich glaube, die Ärzte haben es Herz-Ischämie genannt. Er hat am San Francisco Art Institute Goldschmiedehandwerk unterrichtet. Er war sehr begabt, allerdings auch ein wenig exzentrisch.«
    William nickte. »Herz-Ischämie. Der Begriff ist mir vertraut. Vom Griechischen ischein, das heißt >zurückhalten< oder >behindern<, kombiniert mit haima oder >Blut<. Ein deutscher Pathologe hat Mitte des neunzehnten Jahrhunderts den Begriff als Erster eingeführt. Rudolf Virchow. Ein bemerkenswerter Mann. Wie alt war denn Ihr Gatte?«
    » William «, jaulte Henry.
    Mattie lächelte. »Wirklich, Henry. Ich bin da nicht so empfindlich. Er ist zwei Tage vor seinem siebzigsten Geburtstag gestorben.«
    William zuckte zusammen. »Ein Jammer, wenn ein Mann in der Blüte seiner Jahre dahingerafft wird. Ich selbst habe bereits mehrere Anfälle von Angina Pectoris erlitten, die ich wundersamerweise überlebt habe. Erst vor zwei Tagen habe ich mit Lewis am Telefon über meine Herzbeschwerden gesprochen. Sie erinnern sich bestimmt an unseren Bruder.«
    »Aber sicher. Ich hoffe, er, Nell und Charles sind alle bei guter Gesundheit.«
    »Es geht ihnen blendend«, bestätigte William. Er verlagerte sein Gewicht und senkte die Stimme. »Wie war das bei Ihrem Mann? Gab es vor seinem tödlichen Infarkt eine Warnung?«
    »Er hatte Schmerzen in der Brust, aber er hat sich geweigert, zum Arzt zu gehen. Barry war Fatalist. Er war überzeugt davon, dass man abtritt, wenn die einem zugeteilte Lebenszeit abgelaufen ist, ganz egal, was für Vorkehrungen man auch trifft. Er hat die Langlebigkeit mit einem Wecker verglichen, den Gott bei der Geburt jedes Menschen einstellt. Niemand von uns weiß, wann das kleine Glöckchen klingelt, und Barry hat keinen Sinn darin gesehen, es vorhersehen zu wollen. Er hat das Leben in vollen Zügen genossen, das muss ich ihm lassen. Die meisten meiner Verwandten werden nicht einmal sechzig, und sie leiden jede Minute, weil sie sich vor dem Unvermeidlichen fürchten.«
    »Sechzig! Ist das denn die Möglichkeit? Höchst erstaunlich. Spielen da genetische Faktoren mit?«
    »Ich glaube nicht. Es ist ein bisschen von allem. Krebs, Diabetes, Nierenversagen, chronische Lungenkrankheit.«
    William legte sich die Hände auf die Brust. Ich hatte ihn nicht mehr so glücklich gesehen, seit er die Grippe gehabt hatte. »Ah ja. Chronische obstruktive Atemwegserkrankung. Schon allein der Begriff ruft Erinnerungen in mir wach. Ich war in meiner Jugend selbst lungenleidend —«
    Henry klatschte in die Hände. »Okay, gut. Genug zu diesem Thema. Wie wär’s, wenn wir mal essen würden?«
    Er ging zum Kühlschrank und holte eine klare Glasschüssel heraus, die bis oben hin voll mit Krautsalat war, und knallte sie mit deutlich mehr Wucht auf den Tisch, als nötig gewesen wäre. Das bereits gebratene Hühnchen lag auf einer Platte auf der Arbeitsfläche, vermutlich noch warm. Er stellte es mitsamt einer Servierzange auf die Tischmitte. Der flache kleine Tontopf stand nun hinten auf dem Herd und verströmte den Duft von weich gekochten Bohnen und Lorbeer. Henry nahm Vorlegebesteck aus einem Keramikkrug und holte vier Teller heraus, die er William reichte. Vielleicht hoffte er ihn abzulenken, während er den Rest des Essens zum Tisch brachte. William stellte an jeden Platz einen Teller, hörte jedoch nicht auf, Mattie ausführlich nach dem Tod ihrer Mutter durch akute bakterielle Hirnhautentzündung zu befragen.
    Beim Essen lenkte Henry das Gespräch auf neutrales Terrain. Wir arbeiteten uns durch rituelle Fragen über Matties Fahrt von San Francisco nach Santa Teresa, den Verkehr, den Straßenzustand und dergleichen mehr, was mir umfassend Gelegenheit bot, sie zu studieren. Ihre Augen waren von einem klaren Grau, und sie trug nur sehr wenig Make-up. Sie hatte markante Gesichtszüge, und Nase, Wangenknochen und Kiefer waren so ausgeprägt und wohl proportioniert wie bei einem Model. Ihre Haut wies Anzeichen
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